Dienstag, 15. April 2025

SüdWestStromVerlängerte Werkbank der Stadtwerke

[05.06.2015] Gemeinsam, unabhängig, stark – so lautet das Motto der Südwestdeutschen Stromhandelsgesellschaft (SüdWestStrom). Geschäftsführer Daniel-Klaus Henne sowie Vertriebsleiter Stefan Fella erklären, wie Stadtwerke von der Beschaffungskooperation profitieren können.
Daniel-Klaus Henne

Daniel-Klaus Henne

(Bildquelle: K21 media)

Herr Henne, Herr Fella, SüdWestStrom wurde als Kooperation von 30 baden-württembergischen Stadtwerken gegründet. Mittlerweile hat das Unternehmen 57 verschiedene Gesellschafter. Wie hat sich SüdWestStrom entwickelt?

Henne: SüdwestStrom ist entstanden aus so genannten Arbeitsgemeinschaften der Strombezieher, also Verbünden von Stadtwerken, die gemeinsam Strom eingekauft haben. Es begann mit vier Stadtwerken, die gemeinsam beschafft haben und die Idee des marktorientierten Einkaufs umsetzen wollen. Das waren die Stadtwerke Tübingen, Mühlacker, Mössingen und das Überlandwerk Eppler in Dotternhausen. Durch den marktorientierten Ansatz konnten zu Beginn der Liberalisierung die Einkaufspreise für Strom um 50 Prozent gesenkt werden. Daraus hat sich eine Beschaffungs- und Dienstleistungsplattform entwickelt, die heute in einem normalen Jahr zwischen 33 und 35 Terawattstunden Strom und Gas für die Kunden beschafft.

Fella: Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir den Stadtwerken nichts aufdrücken. Dazu gehört auch, ihnen die Wahlfreiheit zu geben: Ein Kunde muss nicht zwangsläufig bei uns Gesellschafter sein, ein Gesellschafter muss auch nicht zwingend Kunde sein.

SüdWestStrom versteht sich als Dienstleister für kleinere und mittlere Stadtwerke. Welche weiteren Services bieten Sie an?

Henne: Mit neuen Regelungen des Energierechts kamen neue Dienstleistungen hinzu. Wir unterstützen heute die Stadtwerke beispielsweise beim Energiedaten-Management, bei einem preisorientierten Last-Management und wir entwickeln neue Dienstleistungen im Bereich Smart Metering für Netzbetreiber.

Welche Vorteile haben Gesellschafter?

Henne: SüdWestStrom hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Wir haben das eingesetzte Kapital der Gesellschafter innerhalb kürzester Zeit mehr als verzehnfacht. Das klingt gut, ist aber primär nicht unser Ansatz. Es geht darum, Unabhängigkeit in der Beschaffung zu erreichen – und das nachhaltig.

#bild2Fella: Es gibt eine ganze Bandbreite von Vorteilen: Das fängt bei einer vernünftigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals an. Zudem binden wir die Gesellschafter intensiv in die Gestaltung unserer Leistungen ein. Wir sind gerade dabei, vermehrt den informellen Austausch zu pflegen. In regelmäßig stattfindenden Kamingesprächen wollen wir uns über aktuelle Themen der Energiebranche austauschen. Ein Vorteil, der nicht unterschätzt werden darf, ist der Community-Gedanke: Wir halten zusammen, wir tun uns zusammen und schaffen damit etwas. Darauf sind wir angewiesen. Wir erarbeiten gemeinsam Lösungen.

In welchen weiteren Bereichen unterstützen Sie die Stadtwerke, etwa beim Thema Smart Home?

Henne: Smart Home oder Smart Metering sind als Themenfelder interessant. Als eigenständiges Geschäftsmodell sind sie aber kaum rentabel. Angenommen, wir lassen den gesamten Haushalt mit börsenoptimierten Strompreisen laufen – angefangen von der Spülmaschine über den Wäschetrockner bis hin zur Waschmaschine. In ein paar Jahren kommt vielleicht noch das Elektroauto hinzu. Die Einsparungen durch spezielle Tarife wären zu gering. Die Kosten für die ganze Technologie, die da dahinterstehen, müssten deutlich sinken. Der finanzielle Anreiz für Kunden wurde bislang überschätzt. Auch das BMWi hat diese Potenziale kürzlich als wesentlich geringer eingeschätzt.

Zumindest für den einzelnen Verbraucher. Wie sieht es bei Großbetrieben aus?

Henne: Da sieht es in der Tat anders aus. Dafür haben wir ein preisorientiertes Last-Management. Wir optimieren nicht nur die Erzeugung, sondern wir können auch das Abnahmeverhalten auf der Verbraucherseite steuern. Wir sehen hier große Synergieeffekte für die Stadtwerke und nachhaltige Potenziale im Energy-Only-Markt. Das kann sicherlich ein Geschäftsfeld werden.

Fella: Unsere Dienstleistungen betreffen Daten-Management und Big Data. Das sind die großen Themenfelder, auf die wir uns konzentrieren. Zudem unterstützen wir Kommunen bei der Rekommunalisierung und helfen den Stadtwerken, sich im Vertrieb aufzustellen. Denn viele Stadtwerke kennen ihre Kunden nur eingeschränkt. Ein weiterer Bereich ist die Flexibilisierung kleiner Erzeugungsanlagen, gekoppelt mit der Wärmeversorgung. Wir empfehlen unseren Stadtwerken, das Thema Wärmeversorgung auf die Agenda zu setzen, um die Wertschöpfungskette beim Kunden zu verlängern. Auch beim Thema Smart Metering könnten wir uns vorstellen, die Stadtwerke in Zukunft dabei zu unterstützen, entsprechende Produkte für ihre Kunden auf den Markt zu bringen.

„Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren.“
Energieversorger bewegen sich derzeit in einem unsicheren Umfeld. Wie beurteilen sie die aktuelle Energiepolitik?

Henne: Ich war überrascht, wie vernünftig die Diskussionen und Entscheidungen bisher über die Bühne gingen. Beispielsweise die Marktstrukturen: Jetzt reden wir nicht mehr über Kapazitätsmärkte, sondern über strategische Kapazitätsreservemärkte. Die Politik muss zwar derzeit in einem Stückwerk Entscheidungen treffen, geht damit aber in eine positive Richtung. Beim Thema Kraft-Wärme-Kopplung gibt es allerdings noch Nachholbedarf. Bisher war hier die politische Botschaft, dass man die Ziele etwas herunterschraubt und die Förderung leicht erhöht. Wir begrüßen, dass die KWK-Förderung künftig an die Einspeisepflicht gekoppelt sein wird. Aber: Muss es denn wirklich die Förderung sein? Wäre es stattdessen nicht möglich, mittels einer Umverteilung die EEG-Umlage zu senken? Wir könnten uns aber auch überlegen, wie sich das in Marktdesign packen lässt, damit Flexibilität entsteht.

Fella: Die Entwicklung in der Politik hat dazu geführt, dass nicht nur die großen Erzeuger im Fokus stehen. Themen wie der Vertrieb werden wieder verstärkt wahrgenommen. Das schätze ich als positiv ein. Uns kommt zugute, dass wir ein Unternehmen für Stadtwerke sind. Man traut uns zu, dass wir verstehen, was Stadtwerke brauchen. Wir treten auch nicht in Konkurrenz zu ihnen, sondern sehen uns als verlängerte Werkbank der Stadtwerke. Die mitunter vorhandene Sprunghaftigkeit der Energiepolitik ist aber auch für uns eine Herausforderung.

Was müsste getan werden, damit mehr Anreize für Flexibilität entstehen?

Henne: Es sollten die bereits bestehenden Technologien für flexible Erzeugung auch tatsächlich nutzbar gemacht werden. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung beispielsweise könnten mit einer hocheffizienten Energiespeicherung alle Preisschwankungen abgefangen werden. Gleichzeitig wird die Wärmeversorgung hocheffizient und wirtschaftlich. Für die Politik und Wirtschaft, aber auch für die Kommunen und die Stadtwerke ist das von Vorteil. Der Gewinner wäre schlussendlich das Klima. Der Dreh- und Angelpunkt ist, Subventionen rigoros zu streichen. Dann wird der Markt es richten und es werden Investitionsanreize geschaffen.

Interview: Alexander Schaeff, Marc Tosenberger

Daniel-Klaus Henne, Stefan FellaDaniel-Klaus Henne ist Geschäftsführer der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH (SüdWestStrom), Stefan Fella ist dort Vertriebsleiter. Zuvor war er Abteilungsleiter Privat- und Gewerbekunden bei der Energieversorgung Offenbach AG.

Stichwörter: Unternehmen,


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Gütersloh: Rückkauf der Anteile an Stadtwerk

[14.04.2025] Die Stadt Gütersloh und die Stadtwerke Bielefeld haben sich auf zentrale Punkte für den Rückkauf der Anteile an den Stadtwerken Gütersloh verständigt. Ziel ist es, die 2002 veräußerten Gesellschaftsanteile noch in diesem Jahr zurückzuführen – vorbehaltlich der Zustimmung der politischen Gremien. mehr...

