Samstag, 19. April 2025

InterviewStärkung der kommunalen Energiekompetenz

[02.10.2015] Der Wärmemarkt gilt als Stiefkind der Energiewende. stadt+werk sprach mit Staatssekretär Uwe Beckmeyer über die Strategie der Bundesregierung zur Reduzierung des Heizbedarfs und zum Einsatz erneuerbarer Energien für die Wärmeerzeugung.
Staatssekretär Uwe Beckmeyer sieht in der Umgestaltung des Wärmemarkts einen langfristigen Prozess.

Staatssekretär Uwe Beckmeyer sieht in der Umgestaltung des Wärmemarkts einen langfristigen Prozess.

(Bildquelle: Bundesregierung/Bergmann)

Herr Staatssekretär Beckmeyer, die Bundesregierung hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis zum Jahr 2050 soll der Gebäudebestand in Deutschland nahezu klimaneutral sein. Ist das zu schaffen?

Der Wärmebereich ist schon seit Langem zentraler Bestandteil der Energiewende. Die Umgestaltung des Wärmemarkts ist jedoch ein langfristiger Prozess. Da ein klimafreundlicher Gebäudebestand ganz entscheidend zum Erfolg der Energiewende beiträgt, verstärken wir die Maßnahmen in diesem Bereich. Derzeit werden im Gebäudebereich fast 40 Prozent der Gesamtenergie in Deutschland verbraucht. Daher wollen wir auch hier ansetzen, um die deutschen Energie- und Klimaziele zu erreichen. Das Ziel ist, Sie weisen zu Recht darauf hin, ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand in Deutschland bis zum Jahr 2050. Das bedeutet, dass der Primärenergiebedarf um 80 Prozent gegenüber dem Jahr 2008 reduziert wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erarbeitet derzeit eine Energieeffizienzstrategie, um Wege zu diesem Ziel aufzuzeigen. Diese umfasst Effizienzmaßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmebereich. Dabei werden alle Gebäudetypen betrachtet, ob Wohn- oder Nichtwohngebäude, selbstgenutzt oder vermietet, Neubau oder Bestand. Mit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz wurden bereits im vergangenen Jahr Eckpunkte der Strategie vorgelegt.

Die öffentliche Hand soll mit gutem Beispiel vorangehen. Wie unterstützt der Bund die Kommunen, ihre Gebäude energetisch zu optimieren?

Im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms unterstützt der Bund seit 2007 Kommunen, Gemeindeverbände, gemeinnützige Organisationen inklusive Kirchen und Vereine sowie kommunale Unternehmen bei der energetischen Sanierung ihrer Gebäude. Die Förderung erfolgt in Form zinsverbilligter Kredite in Verbindung mit Tilgungszuschüssen. Die energetische Sanierung der bundesweit rund 300.000 Gebäude auf kommunaler Ebene leistet einen wichtigen Beitrag zur Energieeinsparung und Minderung des CO2-Ausstoßes in Deutschland. Wir setzen hier vor allem auf Anreizeffekte der Programme und die Stärkung der Energiekompetenz bei den Kommunen.

„Das Ziel ist ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand.“
Wie sieht die Bilanz bis dato aus?

Bisher konnten Energieeinsparmaßnahmen an mehr als 2.200 Gebäuden der kommunalen und sozialen Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser mit einem Investitionsvolumen von über 1,8 Milliarden Euro gezielt finanziell unterstützt werden.

Welche Maßnahmen und Technologien sind aus Ihrer Sicht besonders vielversprechend bei Neubau und Sanierung?

Der Instrumentenkatalog, mit dem der nahezu klimaneutrale Gebäudebestand erreicht werden soll, ist bewusst technologieneutral gehalten. Maßnahmen an der Gebäudehülle gehören ebenso dazu wie die Anlagentechnik. Welche Maßnahmen sinnvollerweise zum Einsatz kommen, hängt von vielerlei Faktoren ab. Dabei wird den individuellen Gegebenheiten – wie dem Gebäudezustand, der jeweiligen Nutzung, aber auch den finanziellen Möglichkeiten des Eigentümers – Rechnung getragen werden.

Viele Kommunen setzen Projekte zur energetischen Sanierung von Stadtteilen um. Gibt es auch hier Hilfen des Bundes?

Nach dem Motto Vom Gebäude zum Quartier werden seit November 2011 über die KfW-Programme der Energetischen Stadtsanierung integrierte Quartierskonzepte gefördert. Die Konzepte dienen Eigentümern und Kommunen als Entscheidungsgrundlage für Investitionen an Gebäuden und im Quartier. Um die Umsetzung der im Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen zu unterstützen, wird der Einsatz eines Sanierungsmanagers gefördert. Seit Februar 2012 werden außerdem Investitionen in die quartiersbezogene Wärmeversorgung sowie in die energieeffiziente Wasserversorgung und Abwasserentsorgung mit zinsgünstigen Darlehen gefördert.

Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

Am 1. Januar 2015 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz die Förderung kommunaler Energieeffizienz-Netzwerke gestartet. Im Herbst 2015 folgt die Energieberatung für Kommunen, mit der diesen eine konkrete Fachberatung für das jeweilige Gebäude beziehungsweise die Anlage zur Verfügung gestellt wird. Auch die investiven KfW-Förderprogramme werden weiterentwickelt. Kommunen, soziale Einrichtungen und kommunale Unternehmen werden dadurch ab dem 1. Oktober 2015 zusätzlich die Möglichkeit haben, für energieeffiziente Neubauten Fördergelder zu erhalten. Die bereits bestehende Sanierungsförderung wird noch einmal spürbar verbessert. Zum Beispiel werden Tilgungszuschüsse in Höhe von fünf Prozent für energetische Einzelmaßnahmen eingeführt und die Baualtersbeschränkung entfällt.

Interview: Alexander Schaeff

Beckmeyer, UweUwe Beckmeyer (SPD) ist parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die EITI-Umsetzung in Deutschland (Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft).



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