[5.10.2016] Politik und Verbände haben ihre Stellungnahmen zum Klimaschutzplan 2050 abgegeben. Einig sind sich alle darin, dass mehr Verbindlichkeit und klare Ziele vonnöten sind.
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geht mit dem Klimaschutzplan 2050 des Bundes hart ins Gericht. So fordert der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen): „Nur mit einem verbindlichen Fahrplan zum Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe und zum Umstieg auf erneuerbare Energien und verbesserter Energieeffizienz kann Deutschland einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ Genau das lässt der Entwurf Untersteller zufolge jedoch vermissen. So werde erneut die Chance verspielt, einen klaren gesetzlichen Entwurf für den Klimaschutz zu schaffen. Auf insgesamt 15 Seiten bewertet das baden-württembergische Umweltministerium den Klimaschutzplan, der in seiner ursprünglichen Fassung wesentlich besser gewesen sei. Untersteller: „Der Ursprungsentwurf ist leider in ganz wesentlichen Punkten aufgeweicht worden, das weckt Zweifel an der Ernsthaftigkeit, mit der die Bundesregierung den Klimaschutz angeht. Wer sich wie die Bundesregierung für die Unterschrift unter den Weltklimavertrag feiern lässt, sollte den Mumm haben, konkrete Taten folgen zu lassen.“ Entsprechend fordert Untersteller konkrete Maßnahmen für die Bereiche erneuerbare Energien, Ausstieg aus der Kohleverstromung, klimafreundliches Bauen und Wohnen sowie Verkehr und Industrie. Hier müsse die Bundesregierung dringend nacharbeiten. Auch die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch warnt davor, dass das Kabinett am Ende einen weitgehend wirkungslosen Klimaschutzplan 2050 verabschiedet oder ein solcher sogar ganz scheitert. „Kurz vor dem Beginn der deutschen G20-Präsidentschaft zum Jahresende wäre das ein verheerendes Signal“, sagt Christopher Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, und erläutert: „Während der eigenen Präsidentschaft will die Bundesregierung von allen G20-Staaten erreichen, dass diese bis 2018 ambitionierte Klimaschutzstrategien bis 2050 vorlegen. Das ist schwierig, wenn der eigene Plan nicht ambitioniert ist." Die Anhörung habe bislang gezeigt, dass auch viele Akteure der Wirtschaft ambitionierte Schritte zum Erreichen der Klimaziele von Paris sowie Sektorziele fordern, die dann wiederum neue Geschäftsmodelle ermöglichen sollen.
VKU dringt auf Dekarbonisierungskonzept
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert klare politische Rahmenbedingungen und ein Konzept zur Dekarbonisierung der Energiewirtschaft. VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche macht deutlich: „Die Energiewirtschaft als größter Emittent ist sich ihrer Verantwortung für die Umsetzung der Klimaziele bewusst und hat die damit verbundenen Herausforderungen angenommen.“ Um das Energiesystem sukzessive von fossilen auf erneuerbare Energieträger umzubauen, brauche es jedoch verlässliche Rahmenbedingungen. Diese fehlten im Moment. Der Emissionshandel müsse zwar das zentrale Instrument bleiben, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, bis dieser aber Investitionen in klimafreundliche Technologien auslöse, vergehe Zeit. Reiche: „Die Bundesregierung sollte deshalb zeitnah mit allen betroffenen Akteuren zusammenkommen und ein Konzept für die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft erarbeiten. Planungssicherheit ist eine grundlegende Voraussetzung für die dringend benötigten Investitionen.“ Auch müsse Klimaschutz ganzheitlich und sektorübergreifend gedacht werden. „Kommunen sind dafür zentrale Akteure. Sie arbeiten daran, die Bereiche Strom, Wärme, Wasser und Abwasser, Entsorgung sowie Verkehr zu vernetzen, gemeinsame Infrastrukturen aufzubauen und dadurch Synergien zu heben“, so Reiche. Insbesondere im Bereich der Fernwärme gebe es aus Sicht des VKU noch Potenzial, das stärker genutzt werden soll. Reiche bekräftigt: „Es gibt keine Energiewende ohne Wärmewende.“ Eine Präzisierung des Stromeinsatzes im Wärmemarkt und eine größere Beachtung der tiefengeothermischen Potenziale bei der Fernwärmeversorgung fordert indessen der Bundesverband Geothermie. Dessen Präsident Erwin Knapek bemängelt, dass die Geothermie bislang zu wenig Beachtung im Entwurf des Klimaschutzplans findet und fordert ein Erkundungsprogramm für Tiefe Geothermie, das durch die Bundesregierung initiiert werden soll. Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) begrüßt die im Klimaschutzplan verankerte Sektorenkopplung. Diese müsse jedoch ganzheitlich betrachtet werden, was bedeute, dass auch Effizienzmaßnahmen zur Senkung des Primärenergieeinsatzes realisiert werden müssten. Dies werde durch den Einsatz von KWK-Anlagen mit sektorübergreifender Wärmenutzung möglich. Die Einordnung von KWK als Übergangstechnologie sieht der B.KWK hingegen kritisch. Auch müsse der Bestandsschutz für KWK-Anlagen über das Jahr 2017 hinaus vollständig erhalten bleiben. Die Meilensteine des Jahres 2030 mit einem KWK-Anteil an der Stromerzeugung von 120 Terawattstunden bezeichnet der Verband hingegen als nicht sonderlich ambitioniert. Es werde jedoch ein Zubau prognostiziert, der zumindest für Gas-KWK ab 2030 eine langfristige Perspektive aufzeige. Da die Kraft-Wärme-Kopplung später überwiegend mit erneuerbaren Energieträgern Strom und Wärme hocheffizient erzeugen werde, könne sie auch nicht als Übergangstechnologie eingeordnet werden.
(me)
http://www.um.baden-wuerttemberg.dehttp://www.germanwatch.orghttp://www.vku.dehttp://www.geothermie.de
Stichwörter:
Politik,
Klimaschutzplan 2050,
Baden-Württemberg,
Germanwatch,
VKU,
Bundesverband Geothermie,
Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung
Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio