OrtsnetzstationenTrafostation im Internet der Dinge
Energie aus Wind, Sonne und Wasser wird meist in lokale Verteilnetze eingespeist. Das stellt neue Anforderungen an Infrastrukturen, die herkömmliche Netze nicht abdecken. Hier kommen intelligente Netze (Smart Grids) ins Spiel, die Erzeugung, Speicherung und Verbrauch von Energie aufeinander abstimmen. Ein Aspekt hiervon ist die Überwachung von Ortsnetzstationen. Energieversorger müssen eine vorgeschriebene Spannungsqualität nach der Norm DIN EN 50160 einhalten, die Frequenz, Höhe, Kurvenform und Symmetrie der Außenleiterspannungen bestimmt. Im laufenden Betrieb verändern sich diese Faktoren jedoch ständig, verursacht durch Lastschwankungen, Störeinflüsse oder durch Fehler wie Kurzschlüsse. Die Spannungsänderungen sollten dabei um nicht mehr als zehn Prozent von der Nennspannung abweichen.
Kostspielige IT-Anbindung
In den lokalen Trafostationen erfolgt die Zustandsüberwachung mit Strom- und Spannungsmessgeräten sowie Kurz- und Erdschlussanzeigern, die Messwerte bislang kabelgebunden oder per Mobilfunk zur Auswertung an eine Zentrale senden. Informationen zur Temperatur in der Ortsnetzstation oder zu Umgebungszuständen wie Tür auf/Tür zu wurden selten oder gar nicht gesammelt. Bislang ist die IT-Anbindung von Ortsnetzstationen aufwendig und kostspielig. Dabei ist gerade das kontinuierliche Erfassen und Transportieren kleiner Datenpakete an eine Zentrale zur Auswertung eine typische Einsatzmöglichkeit für eine Internet-of-Things-Lösung (IoT).
Die Vernetzung der Komponenten erfolgt dabei durch Sensoren, die über ein Funknetz kommunizieren. Da IoT-Sensoren geringe Übertragungsraten erfordern, sind Low-Power-Netzwerke (LoRaWAN) die ideale technische Lösung. Die Funktechnik basiert hier auf dem offenen Industriestandard LoRa, das Netz ist besonders energieeffizient, sodass Batterien für die Sensoren und Funkstationen bis zu 15 Jahre halten. Das vereinfacht die Handhabung und ist kostengünstig.
Das Netz hat dabei Reichweiten von mindestens zehn Kilometern und durchdringt Mauern, weshalb es auch innerhalb von Räumen und Kellern verfügbar ist. Das Flächennetz kann außerdem schneller und unkomplizierter umgesetzt und erweitert werden als mit anderen Technologien, die entweder lizenzrechtlich oder funktechnisch jahrelange Vorlaufzeiten benötigen können. Eine Erweiterung ist innerhalb weniger Tage und ohne Qualitätseinbußen möglich. Alle technischen und prozessualen Anforderungen des Telekommunikationsgesetzes sind erfüllt. Ein solches öffentliches Funknetz betreibt das Unternehmen Netzikon, eine Tochtergesellschaft des Systemintegrators telent.
Sichere Datenübertragung
Das LoRa-Netz bietet den höchsten Sicherheitsstandard unter den Low-Power-WAN-Infrastrukturen, da die Datenübertragung doppelt verschlüsselt ist. So senden Sensoren in einer Ortsnetzstation Informationen bereits verschlüsselt über das LoRa-Funknetz ins Rechenzentrum. Von dort erhalten Energienetzbetreiber mithilfe einer Tunnel-API direkt ihre Nutzdaten, die weder gelesen noch gespeichert werden. Ohne Anwendungsschlüssel des Nutzers ist kein Zugriff auf die Daten möglich. Für die Verwaltung der dafür notwendigen Schlüssel hat Netzikon einen über den LoRaWAN-Standard hinausgehenden Prozess aufgesetzt.
In diesem Sicherheitsprozess ist ein HSM (Hardware Security Module) im Einsatz, das Millionen von Schlüsseln sicher verwalten kann. Damit sind die Nutzdaten nicht einseh- und nicht veränderbar. Der Nutzer selbst erzeugt auf dem HSM ein asymmetrisches Schlüsselpaar nach dem Advanced Encryption Standard (AES) mit einer Schlüssellänge von 128 Bit. Niemand außer ihm ist im Besitz dieses persönlichen Schlüssels. Viktor Kostic, Business Development Manager bei telent, erklärt: „Dieses Vorgehen ergänzt das LoRa-Verfahren, welches von Netzikon ergänzend und zu 100 Prozent kompatibel zum LoRaWAN-Standard verwendet wird. Netzikon bietet diese zusätzliche Sicherung als einziger öffentlicher LPWAN-Netzbetreiber in Deutschland an.“
Plattform verarbeitet Daten
Die Daten, die Messgeräte in Ortsnetzstationen kontinuierlich sammeln und über das LoRaWAN-Netz funken, fließen in bestehende Monitoring-Systeme. Denn für ein vollständiges IoT-System bedarf es neben Sensoren und dem Funknetz einer Plattform, die Sensoren, Applikationen und weitere Plattformen miteinander verbindet und gewährleistet, dass Ende-zu-Ende-Kommunikation, Monitoring oder Predictive Maintenance individuell angepasst werden können. Über eine solche Plattform erhalten Betreiber eine belastbare Datenbasis für den wirtschaftlichen Betrieb und können das Energieangebot je nach Bedarf schnell und automatisch steuern und so Betriebskosten senken. #bild2
Lösungen wie evalorIQ-Grid von telent konsolidieren alle relevanten Messwerte und Daten und visualisieren sie in Dashboards mit Live-Daten und Anlagenprozessbildern. Kommt es zu Prozessstörungen, kann diese Plattform unterschiedliche Alarme auslösen. Je nach Störungszustand und Präferenz der Nutzer erfolgen dann Benachrichtigungen per SMS, E-Mail oder Sprachanruf. Umfangreiche Evaluationsmaßnahmen steigern die Transparenz von Abläufen und ermöglichen dadurch wichtige Rückschlüsse. Sämtliche Prozesse können so bestmöglich optimiert und neue digitale Services entwickelt werden.
„Das Monitoring von Ortsnetzstationen ist ein verhältnismäßig kleiner Teil der komplexen Energiewende, aber ein wichtiger. Für eine effiziente Steuerung der Energieströme auf der Verteilnetzebene sind Echtzeit-Informationen über den Zustand der Infrastruktur grundlegend“, weiß Viktor Kostic. „Das Internet der Dinge ist also eine Voraussetzung für den Aufbau und den Betrieb von Smart Grids.“
Dieser Beitrag ist in der Mai/Juni-Ausgabe 2018 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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