HessenStimmen zum Energiegipfel
Schon im Vorfeld zur Neuauflage des hessischen Energiegipfels hatte das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung die Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest zur Energiewende-Akzeptanz in Hessen präsentiert. Demnach halten 89 Prozent der Hessen die Energiewende für wichtig bis sehr wichtig. „Mehr Rückenwind für die Energiewende geht kaum“, sagte der hessische Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90 / Die Grünen). Auch die Ergebnisse des Hessischen Energiegipfels 2011 werden laut der Umfrage von einer großen Mehrheit der Hessen getragen, teilt das Ministerium mit. Ebenso stehe es um die Akzeptanz für Windkraftprojekte vor der eigenen Haustüre: 71 Prozent der Befragten halten solche für zumutbar. Die Ergebnisse wertete Al-Wazir als klaren Auftrag der Bürger an die Landesregierung, beim Ausbau der Erneuerbaren sowie im Bereich Energieeffizienz nicht locker zu lassen.
Die Energiewende findet statt und ist gewollt
Auch im Anschluss an das Energiegipfel-Folgetreffen zieht die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Hessischen Landtag positive Bilanz. „Die heute von der Landesregierung vorgelegten Fakten und eine repräsentative Meinungsumfrage zeigen: Die Energiewende findet statt und ist von der Bevölkerung gewollt. Das ist eine gute Nachricht“, sagte der Fraktionsvorsitzende, Mathias Wagner. Das Treffen unter Leitung von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Energieminister Tarek Al-Wazir mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Gewerkschaften, der Energiewirtschaft, Politik und Umwelt- und Naturschutzorganisationen sowie die Anhörung von Bürgerinitiativen habe Gelegenheit für eine Zwischenbilanz und einen Rahmen für Verbesserungsvorschläge geboten, melden die hessischen Grünen. Seit dem vergangenen Energiegipfel habe der Ausbau der erneuerbaren Energien in Hessen deutlich an Dynamik gewonnen. So habe ihr Anteil im Jahr 2014 mit 14,4 Prozent doppelt so hoch gelegen wie 2010.
Vertane Chance
Der hessische SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel bezeichnete derweil das Folgetreffen des Energiegipfels als vertane Chance: „Die Energiewende muss man nicht nur wollen, sondern auch können. Die Landesregierung hat heute die Möglichkeit versäumt.“ Schäfer-Gümbel kritisierte vor allem, dass aus den Gesprächen keine Konsequenzen gezogen worden seien. Die SPD-Landtagsfraktion habe konkrete Anforderungen an den Energiegipfel formuliert (22527+wir berichteten), es sei in der Sitzung allerdings nicht erkennbar gewesen, dass die Regierungsfraktion diesen Vorschlägen folgen wolle.
Energiewende in Hessen liegt im Plan
Das sieht Peter Stephan, energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, anders: „ Der Gesprächsverlauf hat gezeigt: Die Energiewende besteht nicht nur in der Umsetzung von Ausbauzielen oder der Gestaltung von Rahmenbedingungen; ihr Erfolg hängt auch von einer steten Kommunikation ab. Dies hat das heutige Folgetreffen geleistet.“ Die Gespräche und Diskussionen hätten wichtige Impulse für die Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit der Landesregierung geliefert. Stephan zufolge liegt die Umsetzung der Energiewende in Hessen im Plan und ein Großteil der Maßnahmen des Energiegipfels seien bereits erfolgreich umgesetzt worden. Hessen sei damit auf einem sehr guten Weg, die Energiewende mit Vernunft und Augenmaß zu gestalten.
Fokus auf Windenergie
Laut dem energiepolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, René Rock, sei hingegen die Chance auf ein echtes Mitspracherecht der Bürger vertan worden. Bereits im Vorfeld habe die Hessen FDP von der schwarz-grünen Landesregierung gefordert, den Bürgern angesichts des massiven Widerstands in ganz Hessen gegen den Ausbau der Windkraft endlich auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen echte Mitspracherechte einzuräumen: „Statt die Bedenken der Bürger ernst zu nehmen, wollen Union und Grüne rund 1.000 zusätzliche Windräder bis Ende 2018 durchsetzen. Auch ist Minister Al-Wazir mit keinem Wort auf die berechtigte Kritik der hessischen Unternehmer eingegangen, die eindringlich vor Standortnachteilen durch steigende Energiekosten gewarnt haben.“ Für die FDP stehe fest, dass sich viele zentrale Annahmen des wenige Wochen nach den Ereignissen von Fukushima einberufenen Energiegipfels mittlerweile als falsch erwiesen haben. Außerdem habe die CDU-Grüne Landesregierung die Energiewende auf eine Windstromwende verengt und sei in allen weiteren Themenbereichen wie bei der Wärmeenergie untätig geblieben.
Ohne Einladung
Auch der Bundesverband WindEnergie bestätigt im Rahmen einer Pressemeldung, dass sich bei der Wiederauflage des Hessischen Energiegipfels fast alles um die weitere Nutzung der preiswerten Windenergie an Land gedreht habe. Joachim Wierlemann, Landesvorsitzender des Bundesverbands WindEnergie, beanstandet: „Daher ist es mehr als unverständlich, dass der Bundesverband WindEnergie nicht zur Teilnahme eingeladen wurde. Es wird hinter verschlossenen Türen über die Windenergie diskutiert, während die Akteure des Landes vor der Tür bleiben müssen.“ Um die Energiewendeziele des Landes zu erreichen, brauche es ein aktives Handeln von Landesregierung und Kommunalbehörden. Insbesondere müssten planungsrechtliche Vorraussetzungen geschaffen werden, damit auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche tatsächlich die Windenergie genutzt werden kann. Dazu gehört laut Wierlemann der Ersatz alter Anlagen, eine Klärung im Bereich Artenschutz und, dass die Energiewende weiter unter der Teilnahme von Bürgerenergieprojekten, Kommunen und örtlichem Mittelstand gestaltet wird. Über all dies wäre zu sprechen, merkt der Landesvorsitzende an.
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