[12.6.2015] Die Bundesregierung will den Schutz Kritischer Infrastrukturen erhöhen. Der Bundestag hat dazu heute das IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG) verabschiedet. stadt+werk sprach mit dem IT-Security-Spezialisten Frank Breitschaft über Auswirkungen auf kommunale Versorger.
Herr Breitschaft, das neue IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG) wurde heute vom Bundestag beschlossen. Welche konkret absehbaren Verpflichtungen und Umsetzungsfristen für Betreiber von Energienetzen und -anlagen entstehen durch das Gesetz?
Betreiber von Energienetzen und -anlagen unterliegen nicht direkt dem IT-Sicherheitsgesetz, sondern wurden zur Vermeidung einer Doppelregulierung ausgenommen. Stattdessen gelten hier die Verpflichtungen in Paragraf 11 des Energiewirtschaftsgesetzes – die allerdings im Rahmen des IT-SiG an die übrigen Anforderungen angepasst wurden. Konkret heißt das: Umsetzung eines Mindeststandards an Sicherheitsmaßnahmen binnen zwei Jahren, regelmäßiger Nachweis der Erfüllung über Audits oder Zertifizierungen sowie Meldepflicht für IT-Sicherheitsvorfälle und Einrichtung einer Kommunikationsschnittstelle.
Welche technischen und organisatorischen Maßnahmen sind erforderlich, um diesen Anforderungen gerecht zu werden?
Im Einzelnen ist das noch nicht festgelegt. Für Energienetze hat die Bundesnetzagentur Ende 2013 den Entwurf eines IT-Sicherheitskatalogs vorgelegt, der im Kern die Etablierung eines Informationssicherheitsmanagementsystems nach DIN ISO/IEC 27001 für den Bereich der Netzsteuerung und dessen Zertifizierung fordert.
Bestehen Unterschiede zwischen Energienetzen und -anlagen?
Die Anforderungen des Energiewirtschaftsgesetzes im Bereich der Energienetze gelten für alle Strom- und Gasnetzbetreiber unabhängig von ihrer Größe. Bei Energieanlagen hingegen gelten die Anforderungen nur, wenn sie als Kritische Infrastruktur festgelegt wurden.
Was müssen Stadtwerke beachten, die mehrere Kritische Infrastrukturen betreiben?
Es wird von rund 2.000 Betreibern Kritischer Infrastrukturen ausgegangen.
Mit Ausnahme der Energienetze ist noch für alle Bereiche offen, was als Kritische Infrastruktur eingestuft wird. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass von insgesamt rund 2.000 Betreibern Kritischer Infrastrukturen ausgegangen wird. Letztlich wird sich aber gerade für kleinere Unternehmen erst mit einer noch ausstehenden Rechtsverordnung Klarheit ergeben, ob und in welchen Bereichen sie betroffen sind. Ein weiterer Punkt ist, dass die geforderten Mindeststandards für die einzelnen Sektoren per se nicht gleich und jetzt auch noch nicht festgelegt sind. Vielmehr wird hier die Anwendung von Branchenstandards favorisiert. Für breit aufgestellte Stadtwerke heißt das, dass sie mit sehr unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert sein können.
Was sollten Stadtwerke und kommunale Unternehmen jetzt tun, um sich auf das IT-SiG vorzubereiten?
Wir können jetzt nur empfehlen, mit dem Aufbau eines Sicherheitsmanagementsystems eine universelle Basis zu legen. In diesem Rahmen können darüber hinaus gehende konkrete Anforderungen in einzelnen Sektoren behandelt werden, sobald diese festgelegt sind.
Interview: Alexander Schaeff
Frank, Breitschaft
Frank Breitschaft ist Bereichsleiter Informationssicherheit beim IT-Security-Spezialisten GAI NetConsult GmbH aus Berlin. Er berät seit mehr als zehn Jahren Energieversorger und andere Betreiber von Leit- und Automatisierungstechnik im Bereich IT-Sicherheit von Steuerungssystemen und beim Aufbau von Informationssicherheitsmanagementsystemen.
Stichwörter:
Informationstechnik,
IT-Sicherheitsgesetz
Bildquelle: GAI NetConsult