PfalzwerkeStromspeicher im Test
Mit der Energiewende wird in steigendem Maße und im großen Stil Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Zudem funkeln auf immer mehr Dächern Solaranlagen – egal ob bei Privathäusern, im Gewerbe oder bei Unternehmen. Bislang war das Versorgungsnetz eine Einbahnstraße. Strom wurde eingespeist, verteilt und beim Endverbraucher genutzt. Nun speisen auch die Endverbraucher Strom in das Netz ein. Aus Stromverbrauchern werden Stromerzeuger. Für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität ist das eine gewaltige Herausforderung.
Netze müssen schlauer werden
An sonnigen Tagen produziert eine Photovoltaikanlage einen deutlichen Überschuss, sodass Strom in das Netz eingespeist werden kann. Diese Einspeisung wurde bislang lukrativ entlohnt. Das ändert sich. Interessant wäre deshalb für Gewerbe und Privathaushalte, den Strom selbst zu speichern, um in Zeiten, wenn die Sonne nicht scheint, darauf zurückzugreifen. Aus der Sicht eines Energieversorgers wie den Pfalzwerken bedeutet diese Entwicklung, dass der Netzsteuerung eine wachsende Bedeutung zukommt. Es ist zu vermeiden, dass die Netze überlastet werden, weil viel Strom eingespeist wird. Zu anderen Zeiten wiederum muss genügend Energie für die Verbraucher zur Verfügung stehen. Die Devise lautet: Für die neuen Anforderungen müssen die Netze schlauer werden. Basis für die Netzsteuerung sind exakte Daten zum minutengenauen Verbrauch ebenso wie präzise Einspeiseprognosen je nach Wetterlage. Die Pfalzwerke und das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern haben deshalb das Projekt myPowerGrid gestartet. In diesem wird analysiert, was Stromspeicher sowohl im Hinblick auf die Haushalte als auch bezüglich der Netzsteuerung- und -stabilisierung leisten können.
Raus in die Praxis
Ein Baustein im Projekt myPowerGrid sind Stromspeicher und deren Integration in die Haushalte. Drei Jahre lang wurde geforscht und getüftelt. Zu den wesentlichen Aufgaben der Wissenschaftler zählte beispielsweise die Entwicklung einer Energie-Management-Software inklusive einer präzisen Ertragsprognose der jeweiligen Photovoltaikanlage. Aber auch die Einrichtung einer Kommunikationsschnittstelle zu den Zählern war fundamental. Die Laborphase ist nun abgeschlossen. Seit rund vier Monaten testen erste Privathaushalte Stromspeicher im Alltag. Dazu gehört die Familie Anstett. Vor der persönlichen Energiewende zahlte sie jährlich rund 4.000 Euro für Heizung und Warmwasser. Dabei wurde die Ölheizung bereits von Solarthermie unterstützt. Mit dem Wechsel zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe plus Photovoltaikanlage erfolgte der drastische Einschnitt. „Unsere Energiekosten sanken sensationell auf ein Viertel“, sagt Georg Anstett. Die Photovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von zehn Kilowatt liefert weit mehr, als die Familie verbrauchen kann. Der Eigenverbrauch liegt bei zwölf Prozent. Das Gros des Ertrags wird täglich eingespeist und vergütet und hilft so bei der Anlagenfinanzierung. Nachts oder in sonnenarmen Zeiten muss die Familie allerdings wieder Strom aus dem Netz zukaufen. „Deshalb wäre es natürlich hochinteressant, zusätzlich den selbst produzierten Strom zwischenzuspeichern, um die Quote des Eigenverbrauchs zu erhöhen“, erklärt Georg Anstett.
Eigenverbrauch nach Tageszeit
Seit einem halben Jahr setzt die Familie daher auf den Einsatz eines Stromspeichers. Der Verbrauch ihres selbst produzierten Stroms konnte damit auf 45 Prozent gesteigert werden. In den Sommermonaten füllt die Sonne den acht Kilowatt großen Lithium-Ionen-Akku in nur zwei bis drei Stunden. Das ist mehr, als die Familie in 24 Stunden verbrauchen kann. Martina Anstett nutzt die Eigenproduktion voll aus: Die Waschmaschine ist mit einer Zeitschaltuhr versehen und wird gestartet, wenn die Sonne Strom liefert. Auch die Spülmaschine ist programmierbar und läuft nur während der Sonnenstunden.
Auch René Fösser in Neuhemsbach testet im Rahmen des Pilotprojekts die Stromspeicher. Er ist vor wenigen Monaten mit seiner Partnerin, ihrem knapp zwei Jahre alten Sohn und drei Schäferhunden in ein Haus aus den 1960er-Jahren eingezogen und steckt mitten in der Renovierung. Der wichtigste Posten: die Energieversorgung. Für René Fösser war klar, dass es keine Alternative zu erneuerbaren Energien gibt. Stefan Kreis, Energieberater der Pfalzwerke, beriet die junge Familie, sorgte für einen reibungslosen Ablauf der Umbauarbeiten und motivierte sie für die Teilnahme am Praxistest mit dem Stromspeicher.
Online-Zugriff auf Ertragsdaten
Jetzt liefert auf dem Dach eine Photovoltaikanlage in Ost-West-Ausrichtung mit einer Spitzenleistung von knapp zehn Kilowatt reichlich Strom. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe kombiniert mit Niedertemperaturheizkörpern sorgt für die Wärme und die Dämmung des Daches. Dreifach verglaste Fenster halten zusätzlich die Wärme in dem 120 Quadratmeter großen Haus. „Die Einbindung des Stromspeichers verlief völlig problemlos“, erklärt der Hausbesitzer. Täglich kann er die Stromproduktion, den Füllstand des Stromspeichers und die Selbstversorgerquote online über die myPowerGrid Plattform des Fraunhofer ITWM verfolgen. Sowohl Familie Anstett als auch Familie Fösser freut sich auf die erste komplette Sommersaison. Sie sind überzeugt, dass die durchschnittliche Selbstversorgerquote weiter steigen wird.
Steigende Quoten
Schon heute können Hausbesitzer Energie aus erneuerbaren Quellen sowohl für Wärme als auch für die Stromversorgung effizient selbst produzieren. Um die Quote des Selbstverbrauchs zu steigern, werden künftig Stromspeicher in Haushalten Einzug halten. Doch Speicher werden langfristig nicht nur für Stromproduzenten interessant sein. Denn mit dem Ausbau erneuerbarer Energien im großen Stil, wie Wind- oder Solarparks, wird witterungsbedingt immer wieder mehr Strom im Netz zur Verfügung stehen, als gerade gebraucht wird. Damit könnten Haushalte ihren Stromspeicher günstig aufladen und so zur Netzstabilisierung beitragen.
Als weiterer Schritt wäre denkbar, dass Energieversorger wie die Pfalzwerke mit einem attraktiven Tarifmodell Speicherkunden anregen, Strom günstig einzukaufen. Das könnte dann der Fall sein, wenn bei günstigen Wetterbedingungen beispielsweise Strom aus Windkraftanlagen oder Photovoltaikparks am Markt reichlich zur Verfügung steht.
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