[10.5.2016] Die umstrittene Mindestabstandsregelung für Windkraftanlagen steht im Wesentlichen in Einklang mit der Bayerischen Verfassung. Ein Paragraf ist allerdings verfassungswidrig. Dieses Urteil fällte gestern der Bayerische Verfassungsgerichtshof.
In Bayern dürfen Windkraftanlagen nur errichtet werden, wenn sie einen Mindestabstand vom zehnfachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten. Kommunen können zwar in ihren Bauleitplänen geringere Abstände ausweisen, müssen sich aber mit Nachbargemeinden abstimmen. Gegen diese Regel in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) hatten unter anderem die Oppositionsfraktionen im Bayerischen Landtag geklagt. Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Grünen, erklärte im Vorfeld der Urteilsverkündung, die Abstandsregel habe den Windkraftausbau in Bayern faktisch zum Erliegen gebracht. Auch SPD und Freie Wähler sahen in der 10H-Regel einen Kahlschlag gegen die Windenergie im Freistaat.
Die rechtlichen Argumente lauteten: Die Staatsregierung habe die vom Bund den Ländern übertragenen Kompetenzen überschritten. Die Abstandsregel führe zu einer nahezu vollständige Entprivilegierung von Windkraftanlagen und sei von der Öffnungsklausel des § 249 Absatz 3 Baugesetzbuch nicht gedeckt. Sie verstoße daher gegen das Rechtsstaatsprinzip. Auch gegen die Widerspruchs- und Kooperationsrechte der Nachbargemeinden äußerten die Kläger verfassungsrechtliche Bedenken, weil der Landesgesetzgeber damit das Selbstverwaltungsrecht der planenden Gemeinden verletzt habe.
Die Hoffnung der Kläger, dass die Regelung kippt, war allerdings vergebens. Gestern (9. Mai 2016) urteilten die Verfassungsrichter, dass die 10H-Regelung im Wesentlichen mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist. Der vom Landesgesetzgeber festgelegte Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Wohngebäuden überschreite den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen nicht. Die vom Bund gewollte Privilegierung von Windenergieanlagen werde zwar erheblich eingeschränkt, nicht aber beseitigt. Als verfassungswidrig stuften die Richter allerdings Artikel 82 Absatz 5 BayBO ein. Darin ist festgelegt, dass sich Gemeinden, die in ihren Bauleitplänen einen geringeren Abstand ausweisen wollen, mit betroffenen Nachbargemeinden abstimmen müssen. Der Spruch der Richter dazu: Diese Regelung steht in einem offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes und verstößt deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung.
(al)
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