BitkomUmfrage zur Energiewende
Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sind jetzt erschienen. Durchgeführt hat der Bitkom die Befragung unter 1.002 Menschen in Deutschland ab 18 Jahren von Januar bis Mitte Februar 2022. Wie der Bitkom mitteilt, wollen der Umfrage zufolge 8 von 10 Menschen in Deutschland (79 Prozent) bewusst weniger Energie verbrauchen, um einen aktiven Beitrag zur Energiewende zu leisten. Allerdings fehlten vielen von ihnen die dazu nötigen Informationen. So wünschten sich 71 Prozent mehr Transparenz zum Stromverbrauch von einzelnen Geräten und 69 Prozent präzisere und leichter zugängliche Informationen über ihren Stromverbrauch insgesamt. 40 Prozent der Menschen in Deutschland wüssten zudem nicht, wie hoch der Verbrauch ihres Haushaltsstroms pro Jahr überhaupt ist, und 30 Prozent könnten nicht die Höhe ihrer monatlichen Abschlagszahlung beziffern.
Die Umfrage wurde unmittelbar vor der russischen Invasion der Ukraine durchgeführt. Matthias Hartmann, Mitglied des Bitkom-Präsidiums, erläutert: „Die Menschen in Deutschland wollen die Energiewende aktiv unterstützen. Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Menschen zusätzlich sensibilisiert, Energie einzusparen, um unabhängiger von russischen Öl- und Gasimporten zu werden. Jetzt geht es um Information, praktische Hilfestellung und finanzielle Anreize. Während wir auf dem Smartphone jederzeit unser verbrauchtes Datenvolumen einsehen können und Autos in Echtzeit den Spritverbrauch anzeigen, gibt es eine solche Transparenz beim Stromverbrauch zu Hause in der Regel nicht. Dabei sind die digitalen Technologien längst da, um Verbraucherinnen und Verbraucher beim Energiesparen zu unterstützen.“
Großes Interesse an Smart Meter
Angaben des Bitkom zufolge interessiert sich mittlerweile mehr als die Hälfte der Deutschen (57 Prozent) für Smart Meter, also digitale, internetfähige Messgeräte für Wärme oder Strom, die den Verbrauch automatisch an die Anbieter übertragen. 20 Prozent könnten sich die Nutzung auf jeden Fall vorstellen, weitere 37 Prozent könnten sich dies eher vorstellen. Zu Beginn der Markteinführung der Smart Meter im Januar 2020 hätten sich erst 36 Prozent der Menschen in Deutschland offen gegenüber dieser Technologie gezeigt. Ihr Einbau sei aktuell für Haushalte mit einem hohen Stromverbrauch von mehr als 6.000 Kilowatt pro Jahr vorgeschrieben. Auch der Bekanntheitsgrad von Smart Metern sei in den vergangenen zwei Jahren gestiegen: 33 Prozent hätten noch nie davon gehört oder gelesen. Im Januar 2020 haben noch 42 Prozent nichts mit der Technologie anfangen können. Andere Länder seien Deutschland in diesem Bereich teils viele Jahre voraus. Während in Spanien bereits seit 2018 nahezu alle Haushalte über Smart Meter verfügten, sei der Smart-Meter-Roll-out in Schweden schon seit 2009 abgeschlossen. In Italien seien bereits im Jahr 2001 erste Smart Meter in Haushalten verbaut worden. In den Niederlanden liege die Einbauquote mittlerweile bei über 95 Prozent. „Smart Meter bringen Intelligenz in die Netze und sind zentral für eine erfolgreiche Energiewende“, betont Hartmann. „Deutschland muss schnell Anreize schaffen, um den Roll-out zu beschleunigen, etwa durch Förderprogramme, weniger Bürokratie, kosteneffiziente Lösungen und realitätsnahe technische Standards.“
Laut Bitkom interessiert sich konkret eine Mehrheit von 65 Prozent der Deutschen für die Verbräuche einzelner Geräte in ihrem Haushalt, um so Stromfresser identifizieren zu können. 60 Prozent hätten gerne auf ihr persönliches Verhalten ausgerichtete Informationen, wie sie direkt Strom sparen können. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) sei am CO2-Ausstoß interessiert, der aus dem eigenen Verbrauch resultiert.
