Agora-StudieWege aus der fossilen Energiekrise
Durch eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Elektrifizierung von Industrieprozessen und Gebäudewärme kann der Gasbedarf Deutschlands bis 2027 um rund ein Fünftel beziehungsweise etwa 200 Terawattstunden sinken. Das zeigen aktuelle Berechnungen von Agora Energiewende in Zusammenarbeit mit Prognos und dem Wuppertal Institut.
Im akuten Fall, dass die russischen Gasimporte in die EU gänzlich ausfallen, müsste Deutschland trotz einer europäischen Ersatzstrategie rund 290 Terawattstunden Erdgas einsparen. Durch Energiesparmaßnahmen und alternative Energiequellen lässt sich der Verbrauch von Erdgas laut der Studie vorübergehend um rund 160 bis 260 Terawattstunden senken. Entsprechende Maßnahmen wären etwa Erdgas in der Strom-, Wärme- und Industrieproduktion durch alternative Brennstoffe zu ersetzen oder die Raumtemperatur um 0,5 Grad Celsius bis 1,5 Grad Celsius abzusenken.
Schnelle energiepolitische Entscheidungen
Um Deutschland aus der strukturellen Abhängigkeit von fossilen Energieimporten herauszuführen, braucht es Agora zufolge schnelle energiepolitische Entscheidungen. Simon Müller, Direktor der Deutschlandarbeit von Agora Energiewende, sagt: „Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz kommt mehr denn je eine strategische, sicherheitspolitische Bedeutung zu. Die Regierung muss nun zusammen mit der Bevölkerung und der Industrie alle Kräfte bündeln, um der fossilen Energiekrise vor allem strukturell zu begegnen.“
Der Zubau von 44,5 Gigawatt Windkraftanlagen, davon 39 Gigawatt Windkraftanlagen an Land sowie 84 Gigawatt Solaranlagen seien entscheidend, um im Stromsystem innerhalb von fünf Jahren 50 Terawattstunden Erdgas zu ersetzen. In der Fernwärmeerzeugung könne eine Kombination von Wärmepumpen, Elektrodenkesseln, Solar- und Geothermie, Nutzung von Abwärme und grünem Wasserstoff Erdgas im Umfang von 27 Terawattstunden einsparen. Diese Maßnahmen ermöglichen somit Erdgaseinsparungen in Höhe von 77 Terawattstunden im Jahr 2027 im Vergleich zu 2021.
Drei Millionen neue Wärmepumpen
Der Großteil des Erdgases wird in Gebäuden verbraucht. Um hier die Abhängigkeit schnell zu reduzieren, seien eine geringfügige Steigerung der Sanierungsrate von 1,2 Prozent im Jahr 2021 auf 1,6 Prozent im Jahr 2027 sowie gut drei Millionen neu installierte Wärmepumpen nötig. „Bei der Sanierungsoffensive müssen wir insbesondere die ineffizienten Ein- und Zweifamilienhäuser anpacken, um schnell substanzielle Einspareffekte zu erzielen“, sagt Müller. „Der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen muss unverzüglich beendet werden. Klare rechtliche Vorgaben müssen mit einer sozial gerechten Förderung kombiniert werden.“ Hierdurch lassen sich laut Müller im Gebäudebereich innerhalb von fünf Jahren 55 Terawattstunden Erdgas einsparen.
Mehr grüner Wasserstoff
Die hohen Gaspreise rücken Effizienzmaßnahmen und Elektrifizierung für die Industrie in den Fokus: Der Umstieg auf Wärmepumpen oder Elektrodenkessel für die Niedertemperatur-Prozesswärme wird hierdurch wirtschaftlicher. „Mit verbesserter Energie- und Materialeffizienz kann sich die Industrie gegen fossile Energiepreiskrisen wappnen“, sagt der Agora Deutschlandchef. Auch der schnellere Hochlauf von grünem Wasserstoff ist zentral, um die Abhängigkeit der Industrie von Erdgas nachhaltig zu senken. Insgesamt liegen hier bis 2027 Erdgaseinsparpotenziale von 69 Terawattstunden.
Agora-Studie Energiesicherheit und Klimaschutz vereinen – Maßnahmen für den Weg aus der fossilen Energiekrise (PDF, 1 MB)
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