Montag, 23. Dezember 2024

EEG-ReformWie weiter mit der Energiewende?

[30.09.2013] Deutschland hat gewählt. Die schwarz-gelbe Mehrheit gibt es nicht mehr. Doch während alle Welt noch spekuliert, wie es künftig weitergehen soll, haben die Interessenverbände ihre Meinungen längst getroffen. stadt+werk hat sich umgehört.
Wer die Spielregeln zum EEG künftig bestimmt und wie diese aussehen

Wer die Spielregeln zum EEG künftig bestimmt und wie diese aussehen, bleibt offen. Die Interessenverbände haben bereits ihre ganz eigenen Vorstellungen formuliert.

ie Bundestagswahlen sind vorbei, die Frage nach der Umsetzung der Energiewende bleibt. Wer die Spielregeln zum EEG künftig bestimmt, ist offen.

(Bildquelle: pixelpart / pixelio.de)

Einig sind sich die Interessenverbände nur in einem: Die künftige Bundesregierung muss handeln, wenn sie die selbstgesteckten Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien erfüllen will. Große Unterschiede gibt es bei der Frage nach der weiteren Umsetzung der Energiewende. Vor allem beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) scheiden sich die Geister. So zeigt sich Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), sichtlich zufrieden über den Ausgang der Bundestagswahl: „Die Extrem-Positionen der FDP gegen die Energiewende und gegen das EEG haben die erneuerbare Mittelstandswirtschaft düpiert.“ Das habe dazu beigetragen, dass sich Klimaschutz und Energiepolitik nun vier Jahre lang ohne die FDP gestalten ließen. „Eine schwarz-grüne Option könnte der Union neue energiepolitische Dynamik verleihen und eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Energiewende anstoßen“, so der BEE-Geschäftsführer. Ähnliche Töne schlägt auch Sylvia Pilarsky-Grosch, Präsidentin des Bundesverbands WindEnergie (BWE), an: „Wir brauchen weiter einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen, um Investitionen abzusichern. Gerade die Mindestpreisvergütung und der Einspeisevorrang machen den Erfolg der Energiewende in Deutschland aus. Wer es mit der Energiewende ehrlich meint, muss beides erhalten.“ Beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will man ebenfalls die „positiven Wirkungen des EEG“ absichern. Zudem soll die neue Bundesregierung „die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an allen Entscheidungen stärken“, so BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.

Umfassender Neuanfang

Einen Neustart der Energiewende fordert hingegen der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser. Er schlägt damit einen ganz ähnlich wachstumsfördenden Kurs ein wie der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens IBC SOLAR, Udo Möhrstedt: „Die neue Bundesregierung muss für den dringend notwendigen Transformationsprozess sorgen: weg von Atom und Kohle hin zu einer echten, dezentralen und regenerativen Stromversorgung mit einem entsprechenden Markt-Design, das unrentable Großkraftwerke nicht länger bevorzugt und erneuerbare Energien durch falsche Mechanismen an der Strombörse wertlos macht“, so Möhrstedt. Als Sofortmaßnahme müsse die Stromsteuer für erneuerbare Energien abgeschafft werden. Damit könne der Strompreis für den Endverbraucher effektiv gesenkt und die Lasten wieder gerechter verteilt werden. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert einen umfassenden Neuanfang (17000+wir berichteten): Die Energiewende brauche eine Reform, um das Ziel einer sicheren, sauberen und bezahlbaren Energieversorgung zu erreichen. „Konkret muss die neue Bundesregierung das Projekt-Management der Energiewende sorgfältig überprüfen und grundlegend überarbeiten“, sagt BDI-Präsident Ulrich Grillo. „Danach muss die Politik einen verlässlichen Fahrplan für die dringend notwendigen Schritte vorlegen.“ Besonders wichtig sei es, gemeinsam mit den Ländern das EEG „radikal zu reformieren“. Industrieentlastungen bleiben laut Grillo für energieintensive Industrieunternehmen und ihre Belegschaften aufgrund des internationalen Wettbewerbs überlebenswichtig.

