BDEW-Waermewend-2406.05-rotation

Freitag, 19. Juli 2024

Beratung:
Zwei Seiten einer Medaille


[26.8.2019] Der Ausbau erneuerbarer Energien bringt Veränderungen für die Natur und die Lebensumwelt der Bürger mit sich. Die Umsetzung der Vorhaben ist deshalb häufig umstritten. Konfliktberatung, etwa für den Windparkbau, bietet das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende.

Mediatoren vermitteln zwischen den Beteiligten. Die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Erzeugung erneuerbarer Energien birgt Konfliktpotenzial. Im Mittelpunkt der Konflikte stehen nach Erfahrung des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) häufig Eingriffe in Natur und Landschaft. Dabei wird öffentlich infrage gestellt, ob die räumliche und technische Planung gewährleistet, dass das ökologische System vor Ort in der Lage ist, den Eingriff aufzufangen und ein Tötungsrisiko geschützter (Tier-)Arten möglichst ausgeschlossen wird. Damit verbunden ist ein entsprechend zäher Aushandlungsprozess darüber, wie die technische Umsetzung gestaltet sein muss, damit der Naturhaushalt mit seinen Tier- und Pflanzenpopulationen in die Lage versetzt wird, widerstandsfähig auf den Eingriff reagieren zu können, um seine Vitalität zu erhalten.

Verschiedene Konfliktthemen

Die Fallberatungen des KNE zeigen, dass sich die naturschutzrelevanten Konfliktthemen je nach Energieträger und Technologie erheblich unterscheiden. In Bezug auf Windenergie stehen die Gefahr der Kollision von Greifvögeln, anderen Vogelarten und Fledermäusen mit Rotorblättern, drohender Habitatverlust durch die Anlagen und Infrastruktur – insbesondere im Wald – sowie die Errichtung vielfach bis zu 200 Meter hoher vertikaler Strukturen in Offenlandschaften im Mittelpunkt des lokalen Widerstands. Bei der Solarenergie sind es Veränderungen der für Tier- und Pflanzenarten zur Verfügung stehenden Flächen durch die Überdeckung mit Photovoltaikmodulen. Konflikte um Biogas bewegen sich neben einer Auseinandersetzung über den natur- und umweltverträglichen Energiepflanzenanbau um Themen wie Geruchsbelästigung, Lärm sowie die verstärkte Beanspruchung von Straßen und Wirtschaftswegen durch die Anlieferung des Gärmaterials für die Biogasanlage. Im Bereich der Wasserkraft schließlich stehen Konflikte oft im Zusammenhang mit dem Schutz der Fischpopulation, der Mindestwasserführung und mit der Vorgabe, durch geeignete Einrichtungen und Betriebsweisen die Durchgängigkeit des Gewässers zu erhalten oder wiederherzustellen, etwa durch Fischaufstiegs- und -abstiegshilfen.
Die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds ist neben der Sicherung der Funktionen des Naturhaushalts das zweite wesentliche Moment in Energiewende-Konflikten. Windenergieanlagen, flächenintensive Photovoltaikanlagen, Vermaisung durch intensiven Anbau von Energiepflanzen sowie Zerschneidungseffekte durch Stromtrassen verändern das Landschaftsbild. Darüber hinaus kommen vor Ort häufig weitere individuelle Interessen ins Spiel. Dazu zählen unter anderem die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Schallemissionen und Schattenwurf von Windenergieanlagen, die Sorge um den Wert der eigenen Immobilie in Nachbarschaft zum Windpark, die Ungleichverteilung direkter finanzieller Vor- und Nachteile durch die Pachtzahlungen für die Standortflächen sowie die fehlende regionale Teilhabe am Betrieb einer Anlage oder eines Windparks. Die Bereitschaft aller beteiligten Akteure, sich an einen Tisch zu setzen und konstruktiv miteinander zu verhandeln, wird auf eine oftmals harte Probe gestellt.

Lösungsorientierter Dialog

Zusätzlich angeheizt werden kann ein Konflikt durch fehlende Kommunikation zwischen den professionellen und zivilgesellschaftlichen Akteuren, mangelnde Informationspolitik sowie die als ungenügend wahrgenommene Beteiligung im Planungs- und Genehmigungsverfahren. Gegenseitiges Vertrauen und der Glaube an ein gerechtes Verfahren werden infrage gestellt. Sprechen die Beteiligten in solch zugespitzten Situationen nicht miteinander, eskalieren die Konflikte schnell. Debatten verhärten sich, erste Spannungen treten auf und verschiedene Positionen stehen sich in aller Öffentlichkeit vermeintlich unvereinbar gegenüber. Die Meinungen werden fundamentaler, grundsätzlicher und allgemeinpolitisch. Die Beteiligten prallen mit ihren Standpunkten aufeinander, die Fronten verhärten sich und die Zeichen stehen eher auf Kampf als auf Kooperation und Verhandlung. Aufgabe eines neutralen Konflikt-Managements ist es daher, alle involvierten Akteure zurück an einen Tisch und in einen lösungsorientierten Dialog zu bringen.

