Freitag, 22. November 2024

BrennstoffzellenTechnik vor der Marktreife

[13.09.2012] Brennstoffzellengeräte im Heizungskeller helfen privaten Haushalten, ihre Energiekosten deutlich zu reduzieren. Der Einsatz lohnt sich auch für Netzbetreiber: Die Geräte lassen sich zu virtuellen Kraftwerken zusammenschließen, um schwankende Energieerträge auszugleichen.
Projekt Callux: Brennstoffzellenheizungen der neuen Generation überzeugen im Praxistest.

Projekt Callux: Brennstoffzellenheizungen der neuen Generation überzeugen im Praxistest.

(Bildquelle: MVV Energie AG)

Bei den dezentralen KWK-Technologien nehmen Brennstoffzellenheizungen unter Effizienz- und Umweltgesichtspunkten eine herausragende Stellung ein. Auch eine Reihe anderer technischer Lösungen wie der Stirling-Motor sind bereits weit gediehen und werden privaten Haushalten als Alternativen zu herkömmlichen Heizungen angeboten. Das Mannheimer Unternehmen MVV Energie hat im Zuge mehrerer Praxistests Erfahrungen mit verschiedenen Systemen gesammelt und dazu beigetragen, dass mit Mikro-KWK-Anlagen künftig mehr Energieeffizienz in den Haushalten möglich wird.

Im Test erfolgreich

Das Prinzip der Brennstoffzelle ist nicht neu, die praktische Anwendbarkeit ließ allerdings lange auf sich warten. Jetzt erreicht jedoch eine neue Generation von Brennstoffzellengeräten für den privaten Heizungskeller die Marktreife. Eine Reihe dieser Geräte testet MVV Energie im Rahmen der bundesweiten Projekts „Callux – Praxistest Brennstoffzelle fürs Eigenheim“ und bereitet damit deren Markteinführung aktiv vor. Das Energieunternehmen, das auch Gründungsmitglied der Initiative Brennstoffzelle ist, ist seit 2008 Partner im Projekt Callux, das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gefördert wird und noch bis Mitte 2016 läuft.
„Brennstoffzellengeräte haben gleich mehrere Vorteile: Sie sind emissionsarm, hoch effizient und leise. Die Zuverlässigkeit der Geräte ist über die Projektlaufzeit deutlich gestiegen“, fasst Doris Wittneben, Projektleiterin bei MVV Energie, die Eigenschaften der modernen Geräte zusammen. „Die Tests, die wir in Mannheim und Umgebung vorgenommen haben, laufen sehr gut, sodass wir davon ausgehen, dass einige dieser Geräte schon bald verfügbar sind.“ So liegt die Kundenzufriedenheit bei den Teilnehmern von MVV Energie dank der inzwischen weitgehend ausgereiften Technik und den damit verbundenen Kosteneinsparungen auf einem sehr hohen Niveau. Insgesamt werden über die Laufzeit des Projektes Callux knapp 30 Brennstoffzellenheizgeräte installiert und getestet.

Einsparung überzeugt

Die Brennstoffzellenheizungen arbeiten inzwischen weitgehend störungsfrei. Im Praxistest waren bereits Einsparungen von bis zu 30 Prozent an Primärenergie gegenüber der herkömmlichen Versorgung aus einer Erdgasheizung und dem Stromnetz möglich; rund 20 Prozent können gegenüber der Kombination aus modernem Brennwertkessel und Solarthermie eingespart werden. „Allerdings wird sich die Brennstoffzellenheizung neben den anderen effizienten Heizarten auch wirtschaftlich behaupten müssen. Für den Betreiber zählt am Ende meist die Gesamtrechnung, wir müssen dem etwas höheren Gasverbrauch einen stark reduzierten Strombezug gegenüberstellen, die Förderung nach dem KWK-Gesetz und in vielen Fällen auch die Energiesteuerrückerstattung berücksichtigen“, so MVV-Projektleiterin Doris Wittneben.
Die Energiekosten konnten bei den Praxistestkunden durchweg gesenkt werden. Diese Einsparung ist es auch, welche die Mannheimer Teilnehmer am Projekt Callux am meisten überzeugen konnte. Wittneben: „Wir haben mit unseren Teilnehmern in Mannheim gegenüber einem alten Ölkessel Energiekostenreduzierung von rund 50 Prozent erzielt, und selbst im Vergleich mit einem modernen Brennwertkessel ist eine Energiekostenersparnis von mehr als 500 Euro pro Jahr möglich.“