Auktionsverfahren gegen Quotenmodell

Konkrete Vorschläge, wie es mit der Energiewende weitergehen soll, kommen vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Dieser empfiehlt der Politik, die Direktvermarktung von Strom aus neuen Erneuerbaren-Anlagen künftig zur Pflicht zu machen. Kern der EEG-Reform solle die Einführung einer Marktprämie sein, die auf Auktionen ermittelt wird. Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende muss der Rollentausch zwischen den erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken gelingen. Subventionsempfänger müssen Kaufleute werden“, erklärt die ehemalige Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Merkel-Vertraute. „Eine gute Alternative“, meint auch Wirtschaftsexperte Peter Bofinger. Die Höhe der Vergütung würde nicht mehr wie bisher im Rahmen eines politischen Verhandlungsprozesses bestimmt, der unvermeidlich von Interessengruppen beeinflusst wird, sondern durch Auktionen. „Das sorgt für Wettbewerb zwischen Investoren – und dafür, dass nur diejenigen mit den günstigsten Kosten zum Zuge kommen“, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Ein alternatives Quotenmodell aber, wie es vonseiten der Monopolkommission zu hören war, lehne er weiterhin ab (17046+wir berichteten). Bei diesem Modell würden die Produzenten von erneuerbaren Energien ihren Strom zum Börsenpreis verkaufen. „Die Förderung ergibt sich daraus, dass sie für den von ihnen produzierten Strom zusätzlich Grünstromzertifikate erhalten.“ Diese müssten dann von den Versorgern in einer gesetzlich festgelegten Menge abgekauft werden. Eine verlässliche Steuerung der Energiewende sei damit undenkbar, da die Quote langfristig ausgerichtet wäre. Auf neue Entwicklungen, vor allem im technologischen Bereich, könnte nicht dynamisch reagiert werden. Ein Risiko für Anleger und Verbraucher, so Bofinger.
Für welche Zukunft der Energiewende sich Politik und Wirtschaft schlussendlich auch entscheiden werden, Handlungsbedarf gibt es auch auf kommunaler Ebene. Das jedenfalls ist die Meinung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). In einer Umfrage des Verbands sprachen sich 91 Prozent der Unternehmen dafür aus, dass sich die Bundesregierung künftig besser für die Belange der kommunalen mittelständischen Wirtschaft einsetzen soll. Im Bereich der Energiewirtschaft seien weniger als die Hälfte der Befragten mit der wirtschaftlichen Situation ihres Unternehmens zufrieden. VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck: „Auf die neue Bundesregierung warten enorme Herausforderungen. Insbesondere in der Energiepolitik sind umfassende Reformen zwingend notwendig.“

Marc Tosenberger




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Auf dem Bild sind Photovoltaikanlagen und im Hintergrund Windräder zu sehen.

ZSW/BDEW: Rekordjahr für Erneuerbare

[16.12.2024] Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat im Jahr 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Nach vorläufigen Berechnungen von ZSW und BDEW lieferten Solar-, Wind-, Wasser- und Biomassekraftwerke mehr als die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Stroms. mehr...

Bayern: Grüne stellen Dringlichkeitsantrag

[13.12.2024] Die Grünen im Bayerischen Landtag haben gestern im Plenum einen Dringlichkeitsantrag für konsequenten Klimaschutz eingebracht. Ziel ist es, die bayerischen Klimaziele bis 2040 zu sichern und notwendige Maßnahmen, insbesondere in der Wärmepolitik, zügig umzusetzen. mehr...

Das Bild zeigt Franziska Giffey (SPD), Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe und Bürgermeisterin von Berlin, bei der Eröffnungsrede auf den Vienna Science Days in Berlin.
bericht

Wien/Berlin: Gemeinsam für die urbane Energiewende

[09.12.2024] Bei den Vienna Science Days in Berlin trafen sich Ende November Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, um über die Herausforderungen der Energiewende und Dekarbonisierung in Großstädten zu diskutieren. Im Fokus standen die Zusammenarbeit zwischen Wien und Berlin. mehr...

Auf dem Bild ist das Kohlekraftwerk Weisweiler zu sehen, im Vordergrund stehen zwei Windräder.
bericht

Monitoringbericht: Energiemarkt in Bewegung

[09.12.2024] Der aktuelle Monitoringbericht von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zum Strom- und Gasmarkt zeigt: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien steigt, konventionelle Kraftwerke bleiben aber unverzichtbar. Und: Sinkende Strom- und Gaspreise entlasten die Verbraucher. mehr...

