Stadtwerke RatingenVom Versorger zum Umsorger
Bereits im Jahr 1967 wurde im Ratinger Stadtteil West ein erstes zentrales Heizwerk für Fernwärme errichtet. Bedingung des damaligen Vertrags war, dass die Stadtwerke die Haushalte des neu entstehenden Stadtteils nicht nur mit Fernwärme versorgen, sondern auch die Heizkostenabrechnung übernehmen. „Insofern ist das Thema nicht neu für uns“, sagt Frank Schlosser, Bereichsleiter Vertrieb bei den Stadtwerken Ratingen. „Aber die Bedeutung für uns als Stadtwerk hat sich seitdem deutlich verändert.“
Digitalisierung hielt Einzug
Wurde das Verfahren anfangs noch manuell bearbeitet, hielt in den 2000er-Jahren die Digitalisierung Einzug – zunächst über einen Dienstleister. 2019 beschlossen die Stadtwerke dann, die Abrechnung wieder selbst in die Hand zu nehmen. Zum einen wollten sie dadurch die Prozesse effizienter gestalten können. Zum anderen wollten sie die Chance nutzen, über das Angebot neue Geschäftsfelder aufzubauen. Diese Ziele vor Augen setzten sie sich mit ihrem langjährigen Technologiepartner, der Wilken Software Group, zusammen. Die hatte just zu diesem Zeitpunkt beschlossen, eine komplett neue Software für die Heiz- und Nebenkostenabrechnung zu entwickeln.
Das Produkt war eines der ersten, das auf Basis der neuen Wilken-Plattform P/5 entwickelt wurde. Vor allem die Integration in die bestehende Branchensoftware Wilken ENER:GY erwies sich zu Projektbeginn als anspruchsvoll. „Wie immer bei einer Neuentwicklung läuft es am Anfang eher schleppend, weil man nicht an alle möglichen Fallstricke gedacht hat“, berichtet der Verantwortliche für die Heizkostenabrechnung, Andreas Schimansky. „Dann folgen die üblichen Kinderkrankheiten eines Systems. Was aber hervorragend funktioniert hat, war die intensive Zusammenarbeit mit dem Wilken-Team. Aufkommende Fragen zu Problemen und neue Anforderungen konnten wir gemeinsam immer recht schnell klären.“ So entstand nach und nach ein System, das heute nicht nur alle bestehenden Prozesse in Ratingen abbildet, sondern auch als Grundlage für den Aufbau eines neuen Geschäftsfelds dienen soll.
Komplettpaket anbieten
Die Ratinger Stadtwerke betreiben mittlerweile drei Fernheizkraftwerke und zwei Blockheizkraftwerke für die Ratinger Bäder. Auch versorgen sie die rund 92.000 Einwohner Ratingens und den Bäderbetrieb mit Strom, Gas und Wasser. Die Sammlung der Verbrauchsdaten übernimmt die Stadtwerke Tochter KomMITT. Regelmäßig erfasst sie die über 90.000 Strom-, Gas-, Fernwärme- und Wasserzähler und liest auch die rund 25.000 Heizkostenverteiler über Funk aus. „Wir wollen nicht nur Energie liefern, sondern ein Komplettpaket, das alle damit verbundenen Anforderungen aus einer Hand erfüllt“, sagt Frank Schlosser. „Die P/5 Heiz- und Nebenkostenabrechnung versetzt uns in die Lage, alle Prozesse von der Heizkostenverteilung bis zum Inkasso integriert und hochautomatisiert mit der bestehenden ENER:GY-Lösung abzuwickeln. Zudem können wir verschiedene Abrechnungsmodelle flexibel und vor allem eigenständig abdecken.“
Ins Schwarze getroffen
Damit haben die Stadtwerke offenbar ins Schwarze getroffen. Denn ohne das neue Dienstleistungsangebot groß beworben zu haben, wickeln sie bereits für mehr als 5.000 Wohneinheiten die Heiz- und Nebenkostenabrechnung ab. Entscheidend für den Erfolg ist die Nähe zum Kunden. „Im Gegensatz zu den großen Abrechnungsdienstleistern werden wir als der kompetente Partner rund um das Thema Energie vor Ort wahrgenommen“, berichtet Schlosser. Und das über alle Sparten und Nebenkostenarten hinweg. So werden inzwischen nicht nur jene Haushalte abgerechnet, die über das 20 Kilometer lange Fernwärmenetz versorgt werden, sondern zunehmend auch Liegenschaften, die an ganz anderen Wärmequellen angeschlossen sind.
Aufgaben der kommenden Monate
In den kommenden Monaten sollen die zur Heiz- und Nebenkostenabrechnung gehörenden Wilken-Portallösungen eingeführt werden. Über sie werden alle wichtigen Verbrauchs- und Abrechnungsdaten sowohl für die Mieter als auch für die Verwaltung stets aktuell online zur Verfügung gestellt und visualisiert. Bis zur nächsten Abrechnung Ende des Jahres steht außerdem die Umsetzung der Verteilung der CO2-Emissionen auf die einzelnen Wohneinheiten auf dem Programm. „Wir sehen in diesem Geschäftsfeld nicht nur ein großes Wachstumspotenzial, sondern auch die Chance, unser Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Denn allein mit dem Verkauf von Commodities wird man als Stadtwerk in Zukunft kaum überleben können“, prognostiziert Frank Schlosser.
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