Freitag, 22. November 2024

Projekt WiEfmWärmewende über Grenzen

[20.08.2019] Das Interreg-Projekt WiEfm untersuchte und förderte neue Lösungen für die Wärmeversorgung im deutsch-niederländischen Grenzgebiet. Eine Hotspot-Karte, Experten-Workshops und Machbarkeitsstudien haben für das Thema Wärmewende sensibilisiert.

Im Rahmen des Projekts „Wärme in der Euregio – fokussieren und modernisieren“ (WiEfm) ging es während der vierjährigen Laufzeit bis Ende März 2019 darum, eine klimafreundliche und nachhaltige Wärmeversorgung im deutsch-niederländischen Kommunalverband Euregio zu ermöglichen. Das Thema Wärme soll für Wirtschaft und Kommunen der Projektregion greifbar und nutzbar gemacht werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen und die Umstellung auf eine zukunftsfähige Wärmeversorgung zu befördern. Das Projekt wurde im Rahmen der EU-Initiative Interreg zur Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit rund 2,5 Millionen Euro unterstützt.

Erweiterter Blick

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Kreise Borken (WFG), Coesfeld (wfc) und Steinfurt (WESt) arbeiten hier gemeinsam mit der niederländischen Hochschule Saxion aus Enschede und der FH Münster sowie der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises Warendorf und der niederländischen Stiftung kiEMT zusammen. Dieses Team hat im Projekt die Grundlagen der Wärmeversorgung und des Wärmemarkts im Projektgebiet der Euregio untersucht, Einsparmöglichkeiten ausgearbeitet und technische Lösungen für eine bestmögliche Nutzung klimafreundlicher Wärme dargestellt. Da die richtigen Betreiber- und Finanzierungsmodelle den langfristigen Erfolg ausmachen und breite Akzeptanz schaffen, wurden auch diese Aspekte auf deutscher und niederländischer Seite untersucht und ausgewertet.
Durch die grenzübergreifende deutsch-niederländische Zusammenarbeit hat sich der Blick für die Themen der Wärmewende für beide Seiten erweitert, und von den teils unterschiedlichen Herangehensweisen konnten alle Beteiligten profitieren. Sehr gut angekommen sind die sechs Zukunftswerkstätten in verschiedenen Orten der Projektregion sowie die vier Expertenworkshops, welche zweisprachig abgehalten wurden. Insgesamt konnten 120 Teilnehmer bei den Zukunftswerkstätten und rund 250 Teilnehmer der vier Expertenworkshops zusammen mit den Projektpartnern viel wertvollen Input zur weiteren Bearbeitung im Projekt generieren.

Interaktive Karte

Ebenfalls sehr gut angenommen wurden die Wärmegutscheine, die aus den Mitteln von WiEfm vergeben wurden und die Kosten von Machbarkeitsstudien zur Wärmeversorgung förderten. Grundlage für die Beantragung einiger Wärmegutscheine war zudem die im Rahmen des Projekts entwickelte Hotspot-Karte. Hier wurden für das Münsterland über 200 Wärme-Hotspots ermittelt. Sie basieren auf einer flächendeckenden Bedarfsberechnung aller Gebäude im Münsterland und zeigen, wo der Wärmebedarf besonders hoch ist. Darauf aufbauend entwickelten die Forscher der FH Münster eine Methodik, um Bauten mit besonders hohem Wärmebedarf – vor allem öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder und Verwaltungsgebäude – und relevante innerörtliche Flächennutzungen zu verschneiden.
Somit ist eine interaktive Karte entstanden, auf der beispielsweise Kommunen sofort einsehen können, wo Gebiete liegen, in denen Wärmenetze sinnvoll sind. Diese Netze wiederum bieten die Möglichkeit, erneuerbare Energien im großen Maßstab in Form von Wärme einzuspeisen und sind somit eine echte Alternative zu Gas und Öl. In den ermittelten Hotspots wird ein Drittel des kompletten Heizwärme- und Warmwasserbedarfs des Münsterlands gebraucht – auf gerade mal 1,5 Prozent seiner Gesamtfläche.

Keine Gasnetze in Warendorf

Dass der Gasmarkt in Bewegung gerät, zeigt das Beispiel der Stadtwerke Warendorf. Der kommunale Versorger hat entschieden, keine Gasleitungen mehr in Warendorfer Neubaugebieten zu verlegen. Die Gründe: der tendenziell sinkende Gasabsatz, die hohen Investitionskosten bei der Verlegung von Gasnetzen sowie die hohe energetische Effizienz von Neubauten und die Wechselbereitschaft der Kunden.
In Warendorf wurden mit Wärmegutscheinen von WiEfm verschiedene Wärmeversorgungslösungen für zwei Neubaugebiete mit insgesamt rund 200 zu versorgenden Gebäuden untersucht. Mittlerweile befindet sich ein erstes Wärmenetz in der Umsetzung. Aufbauend auf den Untersuchungen der Machbarkeitsstudie soll im ersten Schritt zunächst das Neubaugebiet mit einer effizienten Wärmeversorgung auf Grundlage eines bestehenden Gas-Blockheizkraftwerks (BHKW) in einer angrenzenden Schule erschlossen werden.

20.000 Tonnen CO2 eingespart

Anschließend sollen je nach Entwicklung öffentliche Liegenschaften (Schulen, Kindergarten, Hallenbad) und weitere Bestandsgebäude im Zuge der ökologischen Sanierung des Quartiers mit einbezogen und aus einer weiteren Heizzentrale mit zunehmend auf erneuerbaren Energieträgern basierender Wärme versorgt werden. Diese große Netzvariante spart am meisten CO2 gegenüber einer dezentralen Wärmeversorgung nach EnEV und EEWärmeG ein, sofern sie zu 100 Prozent regenerativ (etwa aus einem Holzpelletkessel) gespeist wird und ist dann in der Untersuchung sogar wirtschaftlicher als eine Nahwärmeversorgung über ein konventionelles Erdgas-BHKW.
So sind neben den anderen Ergebnissen des Projekts WiEfm die 32 Machbarkeitsstudien, welche konkrete Einzelvorhaben im Projektgebiet untersucht und zum Teil entscheidend nach vorne gebracht haben, zu einem großen Erfolg auf deutscher und niederländischer Seite geworden. Insgesamt wurden dabei Potenziale für eine Energieeinsparung von rund 270.000 Megawattstunden pro Jahr (MWh/a) und eine Bereitstellung von fast 80.000 MWh/a an erneuerbarer Wärme ermittelt. Zudem könnten rund 20.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Acht Projekte sind mittlerweile realisiert worden und sind Beispiele für eine bestmögliche Nutzung klimafreundlicher Wärme.

Umdenken erforderlich

Jetzt muss es auf dieser Grundlage weitergehen und die Umsetzung weiterer Projekte angestrebt sowie neue Projekte initiiert werden. Die Wärmewende kommt in Gang und muss beschleunigt werden. Dafür ist es auch entscheidend, mental den Knopf zum Umdenken zu drücken, wie es auf dem Abschlussworkshop von WiEfm formuliert wurde. Die deutsch-niederländische Zusammenarbeit ist dabei überaus wertvoll.

Dr. Elmar Brügging

Dr. Brügging, ElmarDr. Elmar Brügging ist seit mehr als 18 Jahren in einer Vielzahl von Projekten in umweltrelevanten Bereichen in verantwortlicher Position tätig. Seit 2001 ist er an der FH Münster und arbeitet und forscht in leitender Position mit derzeit 35 Mitarbeitern unter anderem an Entwicklungen von zukunftsfähigen Energie- und Wärmekonzepten.



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