Label für energieeffiziente Heizungen erwünscht
Auch beim Thema Heizen wünschten sich die Menschen in Deutschland mehr Transparenz. So würden drei Viertel (75 Prozent) ein Siegel oder Label begrüßen, das zeigt, ob die eigene Heizung energieeffizient ist. 68 Prozent wünschten sich intelligente Zähler, die in Echtzeit anzeigen, wie viel Energie die Heizung gerade verbraucht. 59 Prozent könnten sich außerdem vorstellen, ihre Verbrauchsdaten anonymisiert dem Ersteller der Heizkostenabrechnung zu übermitteln. „Insbesondere beim Thema Heizen könnten wir mit einer konsequenten Digitalisierung den Energieverbrauch massiv senken und die Energieeffizienz steigern. Heizungen gehören zu den größten CO2-Emittenten in Deutschland“, sagt Bitkom-Präsidiumsmitglied Matthias Hartmann. „Schon die im Klimaschutzgesetz formulierten Einsparziele für das Jahr 2020 wurden seitens des Gebäudesektors nicht erfüllt. Aktuelle Abschätzungen zeigen, dass die Ziele auch 2021 verfehlt wurden. Um Energie zu sparen, brauchen wir nicht nur die klassische energetische Sanierung, sondern vor allem eine smarte Steuerung von Heizungsanlagen – in Gewerbeimmobilien ebenso wie in Privathaushalten. Wir brauchen eine digitale Renovierungswelle.“
Diese Ansicht, so der Bitkom, teilen viele Menschen. So meinten 65 Prozent der Deutschen, alte Gebäude sollten, wenn möglich, mithilfe digitaler Technologien effizienter gemacht werden. Ein Viertel (28 Prozent) würde mehr Miete für eine Wohnung bezahlen, wenn sie mit energiesparenden Smart-Home-Anwendungen ausgestattet ist. In vielen Haushalten seien entsprechende Tools und Anwendungen schon eingebaut: Fast ein Fünftel (18 Prozent) nutze smarte Heizkörper und Thermostate, die in der Lage sind, die Temperatur in der Wohnung immer optimal anzupassen – beispielsweise abhängig davon, ob gerade gelüftet wird, ob Personen anwesend sind und teilweise sogar unter Berücksichtigung der Wettervorhersage. „Während des Lüftens die Heizung ausstellen oder sie herunter drehen, wenn man das Haus verlässt – das wird häufig vergessen. Mit smarten Thermostaten können Haushalte mit kleinstem Einsatz erheblich Energie sparen“, betont Hartmann. Der Umfrage zufolge haben 16 Prozent intelligente Rollläden oder Markisen – eine smart gesteuerte, automatische Verschattung kann an heißen Tagen für Kühlung sorgen. Jeder und jede Zehnte (zehn Prozent) nutze elektronische Verbrauchszähler oder Energiemonitore, die helfen, den Energieverbrauch im eigenen Zuhause zu erfassen. Hartmann erläutert: „Jetzt sind auch die Verbraucherinnen und Verbraucher gefordert. Ein großer Teil des Endenergieverbrauchs geht für warme Wohnungen und warmes Wasser drauf. Wir können alle einen Beitrag dazu leisten, die Energiewende zu beschleunigen und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern.“
Große Mehrheit unterstützt die Energiewende
Die Umfrage zeigt außerdem, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland die Energiewende grundsätzlich unterstützt und den Umstieg von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas sowie Atomenergie hin zu Wind- oder Sonnenenergie für richtig hält (81 Prozent). Vielen Bürgerinnen und Bürgern gehe die Energiewende jedoch nicht schnell genug. 71 Prozent bewerteten das Tempo als zu langsam, wobei es 45 Prozent als viel zu langsam und 26 Prozent als eher zu langsam ansehen. Lediglich für ein Fünftel (19 Prozent) sei das Tempo genau richtig. Der Anteil derer, denen die Energiewende zu schnell geht, sei mit sechs Prozent verschwindend gering. 72 Prozent der Deutschen stimmten der Aussage zu, die Energiewende werde ohne digitale Technologien nicht zu bewältigen sein. 69 Prozent sehen in digitalen Stromnetzen die Grundlage für die Energieversorgung der Zukunft.
Gleichwohl bestehe bei den Menschen in Deutschland auch die Angst, dass das Stromnetz anfällig für Cyber-Attacken sein könnte. Zwei Drittel (68 Prozent) machten sich Sorgen, dass Hacker ein digitalisiertes Stromnetz lahmlegen könnten. Deutlich geringer sei die Sorge, dass ein Blackout generell durch den Umstieg auf erneuerbare Energien geschehen könnte – etwa an Tagen ohne Sonnenschein und Wind (33 Prozent). „Mit zunehmender Kriegsdauer gibt es Warnungen vor Cyber-Angriffen auf Energieversorger auch in Deutschland. Mehr denn je ist derzeit im deutschen Cyber-Raum volle Aufmerksamkeit und größtmögliche Wachsamkeit aller Unternehmen, Organisationen und staatlichen Stellen geboten“, betont Hartmann. „Die IT-Sicherheit muss weiter gestärkt werden, um frühzeitig Angriffe auf kritische Infrastrukturen erkennen und abwehren zu können.“
Mehr Tempo bei Smart-Meter-Ausbau gefordert
Aus der Umfrage geht des Weiteren hervor, dass sich eine breite Mehrheit von 86 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mehr Informationen für Eigentümer und Mieter zum Energiesparen wünscht, um die Energiewende schnell voranzutreiben. 60 Prozent forderten die Beschleunigung des Smart-Meter-Ausbaus in Deutschland. Fast die Hälfte (48 Prozent) finde, energiesparende Smart-Home-Technologien müssten stärker staatlich gefördert werden. Bitkom-Präsidiumsmitglied Hartmann betont: „Bund und Länder sollten den großen Zuspruch für die Energiewende nutzen und den Ausbau der Erneuerbaren schnell vorantreiben.“ Neben konkreten Beratungsangeboten für die Bürgerinnen und Bürger und einem beschleunigten Smart-Meter-Roll-out sei auch nötig, die Nutzung anonymisierter Verbrauchsdaten zu erleichtern, um so weitere Einsparpotenziale zu heben. „Zudem müssen wir die schon vorhandenen digitalen Technologien für mehr Energieeffizienz umgehend in die Haushalte bringen – dazu gehören insbesondere automatisierte Steuerungssysteme für Heizung, Klima und Warmwasser. Digitale Technologien prägen das Energiesystem der Zukunft und können der Energiewende jetzt einen entscheidenden Boost verleihen.“
Hier finden Sie den Bitkom-Leitfaden „Erfolgsfaktoren für einen zügigen Smart Meter Rollout“.
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