Freitag, 22. November 2024

InterviewPumpspeicher sind ein absolutes Muss

[04.02.2015] Unter den erneuerbaren Stromerzeugungsformen ermöglicht Wasserkraft die größte regionale Wertschöpfung, sagt Dominik Mayr von Verbund Hydro Power. stadt+werk sprach mit dem Leiter des Projekts Energiespeicher Riedl über das Potenzial der Energieressource Wasser.
Dr. Dominik Mayr: „Wasserkraft genießt generell eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.“

Dr. Dominik Mayr: „Wasserkraft genießt generell eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.“

(Bildquelle: Hydro Power)

Herr Dr. Mayr, Verbund ist nicht nur Österreichs führendes Stromunternehmen, sondern auch einer der größten Energieerzeuger aus Wasserkraft in Deutschland. Wie trägt das Unternehmen zur Energiewende hierzulande bei?

Verbund erzeugt in Bayern etwa 3,8 Milliarden Kilowattstunden an Wasserkraftstrom. Damit beträgt unser Anteil am Gesamtvolumen in Bayern etwa 30 Prozent. Mit dieser Erzeugung decken wir einen Teil der erforderlichen Grundlast mittels CO2-freier heimischer Energie ab und bilden so einen Basisgaranten für eine erneuerbare Energiezukunft. Und wir versuchen, durch innovative und ökologische Lösungsansätze sowie umfangreiche Gespräche mit allen Betroffenen auch einen sanften Ausbau der Wasserkraft in Bayern umzusetzen. Falls wir damit erfolgreich sind, können wir ab dem Jahr 2021 in einem positiven Marktumfeld etwa 355 Millionen Kilowattstunden mehr an Wasserkraftstrom ins bayerische Netz einspeisen und mit unserem Energiespeicher Riedl auch 300 Megawatt an gesicherter Kapazität beisteuern.

Der Pumpspeicher Riedl soll beim Donaukraftwerk Jochenstein gebaut werden. Wie ist der Stand des Projekts?

Das Projekt befindet sich zurzeit in der Entwicklung. Vor dem eigentlichen Genehmigungsverfahren steht das so genannte Raumordnungsverfahren. Dieses haben wir Mitte 2012 positiv abgeschlossen. Zum daran anschließenden Planfeststellungsverfahren, bei dem die Bevölkerung mit eingebunden wird, haben wir den ersten Schritt gesetzt und die umfangreichen Genehmigungsunterlagen eingereicht. In diesem Verfahren werden auch alle Aspekte des Umwelt- und Gesundheitsschutzes behandelt. Derzeit laufen die Nachbesserungsarbeiten zu den Unterlagen. Wir gehen davon aus, dass die öffentliche Erörterung in der zweiten Hälfte 2015 stattfinden wird. Je nachdem, wie das zweistaatliche Verfahren läuft, wäre ein positiver rechtskräftiger Bescheid frühestens Anfang 2017 zu erwarten.

Was zeichnet das Projekt Riedl besonders aus?

Der Standort wurde auf Grundlage einer umfangreichen Studie über mögliche Alternativen ausgewählt. Einer der Vorzüge des Projekts ist die hervorragende Eignung des Gesteins im Bereich des bestehenden Kraftwerks Jochenstein an der Donau. Das Gneisgebirge eignet sich besonders für die großteils unterirdische Anordnung der Anlage. Zudem kann auf der Hochfläche in einer natürlichen Geländemulde der Speichersee im so genannten Massenausgleich errichtet werden. Das heißt, dass Lkw-Fahrten auf ein Minimum reduziert werden. Da der Speichersee mit dem anstehenden Erdmaterial geschüttet wird, können die Böschungen flach ausgeführt und an das natürliche Gelände angepasst werden. Das Projekt Energiespeicher Riedl benötigt zudem nicht wie üblich ein zweites unteres Becken, weil das Wasser der Donau beim Kraftwerk Jochenstein entnommen und auch wieder in dieses zurückgeführt wird. Ein entscheidender Vorteil ist auch die vorhandene Transportleitung für die erzeugte Energie. Diese muss nur geringfügig verstärkt werden, eine komplett neue Trasse ist nicht erforderlich.

Pumpspeicherkraftwerke sind aufgrund des Eingriffs in die Landschaft oft umstritten. Wie steht es um die Akzeptanz in der Bevölkerung?

Die Wasserkraft genießt generell eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Alle bisherigen Umfragen untermauern diesen Trend. Aber: Wie bei allen Infrastrukturprojekten bedeutet deren Realisierung Veränderung für die unmittelbar betroffene Bevölkerung. Wir versuchen, durch frühzeitige, dauerhafte und vor allem ehrliche Informationen mögliche Verunsicherungen und Ängste bei den direkt Betroffenen von Beginn an zu erkennen und aufzuklären. Beim Energiespeicher Riedl konnten wir mit einer breit angelegten Informationsoffensive viele der vorhandenen Unklarheiten beseitigen.

„Pumpspeicherkraftwerke sind eine grüne Batterie für die Stromversorgung in Europa.“
Wie bewerten Sie die Rolle von Pumpspeicherkraftwerken für das Energiesystem?

Wenn die stark wetterabhängigen erneuerbaren Energieträger Wind und Sonne zukünftig einen dauerhaften Beitrag zur Stromversorgung leisten sollen, dann sind Pumpspeicherkraftwerke ein absolutes Muss. Sie sind eine grüne Batterie für die Stromversorgung in Europa. Und genau aus diesem Grund bauen wir als Verbund auf neue Pumpspeicherkraftwerke, wie etwa jenes in Kaprun oder in Kärnten. Laufende Projekte sind Limberg III in Kaprun oder der für Bayern wichtige Energiespeicher Riedl in Jochenstein. Aktuell bietet Verbund rund sechs Prozent der gesamten Pumpspeicherleistung in der Europäischen Union.

Nun hat eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums kürzlich konstatiert: Pumpspeicherkraftwerke sind wichtig, aber aus wirtschaftlicher Sicht unrentabel. Können Sie das bestätigen?

Wie Sie sagen, gibt es in keiner der vielen aktuellen Untersuchungen einen Zweifel daran, dass Pumpspeicher zukünftig verstärkt benötigt werden, um die Stromversorgung aufrecht zu erhalten. Ebenfalls unumstritten ist die Tatsache, dass die Pumpspeicherkraftwerke die mit Abstand effizienteste großtechnische Speichertechnologie darstellen. Etwas komplexer sieht die Antwort auf die Frage der Rentabilität aus. Grundsätzlich erwirtschaften Wasserkraftwerke und auch Pumpspeicherkraftwerke selbst unter den heutigen tiefen Strompreisen noch positive Erträge. Allerdings müssen börsennotierte Unternehmen kurzfristig deutlich höhere wirtschaftliche Renditen erzielen, als beispielsweise kommunale Unternehmen. So ist die Antwort, ob eine Anlage rentabel ist oder nicht, immer auch davon abhängig, welche Vorgaben sie vonseiten der Eigentümer erhält. Allerdings sind Investitionsentscheidungen für Stromerzeugungsanlagen, die im vollen Wettbewerb stehen – wie Wasserkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke – derzeit kaum möglich. Hier ist auch und vor allem die Politik gefordert, entsprechende Zeichen in eine konstante Zukunft zu setzen, da ansonsten das Projekt Energiewende gefährdet ist.

Welches Potenzial sehen Sie für weitere Pumpspeicherkraftwerke?

Grundsätzlich eignen sich gebirgige Regionen mit bestehenden Kraftwerken an mittleren und größeren Flüssen für die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken. Dieses Potenzial ist in Deutschland noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. So weist etwa eine jüngst vom bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit beauftragte Studie zur Analyse der Pumpspeicherpotenziale 16 geeignete Standorte für Großanlagen in Bayern mit einer Leistung von insgesamt elf Gigawatt aus.

Wie kann aus Ihrer Sicht der Anteil der Wasserkraft an der Energieerzeugung in Deutschland insgesamt erhöht werden?

Es ist in Deutschland leider immer noch zu wenig bekannt, dass die Wasserkraft die nicht nur effizienteste unter den erneuerbaren Stromerzeugungsformen ist, sie ist auch jene mit der größten regionalen Wertschöpfung. Und sie verfügt im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieträgern über die höchste gesicherte Leistung und die höchsten großtechnischen Flexibilitäten. Potenzial für die Wasserkraft sehen wir aufgrund der Topografie vor allem in Süddeutschland. Der Bestand könnte hier noch maßvoll erweitert werden, womit die Anlagen dann weiterhin ihrer tragenden Rolle als Grundlastlieferant nachkommen. Voraussetzung dafür sind unter anderem stabile Rahmenbedingungen, eine Gleichstellung aller Erzeugungsanlagen bezüglich der technischen Verantwortlichkeiten für die Systemstabilisierung und eine generationenübergreifende Anerkennung als wichtige heimische Ressource.

Interview: Alexander Schaeff

Dr. Mayr, DominikDr. Dominik Mayr ist Projektleiter Energiespeicher Riedl beim Unternehmen Verbund Hydro Power. Mayr studierte Bauingenieurwesen an der Universität Innsbruck und promovierte an der Technischen Universität Graz.



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