Samstag, 19. April 2025

IT-OutsourcingStrategische Kompetenzen

[01.04.2014] IT-Outsourcing macht flexibel und sichert den Zugang zu modernsten Technologien. Das sind aber nicht die einzigen Argumente, die für das Auslagern von IT-Services sprechen. ISG-Experte Ronald Paschen nennt im stadt+werk-Interview einen weiteren wichtigen Aspekt.
Ronald Paschen ist Partner des Beratungsunternehmens Information Service Group (ISG).

Ronald Paschen ist Partner des Beratungsunternehmens Information Service Group (ISG).

(Bildquelle: Information Service Group (ISG))

Herr Paschen, die Energiewirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Was bedeutet das für die IT?

Von der Steuerung von Kraftwerken mal ganz abgesehen, wandern viele Bereiche aus dem Kerngeschäft der Energieversorger in den IT-Bereich, wie Smart Metering und damit zusammenhängend intelligente Netze. Daneben gibt es Themen, die stark verwoben sind mit der klassischen administrativen IT, wie etwa das Customer Relationship Management. Für die Energieversorger stellt sich jetzt die Frage, welche dieser unterschiedlich weit vom eigentlichen Geschäft entfernten IT-Bereiche als Kernkompetenz definiert und welche IT-Services am Markt beschafft werden sollen.

Sie haben ein Projekt eines großen Energieversorgers begleitet, bei dem es um die Erbringung von Datacenter-, Netzwerk- und Workplace-Services ging. Wo lagen die Herausforderungen?

Es ging bei dem Projekt zunächst darum, herauszufinden, welche Teile der IT-Infrastruktur das Unternehmen weiterhin selbst betreiben möchte. Das alleine ist schon eine große Herausforderung. Die zweite Aufgabe war es, das Sourcing-Modell zu entwickeln. Es musste geklärt werden, ob mehrere oder nur ein Unternehmen beauftragt werden soll und wie die IT künftig gesteuert werden kann.

Worum ging es konkret in dem Outsourcing-Projekt?

Es wurden aus vergaberechtlichen Gründen vier Lose ausgeschrieben: zentrale Services im Rechenzentrum, dezentrale Dienstleistungen für die Arbeitsplatzrechner und Netzwerk- und Collaboration-Services. Das vierte Los betraf die Integration der drei Bereiche. Der Auftrag wurde schließlich an zwei Dienstleister vergeben, einer übernahm die zentralen und dezentralen Dienste sowie die Integrationsleistungen, der andere die Netzwerk- und Collaboration-Services. Innerhalb von vier Monaten wurden die Dienste und alle Assets überführt.

„Es ist günstiger, die Fixkosten in variable Kosten umzuwandeln.“
Welche Erfahrungen wurden gemacht?

Man kann heute schon sagen, dass die mit dem Outsourcing-Projekt verbundenen Ziele auch erreicht wurden. Der Kunde hat zudem Erfahrungen gesammelt, wie die Verträge gesteuert werden können. Mit diesem Wissen kann ein Sourcing-Modell der nächsten Generation entwickelt werden. Denn es ist klar, dass das Thema mit der Auftragsvergabe nicht abgehakt ist. Das Sourcing-Modell muss immer an neue Aufgabenstellungen angepasst werden.

Welche IT-Services eignen sich besonders für das Auslagern?

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Energieversorger einen Wettbewerbsvorteil hat, nur weil er ein Rechenzentrum selbst betreibt. Deshalb eignen sich insbesondere alle standardisierten Leistungen und alle Applikationen abseits des Kerngeschäfts, wie die Buchhaltungs- oder Personalabrechnungssysteme.

Wo liegen die wesentlichen Vorteile?