Einvernehmliche Klärung

Gemeinsame, sachangemessene Lösungen zu finden, potenziellen Konflikten frühzeitig vorzubeugen und bei der Klärung eskalierter Auseinandersetzungen zu helfen, sind die Aufgaben des vor rund drei Jahren gegründeten und bundesweit tätigen KNE. Es unterstützt einen naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien und ist für alle Akteure ein unabhängiger und neutraler Ansprechpartner für die Lösung von Konflikten im Spannungsfeld von Energiewende sowie Natur- und Umweltschutz. Die Konfliktberatung gestaltet Aushandlungsprozesse vor Ort. Sie nimmt die Interessen aller beteiligten Akteure gleichermaßen in den Blick und zielt auf eine einvernehmliche Klärung der Konfliktsituation ab. Dazu gehört die gemeinsame Beratung von Naturschutzverbänden, Vorhabenträgern und Kommunen ebenso wie die Einzelberatung von Akteuren und Anwohnern vor gemeinsamen Gesprächsterminen. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende übernimmt auch die Moderation von nicht-öffentlichen Konfliktgesprächen. Für die Moderation und eine intensivere Bearbeitung von Konflikten stehen mehr als 50 vom KNE speziell fortgebildete Mediatoren in allen Regionen Deutschlands zur Verfügung.
Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende trägt mit seinen Angeboten zur Umsetzung einer natur- und umweltverträglichen Energiewende bei. Im konkreten Konfliktfall bietet es aber eine ergebnisoffene Beratung, mit dem zentralen Ziel, dass die Akteure eine einvernehmliche Lösung finden.

Dr. Bettina Knothe

Knothe, Dr. Bettina
Dr. Bettina Knothe leitet die Abteilung Konfliktberatung des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE). Sie ist promovierte Biologin (Fach Umweltplanung) und lizensierte Mediatorin des Bundesverbands Mediation.

https://www.naturschutz-energiewende.de/beratung
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli/August von stadt+werk im Schwerpunkt Windenergie erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Windenergie, Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE)

Bildquelle: Shawn Hempel/Fotolia.com

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Windenergie

Deutsche WindGuard: Positiver Trend
[19.7.2024] Eine Auswertung der Deutschen WindGuard zeigt, dass der Zubau von Windenergieanlagen in Deutschland steigt. Der Gesamtausbau bleibt jedoch hinter dem Bedarf zurück. mehr...
Baden-Württemberg: Windräder kommen nicht in Schwung
[19.7.2024] Baden-Württemberg braucht jährlich über 100 neue Windkraftanlagen, um die Klimaziele zu erreichen. Nach aktuellen Zahlen ist das Ausbautempo dafür viel zu gering. mehr...
Der Südwesten braucht mehr Windenergieanlagen – Anlage bei Biederbach im Schwarzwald.
RES: Wartungsvertrag mit ESG
[19.7.2024] RES Deutschland und ERG Germany haben eine Partnerschaft vereinbart. RES übernimmt in den nächsten drei Jahren die Reparatur und den Austausch von Großkomponenten für die deutschen Windenergieanlagen von ERG. mehr...
Technische Präzisionsarbeit: RES Services tauscht eine Großkomponente an einer Windenergieanlage aus.
Gomadingen: Baustart für Windpark
[19.7.2024] Ein neuer Windpark wird jetzt in Gomadingen errichtet. Die fünf Windenergieanlagen liefern künftig über 65 Millionen Kilowattstunden Strom. Den Anrainergemeinden bringt er außerdem finanzielle Einkünfte. mehr...
Fotomontage des geplanten Windparks Gomadingen.
Lemgo: Windenergieanlage genehmigt
[16.7.2024] Die Stadtwerke Münster haben jetzt die Genehmigung für den Bau einer 200 Meter hohen Windenergieanlage in Lemgo erhalten. Ab Ende 2025 soll diese Anlage rund 7.000 Haushalte mit Strom versorgen und durch Bürgerbeteiligung sowie Gemeindebeteiligung zusätzliche Vorteile für die Region bieten. mehr...
Projektentwickler Philipp Richter (l.) und Abteilungsleiter Maximilian Wolf (r.) vom Erneuerbare-Energien-Team der Stadtwerke Münster freuen sich über den Genehmigungsbescheid für die Windenergieanlage Lemgo.

Suchen...

 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Windenergie:
Trianel GmbH
52070 Aachen
Trianel GmbH

Aktuelle Meldungen