ElektromobilitätVerlässlichen Rahmen schaffen
Elektroautos werden für Fahrzeughalter immer attraktiver. So weisen die Zahlen des Kraftfahrtbundesamts eine erhebliche Steigerung bei der Zulassung von Elektro-Pkw in jüngster Zeit auf. Wurden 2016 im gesamten Jahr etwas mehr als 11.000 Elektroautos neu zugelassen, so waren es im Jahr 2020 bereits fast 200.000. Das ist vor allem ein Resultat der Aufbauarbeit, welche die Energiewirtschaft in den vergangenen Jahren bei der öffentlichen und privaten Lade-Infrastruktur geleistet hat.
Ausbau beschleunigen
Diese positive Tendenz darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Elektromobilität in Deutschland nach wie vor einen schweren Stand hat. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). Dabei wurden 10.000 Autofahrer danach gefragt, welche Umstände gegeben sein müssten, damit sie sich beim nächsten Autokauf für ein E-Auto entscheiden würden. Fast 39 Prozent der Befragten gab an, sich unter keinen Umständen ein solches zulegen zu wollen. Gerade einmal 3,9 Prozent sind schon heute vom Elektroauto überzeugt. Damit sich Autofahrer für ein E-Auto entscheiden, müssen diese nach Ansicht der Befragten eine verbesserte Reichweite haben (38,1 Prozent) und günstiger sein (35,8 Prozent). Erst auf dem dritten Platz landet die Forderung nach einem Ausbau der öffentlichen Ladesäulen (31,4 Prozent).
Zehn Millionen Elektrofahrzeuge
Wenngleich vorrangig also die Automobilhersteller ihre Produkte verbessern müssen, ist der Ausbau der Lade-Infrastruktur entscheidend für die Verkehrswende. Für das Jahr 2030 hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen. Eine Studie des Bundesverkehrsministeriums, die auf den Planungen der großen deutschen und internationalen Kraftfahrzeughersteller beruht, kommt zu dem Ergebnis, dass bis dahin aber bereits knapp 15 Millionen Fahrzeuge unterwegs sein könnten. Das wären 50 Prozent mehr Fahrzeuge, als den Planungen der vergangenen Jahre zugrunde gelegt wurde. Im Moment steht der Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge noch ein starkes Überangebot an verfügbaren Ladepunkten gegenüber. Dieses Verhältnis kann sich jedoch schnell ändern, wenn nicht jetzt die Weichen für eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus der Lade-Infrastruktur gestellt werden.
Die Stadtwerke haben in den vergangenen Jahren einen erheblichen Beitrag dazu geleistet. Mittlerweile befinden sich von circa 32.000 öffentlichen Ladepunkten in Deutschland fast 17.500, also etwas mehr als die Hälfte, in kommunaler Hand. Die kommunalen Unternehmen sind somit die treibende Kraft beim Ausbau öffentlicher Ladepunkte. Damit sie auch in Zukunft die notwendigen Investitionen tätigen können, müssen bestehende Hemmnisse zügig abgebaut und die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Lade-Infrastruktur optimiert werden.
Flächen, Flächen, Flächen
Unter anderem bedarf es schleunigst mehr Flächen für den Ausbau. Darauf muss der Rechtsrahmen für die Elektromobilität ausgerichtet werden. So war es richtig, dass etwa das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) während des parlamentarischen Verfahrens noch einmal sinnvoll erweitert wurde und nun auch Quartierslösungen in den Blick nimmt.
Entscheidend ist, dass alle Akteure, die Zugriff auf Flächen haben, an einem Strang ziehen. Dazu müssen Kommunen, Energiewirtschaft, Automobilwirtschaft, Handel und Wohnungswirtschaft an einen Tisch. Die Erfahrung zeigt: Nichts geschieht, wenn es nicht vor Ort geschieht. Die konkrete Umsetzung des Lade-Infrastrukturausbaus findet in den Kommunen statt. Daher sollten dort Elektromobilitätsmanager die lokalen Akteure zusammenbringen und die notwendigen Flächen aktivieren.
Hinsichtlich des Bezahlens wird immer wieder die Forderung laut, dass der Strom am öffentlichen Ladepunkt nicht teurer sein dürfe als Haushaltsstrom. Bei dieser Debatte brauchen wir mehr Seriosität.
