Dienstag, 15. April 2025

ElektromobilitätWildwuchs vorbeugen

[05.04.2024] Im Rahmen ihres Elektromobilitätskonzepts „otto fährt elektrisch“ hat die Stadt Magdeburg eine Gestaltungsrichtlinie für die Lade-Infrastruktur von E-Autos und E-Bikes erstellt. Dabei wurden auch Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt.
Im Rahmen ihres Elektromobilitätskonzepts „otto fährt elektrisch“ hat die Stadt Magdeburg eine Gestaltungsrichtlinie für die Lade-Infrastruktur von E-Autos und E-Bikes erstellt.

Im Rahmen ihres Elektromobilitätskonzepts „otto fährt elektrisch“ hat die Stadt Magdeburg eine Gestaltungsrichtlinie für die Lade-Infrastruktur von E-Autos und E-Bikes erstellt.

(Bildquelle: Benasi Tharanga/stock.adobe.com)

Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg hat sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Die Erstellung eines Elektromobilitätskonzepts ist Teil der gesamtstädtischen Strategie zur Umsetzung des Energie- und Klimakonzepts. Mit der erfolgreichen Bewerbung um die Beteiligung am Exzellenz-Programm „Masterplan 100 % Klimaschutz“ der Nationalen Klimaschutzinitiative hat sich Magdeburg weitergehende ambitionierte Ziele gesetzt. So sollen bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen auf kommunaler Ebene um 95 Prozent gegenüber 1990 gesenkt und der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum halbiert werden. 2018 beschloss der Stadtrat einen Maßnahmenkatalog für die Handlungsfelder Energie, Gebäude, Wirtschaft und klimaverträglicher Alltag und leitete die Umsetzung der Vorhaben ein. Ein Jahr später wurde die Deklaration „Klimaschutz umsetzen – Klimakrise bewältigen“ verabschiedet. CO2-Neutralität wird damit bereits bis zum Jahr 2035 angestrebt. Das bedeutet jedoch nicht nur, den Maßnahmenkatalog des „Masterplans 100% Klimaschutz“ schneller umzusetzen. Vielmehr sind ein Denken in neuen Maßstäben und ein sehr schneller Mentalitätswechsel in allen Bereichen erforderlich.

Erarbeitung eines Konzepts

In diesem Kontext stehen die Aktivitäten zur Förderung der Elektromobilität im Stadtgebiet. Die Erarbeitung eines E-Mobilitätskonzepts wurde früh vom Stadtrat beschlossen, jedoch mussten von der Verwaltung zunächst die personellen und finanziellen Ressourcen abgesichert werden. Von 2020 bis 2022 erarbeitete die Verwaltung unter Einbindung des Planungsbüros SHP Ingenieure aus Hannover ein entsprechendes Konzept, dessen Schwerpunkte ein Standortkonzept für ­E-Ladesäulen, eine Gestaltungsrichtlinie für ­E-Ladepunkte sowie Empfehlungen zur Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks, mit Fokus auf den Städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb (SAB), umfassen. Das Konzept wurde im Jahr 2023 durch den Stadtrat bestätigt.
Eine Bestandsaufnahme aus den Jahren 2018 und 2019 zeigte, dass zunächst vor allem der lokale Energieversorger einzelne Ladesäulen errichtete, deren Betrieb angesichts der noch niedrigen Nutzung in den Anfangsjahren nur dank umfangreicher Förderung wirtschaftlich zu rechtfertigen war – und nach Aussage des Versorgers auch heute noch von Fördermitteln abhängig ist. Zudem boten einzelne Autohäuser Lademöglichkeiten auf ihrem Firmengelände. Seit ungefähr 2021 erreichen die Stadtverwaltung vermehrt Anfragen von Betreibern, die Interesse am Aufbau und Betrieb ihrer Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum haben. Die Verwaltung steht somit vor dem Zielkonflikt, auf der einen Seite den Betreibern so viele Ladesäulen wie möglich zu gewähren, auf der anderen Seite jedoch einen Wildwuchs zu verhindern und für eine stadtbildverträgliche Einordnung der Ladesäulen zu sorgen.

