Donnerstag, 24. April 2025

EnergiespeicherungPower to Gas ist vielfältig nutzbar

[15.11.2013] Power to Gas wird derzeit intensiv entwickelt und erprobt. Das Verfahren eröffnet nicht nur Möglichkeiten, Strom zu speichern, sondern kann auch im Mobilitätssektor, in der Wärmeerzeugung oder der Industrie eingesetzt werden.
Das Power-to-Gas-Verfahren kann auf unterschiedlichste Weise eingesetzt werden.

Das Power-to-Gas-Verfahren kann auf unterschiedlichste Weise eingesetzt werden.

(Bildquelle: MEV Verlag/PEAK Agentur für Kommunikation)

Power to Gas ist ein derzeit viel diskutierter Ansatz zum Ausgleich und zur Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien. In Zeiten besonders hoher Erzeugung wird Strom über die Umwandlung in Wasserstoff und Methan im bestehenden Erdgasnetz gespeichert und verteilt. Das erzeugte Gas kann dann bei erhöhtem Bedarf wieder verstromt werden oder auch in anderen Bereichen, etwa im Verkehr, in der Wärmeerzeugung oder für die Industrie genutzt werden. Aufgrund seiner vielfältigen und spartenübergreifenden Einsatzmöglichkeiten und den verschiedenen zum Einsatz kommenden Technologien wird Power to Gas als Systemlösung bezeichnet. Das Verfahren setzt sich aus mehreren Prozessschritten zusammen. Zunächst wird Strom aus erneuerbaren Energien dazu genutzt, um in einem Elektrolyseur Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Der Wasserstoff kann dann bis zur Erreichung der zulässigen Konzentration von derzeit fünf Volumenprozent direkt in die bestehende Erdgasinfrastruktur eingespeist und dort gespeichert und verteilt werden. Da seine Einspeisung ins Erdgasnetz begrenzt ist, kann der erzeugte Wasserstoff auch dazu genutzt werden, Methan zu erzeugen. Für die Methanisierung wird Kohlendioxid zugeführt. Für die Einspeisung von synthetischem Methan ins Erdgasnetz besteht keine Höchstgrenze. Die bestehenden Erdgasspeicher stellen mit circa 23 Milliarden Kubikmetern den größten Energiespeicher in Deutschland dar. Sie können sowohl tages- als auch jahreszeitliche Verbrauchsspitzen von Gas ausgleichen. Zu den Erdgasspeichern zählen Porenspeicher wie ehemalige Erdgas- und Ölfelder oder Gesteinskörper mit Hohlräumen, so genannte Aquifere. Solche Speicher dienen dazu, den saisonalen Grundlastbedarf an Erdgas zu decken. Sie reagieren durch die natürlichen Fließwege im kapillaren Porenraum der Speichergesteine in der Regel langsamer auf Veränderungen von Förderraten als andere Speicher.

Power to Gas als Langzeitspeicher

Salzkavernenspeicher sind in ihrer Ein- und Ausspeicherrate leistungsfähiger als Porenspeicher und daher besonders für die tageszeitliche Spitzenlastabdeckung geeignet. Aufgrund der großen Speicherkapazität der Erdgasspeicher bietet sich Power to Gas in Verbindung mit einer Rückverstromung über Gaskraftwerke gut als Langzeitspeicher für Strom an. Im Hinblick auf die Nutzung der Erdgasspeicher für Power to Gas besteht noch Forschungsbedarf, unter anderem zur Wasserstoffverträglichkeit von Porenspeichern. Im Mobilitätssektor können beispielsweise aus heutiger Sicht klimaneutrale Kraftstoffe in den langfristig benötigten Größenordnungen nur durch Wasserstoff oder Methan aus dem Power-to-Gas-Verfahren bereitgestellt werden. Zudem ist die Erzeugung von Wasserstoff und Methan, im Vergleich zur Erzeugung flüssiger, biogener Kraftstoffe, technologisch einfacher umzusetzen. Bei sich verzögerndem Netzausbau können Power-to-Gas-Anlagen auch dazu beitragen, die Systemintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu unterstützen, indem sie die Stromnetze temporär entlasten. Ersetzen können sie den Um- und Ausbau der Stromnetze jedoch nicht.
Die Systemlösung Power to Gas wird derzeit intensiv entwickelt und erprobt. Ziel ist es, insbesondere den noch vergleichsweise geringen Wirkungsgrad zu steigern. Bei der Elektrolyse werden durch Abwärmeverluste etwa 80 Prozent der eingebrachten Energie in Wasserstoff umgesetzt. Die Methanisierung hat ebenfalls einen Wirkungsgrad von etwa 80 Prozent. Wird das synthetische Gas in einem Gaskraftwerk wieder verstromt, ergibt sich letztlich ein Strom-zu-Strom-Wirkungsgrad von gut 40 Prozent. Vielversprechende Ansätze zur Erhöhung der Gesamteffizienz bieten beispielsweise Abwärmenutzungskonzepte.
Eine der größten technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bei der Wasserelektrolyse im Power-to-Gas-Konzept ist die aufgrund der Schwankungen in der Stromerzeugung benötigte Dynamik des Systems. