BDEW-Waermewend-2406.05-rotation

Freitag, 19. Juli 2024

IÖW / TU Berlin:
Digitalisierung ist nicht gleich Klimaschutz


[14.9.2020] Bislang gibt es keine Belege dafür, dass die Digitalisierung zum Klimaschutz beiträgt – eher im Gegenteil. Zu diesem Ergebnis kommt ein wissenschaftlicher Artikel von Digitalisierungsexperten des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Technischen Universität Berlin.

Wie die Digitalisierung den Energieverbrauch beeinflusst. Die Digitalisierung gilt als Hoffnungsträger, um den globalen Energiebedarf zu verringern und damit zum Klimaschutz beizutragen. Bislang gibt es hierfür allerdings keine Belege, informiert das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Ein neuer wissenschaftlicher Artikel von Digitalisierungsexperten des IÖW und der Technischen Universität Berlin zeige, dass sich dieser Trend bislang nicht einstellt. Im Gegenteil: Steigende Energieverbräuche des Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektors (IKT) und höheres Wirtschaftswachstum würden eine Reduktion des Energiebedarfs sogar durchkreuzen. Der Artikel „Digitalization and energy consumption. Does ICT reduce energy demand?” im Journal Ecological Economics sei in dem fünfjährigen Forschungsprojekt Digitalisierung und sozial ökologische Transformation entstanden, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Nachwuchsgruppe im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung gefördert wird. In dem Artikel analysieren die Autoren, wie sich die Digitalisierung auf den Energieverbrauch auswirkt. Indem sie ein umweltökonomisches Modell mit einer Vielzahl empirischer Studien kombinieren, untersuchen sie folgende Fragen: Welche direkten Effekte haben die Produktion, Nutzung und Entsorgung von Informations- und Kommunikationstechnik? In welchem Umfang führt die Digitalisierung zu einer steigenden Energieeffizienz von Prozessen? Wie wirken sich höhere Arbeits- und Energieproduktivität auf das Wirtschaftswachstum aus?

Energieverbrauch durch Digitalisierung steigt

„Zwar kann durch die Digitalisierung Energie eingespart werden – durch Effizienzsteigerungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren, aber auch bei technischen Geräten des täglichen Gebrauchs“, erläutert Wirtschaftsforscher Steffen Lange vom IÖW. „Legt man diese Einsparungen in die eine Waagschale und vergleicht sie mit den Effekten des wachsenden IKT-Sektors und den Auswirkungen des durch gesteigerte Produktivität ausgelösten Wirtschaftswachstums, wiegen die letzteren deutlich schwerer. Die Hoffnung, dass die Digitalisierung den Gesamtenergieverbrauch senkt, erfüllt sich derzeit nicht.“ Die Wissenschaftler erklären das laut IÖW mit Mechanismen aus der Umweltökonomie: Physisches Kapital und Energie würden sich nur begrenzt gegenseitig ersetzen lassen. Das erschwere es, den Energieverbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Zudem würden Rebound-Effekte den Einsparungen entgegen wirken. „Wir können nicht erkennen, dass sich diese Entwicklung ändern wird. Die Gleichung lautet höchstwahrscheinlich weiter: Energieeinsparungen führen an anderer Stelle zu mehr Nachfrage“, erklärt Johanna Pohl von der Technischen Universität Berlin.

Einen Schritt weitergehen

In Zukunft kann die Digitalisierung laut Bericht des IÖW nur nachhaltiger werden, wenn sie gezielt für Energieeffizienzsteigerungen eingesetzt wird oder um Sektoren energiesparend zu verändern. Gleichzeitig müssten aber auch Maßnahmen greifen, die den Energiebedarf des Sektors selbst eindämmen und Rebound- und Wachstumseffekten entgegensteuern. „Aber selbst dann würden die Energiespareffekte der Digitalisierung nicht ausreichen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Wir müssen noch einen Schritt weitergehen und daran arbeiten, die digitalen Möglichkeiten in den Dienst einer ökologischen Transformation der Ökonomie zu stellen“, so Steffen Lange vom IÖW. „Anstatt die Nebenwirkungen der Digitalisierung zu bekämpfen, sollten alle ökonomischen Sektoren transformiert werden, insbesondere Industrie, Landwirtschaft, Energie, Bau und Verkehr. Hierbei könnten digitale Technologien – richtig eingesetzt – eine wichtige Rolle spielen.“ (co)

https://www.ioew.de
https://www.tu.berlin

Stichwörter: Klimaschutz, Digitalisierung, IÖW, TU Berlin

Bildquelle: IÖW

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Klimaschutz

Stuttgart: CO2-Emissionen fast zur Hälfte gesenkt
[19.7.2024] Laut dem aktuellen Energie- und Klimaschutzbericht 2022/23 hat Stuttgart seit 1990 seine Treibhausgasemissionen um 49 Prozent reduziert und somit fast die Hälfte des Wegs zur angestrebten Klimaneutralität zurückgelegt. mehr...
Treibhausgasemissionen: Rekordrückgang in Deutschland
[17.7.2024] Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2023 um 18 Prozent gesunken. Das ist der stärkste Rückgang seit Einführung des europäischen Emissionshandels im Jahr 2005. Besonders stark sind die Emissionen im Energiesektor zurückgegangen. mehr...
Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2023 um 18 Prozent gesunken.
Hamburg: Vorbildprojekt für Energieversorgung
[17.7.2024] Das Wohnquartier Stellinger Terrassen in Hamburg nutzt dezentrale und nachhaltige Energieversorgung. Eine regenerative Wärmepumpe, Photovoltaikanlagen und ein Blockheizkraftwerk demonstrieren, wie umweltfreundliche Energieversorgung lokal umgesetzt werden kann. mehr...
Der Geschäftsführer der HEnW Michael Prinz (l.) und Umwelt- und Energiesenator Jens Kerstan bei der Besichtigung des neuen Wohnquartiers Stellinger Terrassen in Hamburg.
Metropolregion Rhein-Neckar: Neue Projekt-Website
[17.7.2024] Die Metropolregion Rhein-Neckar hat jetzt eine neue Website zum Projekt „Innovativ Bauen – CO2 einsparen“ veröffentlicht. Das Projekt zielt darauf ab, durch wissenschaftliche Forschung und Vernetzung klimafreundliches Bauen und Sanieren in der Region zu fördern. mehr...
European Energy Award: 22 Kommunen ausgezeichnet
[16.7.2024] 22 Kommunen aus Baden-Württemberg wurden für ihre Klimaschutzbemühungen mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Umweltministerin Thekla Walker hat die Preise gesten 2024 in Göppingen überreicht. mehr...
Thekla Walker (2. v..l.) bei der Übergabe des European Energy Awards in Göppingen.

Suchen...

 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Klimaschutz:
Trianel GmbH
52070 Aachen
Trianel GmbH

Aktuelle Meldungen