Kraft-Wärme-KopplungVom Nutzen des Eigenstroms
Derzeit werden entscheidende Weichen für das Gelingen und die weitere Umsetzung der Energiewende gestellt: Das so genannte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2.0 nimmt die von Wirtschaft und Bürgern gleichermaßen geforderte Reform des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien vor. Die Neufassung des Gesetzes ist in vielerlei Hinsicht ein Schritt in die richtige Richtung: Die erneuerbaren Energien werden in einem nachfrageorientierten Ansatz an den Markt herangeführt, während ihr koordinierter weiterer Ausbau über gleitende Marktprämien und Ausbaukorridore gewährleistet wird.
Zugleich führt das Gesetz auf einen bedenklichen Pfad. Denn künftig wird auch die Eigenstromerzeugung an den Umlagekosten der Energiewende beteiligt. Auf diese Weise soll – so die Überlegung – der über den Aufbau eigener Kraftwerke vorangetriebenen Entsolidarisierung der Wirtschaft Einhalt geboten und zugleich die überproportionale Belastung der privaten Verbraucher gebremst werden.
Wirtschaft trägt 50 Prozent der EEG-Umlage
Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings, dass es dieser Argumentation an faktischer Grundlage mangelt: Im Jahr 2014 tragen Industrie, Handel und Gewerbe nach Angaben des BDEW mit rund zwölf Milliarden Euro etwa 50 Prozent der EEG-Umlagekosten. Weitere 14,5 Prozent tragen Landwirtschaft und öffentliche Einrichtungen. Die privaten Endverbraucher tragen hingegen mit 8,3 Milliarden Euro nur etwa 35 Prozent und sind damit die am geringsten belastete Verbrauchergruppe. Im Jahr 2013 fiel der Industrie-Anteil mit über 52 Prozent noch etwas höher aus. Der private Sektor leistete unverändert 35 Prozent der Kosten. Entgegen landläufiger Meinung wird die Energiewende also zu mehr als 50 Prozent von Handel, Industrie und Gewerbe finanziert, während die privaten Haushalte nur rund ein Drittel beitragen.
Ebenso wenig belegen lässt sich ein Anstieg der industriellen Eigenversorgung im Zuge der Energiewende. Das Gegenteil ist richtig: Eine aktuelle, im Auftrag der vier Übertragungsnetzbetreiber erstellte Studie zeigt für die Jahre ab 2010 sogar sinkende Strom-Mengen in diesem Segment. Für das Jahr 2014 wird ein Niveau von rund 42 GWh prognostiziert – das entspricht ungefähr dem Wert des Jahres 2007.
Industrielle Eigenstromerzeugung
Kaum gewürdigt wird dagegen der Nutzen stiftende Beitrag der industriellen Eigenstromerzeugung. Bis zu 25 Prozent des gesamten Industrieverbrauchs an Energie werden derzeit per Eigenversorgung und somit hocheffizient, emissionsarm und flexibel gewonnen. Die damit einhergehenden positiven Effekte für Wirtschaftsstandort wie Energielandschaft bleiben zu oft unerwähnt:
Die industrielle Energieerzeugung sichert Flexibilität: Der Ausbau fluktuierender Erzeugung als Rückgrat der deutschen Energieversorgung muss notwendig mit dem Aus- und Aufbau hochflexibler Erzeugungskapazitäten einhergehen, die hohe Effizienz auch im intermittierenden und Teillastbetrieb gewährleisten. Genau dies leistet die industrielle Eigenstromerzeugung, bei der in der Regel kleine Gasturbinen und Gasmotoren zum Einsatz kommen, die dafür technisch besonders geeignet sind. Sie sind emissionsarm und können wichtige Systemdienstleistungen erbringen.
Die industrielle Energieerzeugung sichert die Versorgung: Industriekraftwerke dienen in aller Regel der Absicherung der eigenen Stromversorgung gegen Ausfälle im öffentlichen Netz oder stellen punktgenau große Mengen an Energie zur Verfügung, die anders nicht beziehbar wären.
Die industrielle Energieerzeugung sichert den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Das Energiekonzept der Regierung sieht einen Ausbau des KWK-Anteils an der Erzeugungsbasis auf 25 Prozent vor. Erreicht sind bislang aber erst 17 Prozent. Ohne den Beitrag der industriellen Eigenstromerzeugung ist das Ausbauziel schwerlich zu verwirklichen.
Tatsächlich ist ein Erreichen der KWK-Ziele ohne Industriekraftwerke nahezu ausgeschlossen. Schon jetzt stellen Kraftwerke, mit denen die Unternehmen Teile des eigenen Strom- und Wärmebedarfs decken, rund ein Drittel des erzeugten KWK-Stroms zur Verfügung. Dieser Beitrag ist in den vergangenen zehn Jahren nahezu kontinuierlich gestiegen. Dennoch ist der Ausbau der besonders effizienten Kraft-Wärme-Kopplung in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten. Ohne den Industriebeitrag wird er weiter gebremst. Das können wir uns nicht leisten, denn Deutschland läuft den von der EU definierten Effizienzzielen deutlich hinterher.
Augenmaß entscheidet
Über die einer Belastung der Eigenstromerzeugung folgenden und möglicherweise schädlichen Konsequenzen entscheidet das Augenmaß der Parlamentarier. Eine substanzielle Schwächung des Investitionsmodells wird den Bau neuer Industriekraftwerke in Deutschland zum Erliegen bringen – mit negativen Folgen für die Energieeffizienz des Wirtschaftsstandorts und der Energielandschaft. Ein moderater Solidarbeitrag hingegen ist denkbar: Der Gesetzgeber konnte sich bisher immer auf den guten Willen der deutschen Industrie verlassen, die sich wiederholt und deutlich zum Projekt der Energiewende bekannt hat und immer bereit war, einen Beitrag zu dessen Gelingen zu leisten.
Zwingende Voraussetzung aber ist, dass in Deutschland auch zukünftig noch rentabel KWK betrieben werden kann. Gerade in Anbetracht zunehmender CO2-Emissionen müssen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Emissionsreduktion in das Zentrum der Energiewende rücken. Kann das EEG 2.0 die sichere Zukunft der KWK nicht gewährleisten, dann muss über das im Laufe dieses Jahres ebenfalls zur Neufassung anstehende KWK-Gesetz ein Ausgleich geschaffen werden.
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