Flächenbedarf und -konflikt

Bei Detailabstimmungen zu den ersten Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum zeigte sich relativ schnell, welche Herausforderungen bestehen: Das ist zum einen der Flächenbedarf – auf welchen Flächen sollen Ladesäulen stehen dürfen? Zum anderen existiert ein Flächenkonflikt – welche Abstände zu anderen Nutzungen sind einzuhalten, insbesondere zu Hochbordradwegen, die neben den mit Ladesäulen auszurüstenden Pkw-Stellplätzen verlaufen?
Und auch wenn dem Thema Elek­tromobilität nicht die gleiche Bedeutung der Daseinsvorsorge wie dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zufällt, lag es nahe, das Thema Barrierefreiheit auf die Gestaltung von E-Ladesäulen zu übertragen. Während der Bearbeitung stellte sich schnell heraus, dass der beschriebene Flächenkonflikt nur gelöst werden kann, indem Infrastruktur für den (elektrischen) motorisierten Individualverkehr (MIV) auch auf Flächen, die bereits für den MIV vorgesehen sind, positioniert wird. Das hat den willkommenen Nebeneffekt, dass Menschen im Rollstuhl, die ihr Fahrzeug laden wollen, zwischen Fahrzeug und Ladesäule keinen Bordstein überwinden müssen, da sich die Flächen für den MIV und somit zukünftig auch die Ladesäulen unterhalb des Bordsteins befinden. Gleichwohl gehen mit einer solchen Anordnung erhöhte Anforderungen an einen Anprallschutz für die Ladesäulen einher, wenngleich die hierfür einzusetzenden Poller die Nutzbarkeit und Barrierefreiheit der Ladesäulen nicht beeinträchtigen dürfen.

Reduzierung der Stellplätze

Offensichtlich ist, dass der Flächenbedarf der Ladesäulen zu einer Reduzierung der auf der gleichen Fläche angebotenen Stellplätze führt. Diese kann bis zu 20 Prozent betragen. Positiv hierbei ist jedoch, dass die damit einhergehende Verknappung des Stellplatzangebots neben der durch die Ladesäulen angeregten Antriebswende auch Anreize zu einer Änderung des Mobilitätsverhaltens im Sinne einer Verkehrswende anregen kann.
Zur Abstimmung der weiteren Belange der Barrierefreiheit, wie etwa der notwendigen Abstandsmaße, wurde mit allen Beteiligten ein Vor-Ort-Termin an einer Ladesäule auf dem Parkplatz eines Baumarkts durchgeführt, die bereits viele Merkmale der Barrierefreiheit aufweist. Von großem Wert war, dass die anwesende Behindertenbeauftragte der Landeshauptstadt Magdeburg selbst als Rollstuhlnutzerin Auto fährt. Insbesondere die Erreichbarkeit der einzelnen Bedien­elemente, die Unterfahrbarkeit der Ladesäule und die Kabelführung stellten sich hierbei als wesentliche Knackpunkte heraus.

Unterschiedliche Qualitäten

Die bislang eingegangenen Anträge für Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum wiesen bisher sehr unterschiedliche Qualitäten auf. Daher wurden nach Beschluss des Elektromobilitätskonzepts die wesentlichen Inhalte der Gestaltungsrichtlinie in einer Broschüre zusammengefasst, die neben verschiedenen Detailbestimmungen auch Lageplanskizzen und Bilder positiver Beispiele bereits vorhandener Ladesäulen enthält. Mit einer ebenfalls enthaltenen Liste an einzureichenden Antragsunterlagen soll eine zügige Bearbeitung der Anträge ermöglicht werden.
Ziel ist, das öffentlich zugängliche Ladesäulennetz in den nächsten Jahren erheblich zu verdichten, sodass dieses einen maßgeblichen Anteil an der Antriebswende in Richtung eines klimaverträglicheren Straßenverkehrs leisten kann.

Stefan Siesing

Der Autor, Stefan SiesingStefan Siesing ist Diplomingenieur für Verkehrsingenieurwesen und seit dem Jahr 2017 als Sachbearbeiter für generelle Verkehrsplanung im Stadtplanungsamt Magdeburg beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem das Thema Elektromobilität.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Elektromobilität
bericht

Lade-Infrastruktur: Lösungen für einen nachhaltigen Verkehr

[07.04.2025] Damit noch mehr Menschen in Deutschland auf E-Autos umsteigen, müssen ihnen E-Mobilitätsanbieter das Laden so einfach und komfortabel wie möglich machen. Die jährliche E-Autofahrer-Studie von E.ON zeigt, welche Erwartungen E-Mobilisten an das Laden im Alltag haben. mehr...

Power2Drive: m8mit zeigt Lösungen für intelligentes Laden

[07.04.2025] Der Softwareanbieter m8mit stellt auf der Power2Drive 2025 in München seine Lösungen für intelligentes Laden und effizientes Flottenmanagement vor. Im Fokus stehen Homecharge, dynamische Tarife und eine cloudbasierte Plattform, die Unternehmen und Privatkunden eine transparente und optimierte Nutzung der Lade-Infrastruktur ermöglichen soll. mehr...