Hohe Kosten
Denn klar ist: Aufbau und Betrieb öffentlich zugänglicher Ladepunkte kosten sehr viel Geld. Die größten Posten bei der Investition stellen die Baukosten, die Kosten für die technischen Anlagen und vor allem der Netzanschluss dar. Auch die laufenden Kosten sind recht hoch. Laut einer Befragung der VKU-Mitgliedsunternehmen ist bei einer Ladesäule auf öffentlichem Straßenland üblicherweise mit rund 600 Euro pro Jahr und Ladepunkt für die technische und wirtschaftliche Betriebsführung zu rechnen. Die Kosten für den Strom sind hier noch nicht einkalkuliert. Zudem müssen oft noch die Kosten für den Kapitaldienst eingeplant werden, da insbesondere Schnellladestandorte mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro nicht zu den Investitionen gehören, die aus der Portokasse finanziert werden. Diese Kosten müssen perspektivisch – eine entsprechende Auslastung der Standorte vorausgesetzt – aus dem Betrieb refinanziert werden. Daher werden sie sich – neben den regulären Kosten für den Strombezug – auch im Preis für den Ladestrom wiederfinden müssen.
Stadtwerke sind jedoch nicht nur beim Ausbau der Lade-Infrastruktur für die Elektromobilität aktiv. Kommunale Unternehmen vollbringen als Verteilnetzbetreiber seit Jahren eine enorme Integrationsleistung. Das gilt im zunehmenden Maße für die Integration der erneuerbaren Energien, die zu 95 Prozent ans Verteilnetz angeschlossen sind, aber auch für die Integration neuer, flexibler Verbraucher wie Wärmepumpen oder eben Elektroautos.
Spitzenglättung verabschieden
Um die steigenden Herausforderungen der Energiewende auch in Zukunft bewältigen zu können, brauchen die Netzbetreiber einen angemessenen Refinanzierungsrahmen für Netzausbau und -betrieb. Darüber hinaus benötigen sie die richtigen Instrumente, um einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb aufrechtzuerhalten. Dazu gehört die sich aktuell in der Diskussion befindliche so genannte Spitzenglättung.
Eigentlich war die Debatte hier schon einen erheblichen Schritt weiter. Ein zweijähriger Diskussions- und Gutachterprozess hat gezeigt, dass sich die grundsätzliche Ausrichtung der Spitzenglättung, wie sie der bisherige Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorsah, als beste und wirksamste Lösung erwiesen hat. Sie bringt den Hochlauf der Elektromobilität mit Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz in Einklang und so die Verkehrswende weiter voran. Zwar stellt das Stromnetz bislang nicht den Flaschenhals für den Ausbau der Lade-Infrastruktur dar. Aber ohne die Option, Lastspitzen bei einer zeitweiligen Überbeanspruchung des Netzes zu glätten, kann es in ein paar Jahren in einigen Netzgebieten zu erheblichen Verzögerungen beim Anschluss neuer Ladestationen kommen. Mit Spitzenglättung können drei- bis viermal mehr Ladestationen kurzfristig angeschlossen und in einen sicheren Netzbetrieb integriert werden.
Es wäre ein erheblicher Rückschritt, sollte der parlamentarische Prozess um die Spitzenglättung nun neu aufgerollt werden. Der Gesetzentwurf sollte nicht auf die lange Bank geschoben und eine Lösung noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Es bedarf jetzt der richtigen Instrumente für die Integration neuer, flexibler Verbrauchergruppen und für einen planbaren, verlässlichen und sicheren Netzbetrieb.
Die Ermöglicher vor Ort
Die Stadtwerke engagieren sich in verschiedenen Bereichen, die für den Erfolg der Elektromobilität zentral sind. Dieses Engagement wollen sie fortsetzen und somit die Ermöglicher vor Ort sein. Dazu brauchen sie jedoch sowohl für den Ausbau der Lade-Infrastruktur als auch für die Integration der Elektromobilität in das Stromnetz verlässliche Rahmenbedingungen. Wie diese aussehen müssen, war auch ein Thema der Diskussion mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf der diesjährigen Verbandstagung des VKU, die am 9. März als rein digitales Event stattfand.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2021 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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