Stadtwerk am See: Vertrag mit Bürkle verlängert

[09.04.2025] Der Aufsichtsrat des Stadtwerks am See hat den Vertrag mit Geschäftsführer Alexander-Florian Bürkle ein Jahr vor Ablauf um fünf Jahre verlängert. Bürkle soll den erfolgreichen Kurs des Energieversorgers der Bodenseeregion fortsetzen. mehr...

Trianel: Fortschritte bei Nachhaltigkeitsberichterstattung

[08.04.2025] Eine aktuelle Trianel-Studie zeigt: Stadtwerke kommen bei der Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD zunehmend voran. mehr...

Stadtwerke Amberg: Übernahme von Tiefbauunternehmen

[08.04.2025] Die Stadtwerke Amberg haben zum April 2025 das traditionsreiche Tiefbauunternehmen Arbogast übernommen. Damit sichern sie 28 Arbeitsplätze, erweitern ihr Leistungsspektrum und stärken ihre Rolle in der regionalen Energiewende. mehr...

enercity: Solides Ergebnis

[04.04.2025] Das Energieunternehmen enercity ist mit dem Verlauf des Geschäftsjahres 2024 zufrieden. Der Umsatz lag bei 7,35 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (EBIT) bei 389 Millionen Euro. Trotz eines Rückgangs gegenüber 2023 liegen die Zahlen über den Vorjahreswerten. mehr...

Stadtwerke Münster: Nachhaltigkeit im Fokus

[04.04.2025] Obwohl die EU die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung erst ab 2026 vorsieht, wollen die Stadtwerke Münster bereits in diesem Jahr einen Report über ihre ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Leistungen vorlegen. mehr...

BET Consulting: Hölscher als Partner gewonnen

[04.04.2025] Der Energieexperte Heinz-Werner Hölscher verstärkt als assoziierter Partner das Beratungshaus BET Consulting. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Branche soll er insbesondere die Bereiche Netze, Wärme und erneuerbare Energien voranbringen. mehr...

MVV: Clemens übernimmt

[02.04.2025] Gabriël Clemens übernimmt ab den 1. April 2025 den Vorstandsvorsitz der MVV Energie AG. mehr...

Stadtwerke Hürth: KI-gestützte Kundenkommunikation

[02.04.2025] Die Stadtwerke Hürth setzen als erster kommunaler Versorger in Deutschland auf eine vollständig KI-gestützte Kundenkommunikation per WhatsApp. Das System beantwortet Anfragen eigenständig und automatisiert, ohne dass Mitarbeiter eingreifen müssen. mehr...

MVV/Ostrom: Kooperation für dynamische Stromtarife

[01.04.2025] Das Mannheimer Energieunternehmen MVV und der Berliner Stromanbieter Ostrom arbeiten künftig zusammen, um Haushalte bei der Nutzung dynamischer Stromtarife zu unterstützen. mehr...

Langmatz Symposium: Netzausbau verzahnen

[28.03.2025] Der gemeinsame Ausbau von Daten- und Stromnetzen stand im Mittelpunkt des diesjährigen Langmatz Symposiums. Ein Beispiel aus Österreich zeigte, wie dies funktionieren kann. mehr...

Robotron: Kooperation mit Cosmo Consult

[20.03.2025] Robotron Datenbank-Software und Cosmo Consult haben jetzt eine strategische Partnerschaft geschlossen, um die Abwicklung energiewirtschaftlicher Abrechnungsprozesse zu optimieren. Durch die Integration einer neuen Finanzbuchhaltungssoftware in die Robotron-Energiemarkt-Plattform soll der Meter-to-Cash-Prozess effizienter und nahtloser gestaltet werden. mehr...

EWP: Teil der Leipziger Energiebörse

[10.03.2025] EWP ist seit dem 27. Februar 2025 Mitglied an der Leipziger Energiebörse EEX. Damit sichert sich der Potsdamer Versorger die Möglichkeit, Strom und Gas direkt an der Börse zu handeln und so unabhängiger von Krisen am Energiemarkt zu werden. mehr...

Trianel Energieprojekte: Ganzheitlicher Ansatz

[04.03.2025] Trianel Energieprojekte hat im vergangenen Jahr das Geschäft mit erneuerbaren Energien weiter ausgebaut. Der kommunale Projektentwickler errichtete bundesweit neue Solarparks und erhielt wichtige Genehmigungen für Windkraftanlagen. mehr...

Stadtwerk am See: Ausbildung in der virtuellen Realität

[26.02.2025] Das Stadtwerk am See nutzt seit Jahresbeginn virtuelle Realität in der Ausbildung seiner Elektrotechnik-Azubis. Die Technologie ermöglicht es den Nachwuchskräften, Arbeiten im Mittelspannungsnetz realitätsnah und gefahrlos in einer virtuellen Umgebung zu trainieren. mehr...