Auch für Netzbetreiber sinnvoll

Die Besonderheit der Brennstoffzelle, die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Strom, macht ihren Einsatz auch aus Sicht der Netzbetreiber sinnvoll. „Die Energiewende benötigt neben fluktuierender Sonnen- und Windenergie auch die hoch effiziente Erzeugung und dezentrale Einspeisung von Strom aus anderen gleichbleibenden Quellen“, betont Doris Wittneben. „Da der erzeugte Strom direkt vor Ort verbraucht werden kann, verringert diese Art der Stromproduktion die Belastung des Netzes.“ Außerdem besteht perspektivisch die Möglichkeit, die Geräte zu virtuellen Kraftwerken zusammenzuschalten. Im Energiemix der Zukunft leisten Brennstoffzellenheizgeräte somit einen wichtigen Beitrag, um schwankende Energieerträge aus Windkraft und Sonnenenergie bedarfsgerecht auszugleichen.
Praktisch könnten in einem solchen virtuellen Kraftwerk die Brennstoffzellen in den Wohnhäusern einer Region zusammengeschaltet werden. Diese würden mithilfe eines übergeordneten Kommunikations- und Steuerungssystems koordiniert. Besteht der Bedarf an mehr Einspeisung in das Netz, würden die Brennstoffzellen über ein Steuersignal dazu aufgefordert, ihre Stromproduktion hochzufahren, um einen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten. Ein entsprechendes Steuergerät, die Callux-Box, wurde im Projekt bereits entwickelt.

Alternative Stirling-Motor

Eine ausgereifte und auf dem Markt befindliche Alternative zum Gasbrennwertkessel ist die Strom erzeugende Heizung nach dem Prinzip des Stirling-Motors. MVV Energie hat unter anderem Geräte des Typs WhisperGen über fünf Jahre im täglichen Einsatz erprobt. Die Ergebnisse dieses Versuchs flossen direkt in die Weiterentwicklung der Geräte ein, die heute in Serie gefertigt werden. Ähnlich wie bei der Brennstoffzelle wird beim Stirling-Motor insgesamt eine deutlich höhere Energieeffizienz erreicht als bei der separaten Erzeugung von Strom und Wärme. Die intensive Erprobung bei MVV Energie ergab, dass bereits im Praxistest bis zu 40 Prozent des Strombedarfs durch den WhisperGen gedeckt werden können, bei einem Mehrverbrauch an Erdgas von rund zehn Prozent. Die Energierechnung des Kunden sinkt insbesondere dann, wenn der im Haus erzeugte Strom den Strombezug aus dem Netz substituiert.
Die technische Reife der Mikro-KWK-Geräte ist erreicht, auch für die Brennstoffzellenheizungen ist sie in Sicht; jetzt gilt es, die Geräte für den Betreiber wirtschaftlich interessant zu gestalten. Privatleute entscheiden sich trotz aller Vorteile und Förderung durch Impulsprogramm und KWK-Gesetz noch eher selten für Mikro-KWK-Geräte. Hauptgrund hierfür sind die im Vergleich zu modernen Erdgaskesseln relativ hohen Anschaffungskosten, die insbesondere durch geringe Stückzahlen in der Produktion bedingt sind. Der Aufbau einer kostengünstigen Fertigung für Mikro-KWK-Geräte ist Aufgabe der Gerätehersteller, die Politik kann hier unterstützen.
Aufgrund ihrer Energieeffizienz und ihres positiven Einflusses auf die Netzstabilität sind dezentrale Mikro-KWK-Anlagen auch auf kommunaler Ebene ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. „Aus diesem Grund hielten wir es für richtig, wenn dezentrale Mikro-KWK-Geräte stärker von Kommunen und Stadtwerken gefördert würden“, erklärt Doris Wittneben. „MVV Energie geht hier mit gutem Beispiel voran: Aus dem MVV-Klimaschutzfonds werden in Mannheim private Vorhaben für mehr Energieeffizienz unterstützt, darunter auch die Anschaffung von erdgasbetriebenen Mikro-KWK-Geräten.“

Bettina Schömig




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