Das Bild zeigt einen Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Zusehen sind die Reihen der Abgeordneten und im Hintergrund der Bundesadler.

KWKG: Bundestag berät über Verlängerung

[09.12.2024] Ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht vor, die Geltungsdauer des KWK-Gesetzes bis zum 31. Dezember 2030 zu verlängern. Der Bundestag hat jetzt erstmals darüber beraten. Unterstützung für die Initiative der Unionsfraktion kommt aus der Energiewirtschaft. mehr...

Biogasalage: Der Bundesverband Bioenergie (BBE) hat die herausragende Bedeutung der Bioenergie betont.

BMWK: Bioenergiepaket soll Anreize schaffen

[09.12.2024] Die Flexibilität und Planungssicherheit für Biogasanlagen sollen verbessert werden. Dazu hat das Bundeswirtschaftsministerium ein Bioenergiepaket vorgelegt. Der Entwurf zur Änderung des EEG 2023 ist allerdings noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. mehr...

interview

Interview: Volle Unterstützung für Holzenergie

[05.12.2024] Die energetische Holznutzung ist eine wichtige Säule für die Wertschöpfung im ländlichen Raum, sagt Hubert Aiwanger. stadt+werk sprach mit dem bayerischen Wirtschaftsminister über die Ziele des Pakts Holzenergie Bayern. mehr...

SAENA: Neues Umfragetool

[04.12.2024] Die SAENA bietet jetzt für die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Umfragetools und Workshops an. mehr...

Saarland: Förderprogramm für Straßenbeleuchtung

[02.12.2024] Das saarländische Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie fördert jetzt mit dem neuen Programm ZEP-Kommunal die Umrüstung von Straßenbeleuchtungen in Kommunen auf LED-Technologie. mehr...

Das Bild zeigt das Gaskrafterk Irsching.

Kraftwerkssicherheitsgesetz: Die Politik ist gefordert

[25.11.2024] Ein Referentenentwurf für ein Kraftwerkssicherheitsgesetz liegt vor, berichten Medien. Er sieht neben neuen Regelungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke auch eine Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vor. Der BDEW betont den dringenden Handlungsbedarf für die Energieversorgung. mehr...

Projekt PaDiSo: Tipps für die lokale Energiewende

[14.11.2024] Forscherinnen des Projekts PaDiSo haben Handlungsempfehlungen für deutsche Kommunen entwickelt, um sie bei der Gestaltung eines klimaneutralen Energiesystems zu unterstützen. Ziel ist es, kommunalen Akteuren praxisnahe Instrumente und Strategien an die Hand zu geben. mehr...

Das Bild ist ein Porträtfoto des schleswig-holsteinischen Energieministers Tobias Goldschmidt

Energieministerkonferenz: Der Geist von Brunsbüttel

[11.11.2024] Die Energieministerkonferenz in Brunsbüttel hat mit der „Brunsbütteler Erklärung“ einen deutlichen Appell an die Bundesregierung verabschiedet: Die Ministerinnen und Minister fordern spürbare Entlastungen bei den Strompreisen, eine zügige Umsetzung der Gesetze und eine klare Strategie für erneuerbare Energien und Biomasse. mehr...

Das Bild ist ein Portätfoto von Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

BDEW: Energiebranche besorgt über Ampel-Aus

[07.11.2024] Nach dem Bruch der Ampelkoalition warnt der BDEW vor den Folgen für die Energiepolitik. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, mahnt schnelles und einvernehmliches Handeln an. mehr...

Auf dem Bild ist ein Umspannwerk zu sehen, im Vordergrund zwei Personen, die sich über einen Plan beugen.

Bundesregierung: KRITIS-Dachgesetz beschlossen

[07.11.2024] Die Bundesregierung hat den Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes beschlossen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betont die Notwendigkeit des Gesetzes, um Deutschland widerstandsfähiger gegen Krisen und Katastrophen zu machen. mehr...

Auf dem Bild sind Michael Maxelon, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, Hessens Energie- und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori und Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef zu sehen. Sie halten ein Plakat in Händen, das das Konzept der Energiewendeviertel illustriert.

Frankfurt am Main: Energiezukunft gemeinsam gestalten

[05.11.2024] Bei einer Veranstaltung der Mainova diskutierten Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef und Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori über den geplanten Ausbau der Strom- und Wärmenetze in Frankfurt. mehr...