Donnerstag, 21. November 2024

Smart CityTradition und Innovation

[25.06.2019] Stadtwerke können sich in kurzer Zeit als zentraler Akteur im Zukunftsmarkt Smart City positionieren, sagt Sascha P. Schlosser. stadt+werk sprach mit dem Zenner-Chef darüber, wie das mit Internet-of-Things-Lösungen und dem Betrieb von LoRaWAN-Netzen gelingt.
Sascha P. Schlosser ist Geschäftsführer der ZENNER International GmbH & Co. KG.

Sascha P. Schlosser ist Geschäftsführer der ZENNER International GmbH & Co. KG.

(Bildquelle: Zenner International)

Herr Schlosser, als Messtechnik-Spezialist setzt Zenner International eine Digitalisierungsstrategie um. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Zenner hat 2017 mit hoher Geschwindigkeit damit begonnen, sich vom Gerätehersteller zum Lösungsanbieter weiterzuentwickeln. Mit unseren Internet-of-Things-Lösungen unterstützen wir heute Stadtwerke, Energieversorger und Kommunen sowie Dienstleister der Wohnungswirtschaft und andere Industrien auf dem Weg hin zur eigenen digitalen Transformation. Mittelfristig möchten wir als Minol-Zenner-Gruppe zu den führenden IoT-Lösungsanbietern in den Bereichen Smart Metering, Smart Utility, Smart Building und Smart City gehören. Deswegen bewegen wir uns heute proaktiv im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation und begegnen damit konsequent und ganzheitlich den digitalen Herausforderungen unserer Kunden von morgen.

Viele Kommunen und ihre Stadtwerke arbeiten derzeit an Smart-City-Plänen. Wie kann Zenner sie dabei unterstützen?

Kommunen und Stadtwerke suchen zur Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben nach praktikablen, wirtschaftlichen und skalierbaren Lösungen. Der Funkstandard LoRaWAN – kurz für Long Range Wide Area Network – legt für dieses Anforderungsprofil einen wichtigen Grundstein. Durch die Datenübertragung per LoRaWAN lassen sich im kommunalen Umfeld vielfältige Prozesse einfach digitalisieren und effizienter gestalten. Ohne durch regulatorische Fesseln eingeschränkt zu sein, können sich gerade die Stadtwerke in kurzer Zeit als zentraler Akteur im Zukunftsmarkt Smart City positionieren und vielfältige innovative Anwendungen umsetzen: Trafofernüberwachung, Füllstandkontrolle von Abfallbehältern, Smart Lighting, Smart Parking und vieles mehr. Die Anzahl der LoRaWAN-Projekte bei Stadtwerken und Kommunen in Deutschland steigt täglich.
Anfang des Jahres wurde das Unternehmen Minol Zenner Connect (MZC) gegründet. Welche

Aufgabe hat das neue Unternehmen?

Der Fokus von Minol Zenner Connect liegt auf dem formalen und operativen LoRaWAN-Netzbetrieb. Sinn und Zweck des Unternehmens ist es in letzter Konsequenz, bundesweit eine nahezu flächendeckende IoT-Konnektivität auf Basis von LoRaWAN herzustellen. Das Unternehmen bringt dafür – auch gemeinsam mit den Kunden – die benötigte Infrastruktur ins Feld, also die Gateways und Antennen. Vor allem aber stellt MZC die notwendigen Back-End-Systeme und Applikationen zur Verfügung, die im Hintergrund die Netzprozesse steuern, und betreibt diese zentral aus professioneller Hand – ein wichtiger Unterschied zu anderen, meist privat gestützten regionalen LoRa-Netz-Communities in Deutschland. Als offizieller TK-Netzbetreiber erfüllt Minol Zenner Connect auch alle einschlägigen regulatorischen Pflichten, was die meisten Stadtwerke selbst nicht auf Profi-Level leisten können oder wollen.

Wie profitieren die Kunden von einem zentralen LoRaWAN-Netzbetreiber?

Generell haben unsere Kunden die Wahl, ob sie selbst Netzbetreiber sein wollen mit allen Rechten und Pflichten, oder ob MZC den Netzbetrieb übernimmt. Letzteres bietet dem Kunden mehrere Vorteile. Dazu gehört beispielsweise das Einhalten der Pflichten gegenüber der Bundesnetzagentur. Auch wenn LoRaWAN derzeit noch eine Nischenanwendung ist, fällt der Betrieb der Netze unter den Zuständigkeitsbereich der Regulierung.

„Der Installationsaufwand für ein LoRaWAN ist überschaubar.”
Was bedeutet das?