TransnetBW: Projekt zum intelligenten Laden

[31.03.2025] Ein Pilotprojekt von TransnetBW, Audi und IE2S zeigt, dass Elektrofahrzeuge auch ohne Smart Meter oder dynamische Tarife netzdienlich geladen werden können. mehr...

Konstanz: Einrichtung einer E-Zone

[28.03.2025] Die Stadt Konstanz richtet in der linksrheinischen Altstadt eine so genannte E-Zone ein. Mit Unterstützung des Landes werden über 80 neue Ladepunkte geschaffen und das E-Carsharing-Angebot ausgebaut. mehr...

bericht

Lade-Infrastruktur: Verantwortung teilen

[27.03.2025] Um den Verkehr auf Elektromobilität umzustellen, ist ein Ausbau des öffentlichen Ladenetzes notwendig. Für Kommunen und Stadtwerke bieten sich dabei Konzessionsmodelle an, bei denen sie Nutzung und Betrieb von Ladepunkten an privatwirtschaftliche Betreiber übertragen. mehr...

M3E: Leitfaden zur Lade-Infrastruktur veröffentlicht

[19.03.2025] Die Berliner Beratungsagentur M3E hat einen kostenlosen Leitfaden zur Lade-Infrastruktur für Kommunen veröffentlicht. Das Whitepaper bietet praxisnahe Informationen zur Finanzierung, rechtlichen Rahmenbedingungen und strategischen Umsetzung von Ladepunkten im öffentlichen Raum. mehr...

Stadtwerke Schwäbisch Hall: Tochtergesellschaft übernimmt E-Ladesäulen

[18.03.2025] Die Stadtwerke Schwäbisch Hall haben ihre öffentlichen E-Ladesäulen zum Jahresbeginn an die Tochtergesellschaft Haller Mobilität & Wärme übertragen. mehr...

Neumarkt in der Oberpfalz: Vier E-Busse für ein Halleluja

[07.03.2025] Die Stadtwerke Neumarkt in der Oberpfalz haben jetzt vier vollelektrische Daimler eCitaro-Bussen in Betrieb genommen. In einer Zeremonie wurden die Busse offiziell gesegnet. mehr...

BMWK: Pilotprojekt zum bidirektionalen Laden gestartet

[06.03.2025] Unter der Schirmherrschaft des BMWK ist jetzt ein großangelegtes Pilotprojekt zur Integration bidirektionaler Elektrofahrzeuge ins Stromnetz gestartet. mehr...

Landau in der Pfalz: Neuen Schnellladepark in Betrieb genommen

[31.01.2025] In Landau in der Pfalz wurde ein neuer Schnellladepark der Pfalzwerke AG im Rahmen des Deutschlandnetzes eröffnet. mehr...

Thüga: Neue Gesellschaft für Lade-Infrastruktur gegründet

[27.01.2025] Die Thüga-Gruppe hat mit Regioladen+ eine neue Gesellschaft gegründet, um den Betrieb von Lade-Infrastruktur zu optimieren und auszubauen. mehr...

Das Bild zeigt mehrere Schnellladestationen. Im Vordergrund wird ein Fahrzeug geladen.

Fraunhofer ISE: Hochspannung beim Laden

[22.01.2025] Um den steigenden Bedarf an Schnellladestationen zu decken, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit Industriepartnern ein Mittelspannungssystem entwickelt, das Ladeleistungen im Megawattbereich ermöglicht. mehr...

Lübbecke: Schnellladepark eröffnet

[16.01.2025] Die Unternehmen Hochtief und EWE Go haben jetzt in Lübbecke den ersten gemeinsam betriebenen Ladepark eröffnet. Dieser ist Teil des bundesweiten Deutschlandnetzes und ermöglicht das Schnellladen von Elektrofahrzeugen mit 100 Prozent Ökostrom. mehr...

Das Bild zeigt ein E-Auto an einer Schnellladesäule. Die Fahrerin schließt das Ladekabel an.

BDEW: Fünf Punkte für E-Mobilität

[09.01.2025] Der BDEW sieht in der Elektromobilität einen Hebel, um den Automobilstandort Deutschland zukunftssicher zu machen. In einem Fünf-Punkte-Plan fordert der Verband weniger Bürokratie, klare europäische Regeln und nachhaltige steuerliche Anreize, um den Markt weiter zu stärken. mehr...

Bremen: Stadtreinigung präsentiert neue E-Flotte

[20.11.2024] Die Bremer Stadtreinigung hat erstmals seine Flotte von Elektrofahrzeugen vorgestellt, die zur Straßenreinigung und Abfallsammlung eingesetzt werden. Mit dieser Maßnahme wird ein entscheidender Beitrag zur Klimaneutralität der Stadt bis 2038 angestrebt. mehr...