Ein klassisches Argument für IT-Auslagerung lautet, dass es günstiger ist, die Fixkosten in variable Kosten umzuwandeln. So kann man flexibler agieren, was den Abruf von Leistungen betrifft. Zudem hat man direkten Zugang zu modernsten Technologien und innovativen IT-Konzepten. Ich glaube aber, dass diese Vorteile für viele Kunden gar nicht mehr ausschlaggebend sind. Ein Blick auf die Altersstruktur der Mitarbeiter zeigt, dass viele Abteilungen in wenigen Jahren nicht mehr genügend Personal haben. Da gerade IT-Spezialisten schwer zu finden sind, lautet die Frage, wie fehlendes Wissen und mangelnde Personalressourcen künftig ausgeglichen werden können.

Auf was ist bei der Vertragsgestaltung mit den Dienstleistern besonders zu achten?

Es gibt einige Faktoren, die man grundsätzlich nicht außer Acht lassen sollte. Etwa die saubere Beschreibung der Art und der Qualität der Leistung, die man einkaufen will. Zudem muss genau geklärt werden, wie die Leistungen abgerechnet werden, denn hier liegen häufig die Ursachen für Konflikte. Bei Energieversorgern ist eine genaue Spezifikation der regulatorischen Anforderungen erforderlich. Die Kunden erwarten außerdem, dass die Dienstleister sie dabei unterstützen, auf Veränderungen zu reagieren. Sie müssen bei beschränkten Budgets innovativ sein und den Kunden helfen, die IT-Prozesse zu optimieren.

Worauf müssen sich aus Ihrer Sicht die IT-Abteilungen der Energieversorger künftig einstellen?

Die IT-Leiter stehen vor einem Paradigmenwechsel. Sie verantworten zwar weiterhin ein großes IT-Budget, müssen aber keinen großen Personalstamm mehr führen, sondern nur noch ein kleineres Team zur Steuerung der IT. Die Skills zur Steuerung aufzubauen, ist die große Herausforderung, die nach Unterzeichnung des Outsourcing-Vertrags zu meistern ist. Die IT-Abteilungen müssen zudem ein Mindestmaß an operativen Fähigkeiten behalten. Sonst können sie nicht glaubhaft machen, dass sie ausgelagerte Dienste auch wieder selbst übernehmen können, wenn das Outsourcing nicht funktioniert. Alles, was aus strategischer Sicht nötig ist, also Steuerungs- und IT-Architektur-Kompetenzen, sollten im Unternehmen verbleiben.

Interview: Alexander Schaeff

Paschen, RonaldRonald Paschen ist Partner des Beratungsunternehmens Information Service Group (ISG). Der Wirtschaftsinformatiker berät Kunden in allen Aspekten des Sourcings, von der Erarbeitung von Strategien und der Bewertung bestehender Sourcing-Modelle über Sourcing-Transaktionen bis hin zu deren Implementierung.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Informationstechnik

Stadtwerke Wörgl: Glasfaser digital dokumentiert

[17.04.2025] Die Stadtwerke Wörgl digitalisieren ihren Netzbetrieb mit VertiGIS ConnectMaster. Damit wird die Glasfaserdokumentation vollständig digital. mehr...

cortility: Kooperation mit Logabit

[08.04.2025] Mithilfe von Künstlicher Intelligenz und modernen Workflow-Plattformen wollen die Unternehmen cortility und Logabit die Geschäftsprozesse von Versorgungsunternehmen weiter automatisieren. mehr...

energielenker: Kostengünstigste Energie nutzen

[27.03.2025] Auf der The Smarter E Europe in München stellt energielenker das Hausenergiemanagementsystem Enbas vor. Das System vernetzt Erzeuger und Verbraucher eines Gebäudes, um immer die günstigste Energie zu nutzen. mehr...

cortility: Kooperation mit Mako365

[25.03.2025] Eine strategische Zusammenarbeit haben die Firmen cortility und Mako365 vereinbart. Ziel der Partnerschaft ist es, die Leistungen beider Unternehmen zu kombinieren und ihren Kunden ein erweitertes Service-Portfolio zu bieten. mehr...

Stadtwerke Rinteln: Auslagerung der IT-Infrastruktur

[24.03.2025] Die Stadtwerke Rinteln haben sich jetzt an dem Unternehmen items beteiligt und lagern ihre IT-Infrastruktur an das Unternehmen aus. mehr...