Daraus resultieren beispielsweise Aufgaben wie die Einhaltung von Meldepflichten, die Erfüllung gewisser Sicherheitskriterien und die Gewährleistung einer sauberen Trennung von Verkehrs- und Personendaten. MZC übernimmt als Partner alle Aufgaben und Tätigkeiten, die Kunden selbst nicht leisten können oder wollen. Damit entfallen praktisch alle Marktzugangsbarrieren, und die Kunden können schnell starten. Außerdem kann der MZC-Kunde beim Thema Netzausbau mitreden und eigene Wünsche zur Netzabdeckung in den laufenden Roll-out-Prozess der MZC einbringen. Die Flexibilität geht sogar so weit, dass der Kunde eigene Gateways an eigenen Standorten in das Netz von MZC integrieren kann und somit quasi die technische Hoheit nicht aus der Hand geben muss.

Wo liegen die Unterschiede zu anderen IoT-Netzbetreibern?

Minol Zenner Connect setzt vor allem auf Kooperationsmodelle, denn im Stadtwerkeumfeld ist es so, dass viele Unternehmen den Betrieb der Endgeräte in der eigenen Hand behalten wollen. MZC ermöglicht es den Kunden, sich auf die für das IoT wichtigen Endgeräte zu konzentrieren, und nimmt ihnen den reinen Netz- und Systembetrieb sowie das Erfüllen regulatorischer Anforderungen ab.

Welche Vorteile hat die LoRaWAN-Technologie gegenüber anderen Funkstandards?

LoRaWAN ist keine proprietäre Technologie, sondern ein offener Standard, der es Stadtwerken ermöglicht, sukzessive und in Eigenregie in den Markt der IoT-Anwendungen einzusteigen. Ein entscheidender Vorteil in diesem Zusammenhang ist beispielsweise: Wer ein LoRaWAN-Funknetz mit unserer Unterstützung aufbaut und betreibt, kann jederzeit und individuell entscheiden, wo Netzabdeckung entstehen soll. Außerdem können zukünftig auch lokal bestehende LoRaWAN-Netze durch Roaming miteinander verknüpft werden. Last but not least ist die Technik einfach und günstig zu implementieren. Kleine, singuläre Pilotanwendungen lassen sich fast beliebig zu großen Projekten skalieren. Außerdem ist der Installationsaufwand überschaubar: In einer 180.000-Einwohner-Stadt wie Saarbrücken beispielsweise haben 22 LoRaWAN-Gateways genügt, um ein flächendeckendes IoT-Funknetz zu schaffen.

Welche zentralen Anwendungsfälle haben Sie identifiziert?

Da gibt es inzwischen mehrere Dutzend, die wir derzeit mit Kunden realisieren. Einer davon ist beispielsweise die Überwachung von Ortsnetz-Trafostationen. Weitere Anwendungsfälle, die wir derzeit in LoRaWAN-Projekten mit Kunden umsetzen, sind die Steuerung der Straßenbeleuchtung, die Überwachung von Parkplätzen, E-Ladestationen und Rettungswegen und natürlich die automatisierte Fernauslesung von Verbrauchszählern aller Versorgungssparten. Die intelligenten Messsysteme im Strombereich sind davon leider regulatorisch bedingt ausgeschlossen.

Welche Geschäftsmodelle können Stadtwerke darauf aufbauen?

Ein Beispiel ist der für Stadtwerke bislang eher schwer zugängliche Submetering-Markt, also die Erfassung und Abrechnung des individuellen Wärme, Heizwärme- und Wasserverbrauchs in Gebäuden mit mehreren Mietparteien. LoRaWAN bietet bei der Bewirtschaftung, Fernauslesung und Verarbeitung der Messtechnik im Submetering entscheidende Vorteile. Viele Stadtwerke werden derzeit aktiv und beginnen damit, kommunale Liegenschaften wie Schulen, Kindergärten oder Verwaltungsgebäude mit entsprechender Technologie auszustatten. Dabei geht es aus Sicht der Liegenschaftsverwaltungen nicht nur um die reine Erfassung von Verbrauchsdaten, sondern auch um Themen wie Zutrittskontrolle, Prävention von Schimmelbefall oder Wasserschäden, Luftqualität sowie Parkraum- oder Abfall-Management. Hier gilt: Je eher praktische Erfahrungen gesammelt und Felder besetzt werden, umso besser die Ausgangsposition für die digitale Zukunft. Wir helfen unseren Kunden dabei, die Digitalisierung nicht länger als drohendes Risiko von außen zu betrachten, sondern als unmittelbare Chance von innen heraus anzugehen und erfolgreich umzusetzen.

Interview: Alexander Schaeff

Schlosser, Sascha P.Sascha P. Schlosser, Jahrgang 1978, studierte Kommunikationsdesign und Betriebswirtschaftslehre in Köln. Seit März 2017 ist Schlosser Geschäftsführer der ZENNER International GmbH & Co. KG, die intelligente Messtechnik und IoT-basierte Komplettlösungen für Stadtwerke und Kommunen entwickelt.

Stichwörter: Smart City, telent, LoRaWA


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