Smart MeteringRoll-out ohne Schnittstellen
Nach jahrelangen Verzögerungen nimmt der Roll-out intelligenter Messsysteme (iMSys) auch im baden-württembergischen Filstal Fahrt auf. Unterstützt wird die Energieversorgung Filstal (EVF) dabei von der Wilken Software Group und dem Prozessdienstleister meterpan.
Die EVF mit Sitz in Göppingen gehört zu den zehn größten Energieversorgungsunternehmen in Baden-Württemberg. Über ihr knapp 1.000 Kilometer langes Leitungsnetz beliefert sie rund 35.000 Kunden mit Strom und 34.000 mit Erdgas. Darüber hinaus ist die EVF für die Wasserversorgung der Städte Göppingen und Geislingen zuständig sowie im Glasfaserausbau und der Vermarktung entsprechender Produkte aktiv. Das Unternehmen setzt dafür seit Jahren die Branchenlösung Wilken ENER:GY ein.
Unterstützung beim Roll-out
Für die EVF lag es nahe, auch hinsichtlich des Smart Meter Roll-outs bei Wilken nach Unterstützung zu fragen. Denn die Wilken Software Group hat mit der SMGA.Suite eine eigene Lösung für die Smart-Meter-Gateway-Administration entwickelt und mit dem Partner meterpan entsprechende Prozessdienstleistungen aufgesetzt. „Ein zentrales Argument war für uns die integrierte End-to-End-Abbildung aller mit dem Smart Meter Gateway verbundenen Prozesse. Demgegenüber ist die Anbindung über Schnittstellen immer problematisch oder mit erhöhtem Aufwand verbunden. Das haben wir bereits in anderen Themenfeldern mit Drittanbietern erlebt und wollten es beim Roll-out der intelligenten Messsysteme anders machen“, erklärt Benedikt Grupp, verantwortlich für das Netz-Management bei der EVF.
Auch die Möglichkeit, die Gateway-Administration an den Prozessdienstleister meterpan auszulagern, spielte bei der Entscheidung eine Rolle. Denn mit einer Quote von rund 3.500 intelligenten Messsystemen im Pflicht Roll-out hätte sich der Aufbau eigener Kompetenzen und Strukturen allein schon wegen der notwendigen Zertifizierungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nicht gerechnet. Alle anderen Prozesse, wie die Installation oder das Messdaten-Management, sollten dagegen intern abgewickelt werden. Daher orderte die EVF neben der Wilken SMGA.Suite auch die Module Wilken Workforce Management und MDM.
Holpriger Start
Die ersten drei Gateways hatte die EVF im Jahr 2022 beschafft, was sich alles andere als einfach gestaltete. „Das lag zum einen an der begrenzten Verfügbarkeit der Geräte, die damals gerade erst vom BSI zertifiziert worden waren. Zum anderen machte die sichere Lieferkette Silke den Bestellprozess sehr komplex“, erinnert sich Grupp. „Entsprechend lange dauerte es, bis wir die drei Geräte tatsächlich in den Händen hielten und erste Erfahrungen sammeln konnten. Außerdem wussten wir noch nicht, wie sich der Markt technisch, rechtlich und softwareseitig entwickeln würde. Die Beschaffung beschränkte sich daher zunächst auf drei Exemplare. Denn wir wollten auf keinen Fall größere Mengen Elektroschrott produzieren.“ Nachdem die ersten Einbaufälle zufriedenstellend gemeistert werden konnten, wurde noch Ende 2022 eine weitere Tranche mit insgesamt 150 iMsys bestellt.
Um sicherzustellen, dass der Roll-out größerer Stückzahlen möglichst reibungslos und weitgehend automatisiert ablaufen kann, beschränkte sich die EVF auch bei den weiteren Testinstallationen zunächst auf Einzelfälle wie den einfachen Bezugszähler, den Einspeiser, den Zweirichtungszähler oder den Mehrquadrantenzähler. „Dabei hat sich schnell gezeigt, dass die Prozesse rund um die intelligenten Messsysteme nagelneu und somit kaum erprobt waren“, berichtet Benedikt Grupp. „Entsprechend war auch die Software noch nicht für alle Fälle gerüstet und wurde parallel weiterentwickelt. Am Anfang mussten wir deshalb viele Schritte manuell erledigen, die eigentlich automatisch ablaufen sollten. Das hat sich inzwischen geändert.“ Nicht nur das schrittweise Vorgehen hat sich dabei bewährt, sondern auch die enge Zusammenarbeit mit Wilken. „Mit einem Ticketsystem allein wäre ein solches Projekt, bei dem man ständig Neuland betritt, kaum zu stemmen gewesen“, sagt Grupp. „Dass uns Wilken mit Sophia Radloff eine dedizierte Ansprechpartnerin zur Seite gestellt hat, war ein zentraler Erfolgsfaktor. Denn so konnten in regelmäßigen Treffen erkannte Schwachstellen schnell behoben und fehlende Funktionalitäten ergänzt werden.“
Heute gut gerüstet
Mittlerweile läuft der Roll-out-Prozess deutlich reibungsloser. Die Installation und Inbetriebnahme durch die Monteure erfolgen IT-gestützt über das Workforce Management, das auch die entsprechende Dokumentation übernimmt. Nach erfolgreicher Übermittlung der erforderlichen Zertifikate werden die intelligenten Messsysteme sicher in Betrieb genommen und die dazugehörigen Stammdaten direkt im Anschluss in die SMGA.Suite und das Wilken MDM übertragen. Noch arbeitet die EVF dabei mit eigenen Monteuren. Die Einbindung von Partnerunternehmen in das Workforce Management ist jedoch jederzeit möglich. Eingesetzt werden in Göppingen momentan ausschließlich Gateways des Anbieters Theben in Kombination mit EMH-, Iskra- oder DZG-Basiszählern.
Die Übermittlung der Messwerte funktioniert heute ebenfalls nahezu reibungslos. Auch die geplante Automatisierung vieler Abläufe konnte wie geplant umgesetzt werden. Damit sieht sich Benedikt Grupp für das Hochfahren des Roll-outs gut gerüstet. Ob sich die EVF dann zunächst auf die rund 3.500 Pflichteinbauten beschränken oder den Roll-out ausweiten wird, ist noch unklar. „Wir prüfen derzeit alle Optionen, wie das am wirtschaftlichsten umgesetzt werden kann und ob ein erweiterter oder gar ein kompletter Roll-out sinnvoll ist. Auf Kundenseite, wo Smart Metering lange Zeit überhaupt keine Rolle gespielt hat, stellen wir jedoch ein Umdenken fest. Erste Kunden haben sich bereits für den Einbau eines iMsys gemeldet.“
Bewegung in den Roll-out
Auch dürften die neuen Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) § 14a Bewegung in den Roll-out bringen. „Wir haben zum Beispiel nicht damit gerechnet, dass schon am 3. Januar 2024 der erste Kunde mit einer Wärmepumpe nach § 14a EnWG um die Ecke kommt. Das ist aber tatsächlich passiert“, sagt Grupp. Deshalb sieht er auch den Entwicklungen rund um das CLS-Management „mit freudiger Erwartung“ entgegen: „Sobald die entsprechenden Steuerboxen zur Verfügung stehen und die dazugehörigen Prozesse in den Wilken-Anwendungen eingerichtet sind, werden wir uns intensiv damit auseinandersetzen. Denn die starke Zunahme von dezentralen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern wie Elektroautos und Wärmepumpen macht solche Werkzeuge in Zukunft unverzichtbar.“
https://www.wilken.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai/Juni 2024 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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