Das Bild zeigt eine Mitarbeiterin am Laptop in einem Besprechungsraum. Im Hintergrund sprechen sich weitere Personen ab.

cortility: Kooperation mit datango

[11.03.2025] Mit einer neuen Partnerschaft wollen die Softwareunternehmen cortility und datango Lösungen anbieten, mit denen die Energiewirtschaft neue IT-Systeme effizienter nutzen kann. Insbesondere der Umstieg auf SAP S/4HANA soll erleichtert werden. mehr...

Hamburger Energienetze: Initiative für sichere KI-Nutzung

[05.03.2025] Künstliche Intelligenz wird für Unternehmen immer wichtiger, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Die Hamburger Energienetze arbeiten deshalb gemeinsam mit anderen großen Unternehmen in der Initiative Responsible AI Alliance an einem sicheren und fairen Einsatz der Technologie. mehr...

Wilken Software Group: Partnernetzwerk für GY

[20.02.2025] Mit der neuen Komplettlösung GY bietet die Wilken Software Group eine flexible und offene Plattform, die betriebswirtschaftliche Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette automatisiert. Dabei setzt das Unternehmen auf die enge Zusammenarbeit mit etablierten Partnern. mehr...

cortility: Lösung für den MaLo-Ident-Prozess

[18.02.2025] Voraussetzung für den Lieferantenwechselprozesses LFW24 ist der MaLo-Ident-Prozess, der zwischen Netzbetreiber und Lieferant durchgeführt werden muss. Der SAP-Spezialist cortility bietet eine Lösung, die eine nahtlose Integration in das SAP IS-U-System ermöglicht. mehr...

bericht

Cloudlösungen: Schlüssel für die digitale Transformation

[13.02.2025] Im Zentrum der globalen Bemühungen um eine nachhaltige, effiziente und widerstandsfähige Energieversorgung steht die Energiewirtschaft. Die digitale Transformation ist der Schlüssel zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Cloudtechnologien spielen dabei eine zentrale Rolle. mehr...

Im Bild steht Wilken-Geschäftsführer Dominik Schwärzel vor dem Logo der neuen Marke GY.

Wilken: Mit GY in die Zukunft

[11.02.2025] Auf der Fachmesse E-world in Essen stellt Wilken seine neue Marke GY vor. Mit der IT-Lösung will das Unternehmen den großen Herausforderungen der Energiebranche begegnen und setzt dabei auf Cloud-Technologie, Skalierbarkeit und eine enge Zusammenarbeit mit Partnern. mehr...

Stadtwerke Bonn: Datagroup übernimmt IT-Service-Desk

[06.02.2025] Die Stadtwerke Bonn haben sich für Datagroup als Partner für den IT-Service-Desk entschieden. Ziel der Zusammenarbeit ist die Optimierung der IT-Dienstleistungen sowie die Betreuung der Mitarbeitenden durch umfassenden Support. mehr...

LENA: Tool zur Unterstützung bei der Wärmeplanung

[05.02.2025] Die Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt (LENA) hat ein neues Datentool entwickelt, das Kommunen bei der Wärmeplanung unterstützen soll. Das Tool bündelt über 100 Datensätze und kann so die Erstellung von Wärmeplänen vereinfachen. mehr...

Stadtwerke Bad Windsheim: Entscheidung für IVU-Lösung

[04.02.2025] Die Stadtwerke Bad Windsheim setzen künftig auf IVU Informationssysteme für ihr ERP- und Abrechnungssystem. Die IVU konnte sich in einer europaweiten Ausschreibung mit einer umfassenden Lösung durchsetzen. mehr...

Stadtwerke Speyer: Marktkommunikation auf AS4 umgestellt

[03.02.2025] Die Stadtwerke Speyer haben ihre Marktkommunikation auf das AS4-Protokoll umgestellt. Dabei kam der anbieterunabhängige AS4 Cloud Service von procilon zum Einsatz. mehr...