[9.4.2014] Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf für eine Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gebilligt, den Streit über die Zukunft der Energiewende damit aber keineswegs beendet. Vor allem in der Solarbranche regt sich Unmut.
Seit Monaten wird in Deutschland um die geplante Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) gestritten. Die Ansichten und Meinungen zum von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf fallen dabei nicht immer rosig aus. Jetzt, nachdem die Novelle eine weitere wichtige Hürde genommen hat (
wir berichteten), zeigt sich insbesondere die Solarwirtschaft besorgt: „Mit Klimaschutz hat dieses Gesetz kaum noch etwas zu tun“, kommentiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) die Entscheidung des Kabinetts. Klimasünder würden durch das neue Gesetz großzügig entlastet, Klimaschützer hingegen zur Kasse gebeten. „Wer Klimaschutz bestraft, wird wenig später die Energiewende zu Grabe tragen“, so Körnig.
Innovationsfeindlich und unwirtschaftlich
Hintergrund ist die geplante Kostenbelastung solaren Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage ab dem 1. August 2014. Nach Angaben der Solarwirtschaft wird dies dazu führen, dass sich die Mehrzahl künftiger Photovoltaik-Vorhaben nicht mehr rechnet. Auch die Markteinführung weiterer wichtiger Energiewende-Bausteine, der Speichertechnologien und der Elektromobilität, werde durch die geplante Ökostromabgabe massiv behindert. Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) sieht dies ähnlich: „Das EEG macht kluges Wirtschaften für den Klimaschutz viel schwieriger. Es ist innovationsfeindlich, dass Industrie und Mittelstand 50 Prozent der Ökostromumlage auch bei ökologisch sinnvoll erzeugtem Strom zahlen sollen.“ Das werde dazu führen, dass demnächst keine neuen Eigenstromanlagen gebaut werden und in der Folge für diese Unternehmen die Produktionskosten steigen. Auch Mietern würde der Zugang zur Energiewende verwehrt: „Durch die hohe Eigenstrombelastung werden Solaranlagen auf Dächern von Mehrfamilienhäusern unwirtschaftlich“, so Lemke. Völlig an der Realität vorbei geht der Gesetzesentwurf auch für Hermann Falk vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE): „Wer sich selbst, sein Unternehmen und seine Nachbarn mit sauberem Strom beliefert, übernimmt Verantwortung und unternehmerisches Risiko.“ Es sei falsch, die Versorgung von Mehrfamilienhäusern mit 100 Prozent der EEG-Umlage zu belasten.
Marktrisiken übernehmen
Ein gänzlich andere Meinung vertritt indes der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). So seien die Einbeziehung der Eigenerzeugung und des Selbstverbrauchs von Strom in die EEG-Umlage ein erster wichtiger Beitrag zur Entlastung der breiten Mehrheit der Verbraucher: „Die EEG-Novelle ist eine gute Basis, um die Erneuerbaren schrittweise in den Markt zu führen und sie in die Verantwortung für das System einzubinden“, sagt die Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller. Vor allem die verpflichtende Direktvermarktung und die geplante Ermittlung der Förderhöhe im Wettbewerb seien wichtige Komponenten für einen systemverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) begrüsst, dass Betreiber von Neuanlagen die Marktrisiken und Prognoseverantwortung nun selbst übernehmen müssen. Die Pflicht zur Direktvermarktung gilt aber zunächst nur für Anlagen, deren installierte Leistung 500 Kilowatt überschreitet. Damit werde die marktferne Einspeisevergütung für einen großen Teil der Neuanlagen beibehalten, ohne dass hierfür eine Notwendigkeit bestehe, so der VKU. Dass generell mehr Wettbewerb notwendig ist, dieser Ansicht ist auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): „Der Beschluss des Kabinetts berücksichtigt, dass die Kosten für die Energiewende inzwischen immens sind.“ Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes könne die Dynamik des Preisanstiegs gebrochen werden, so Woidke.
(ma)
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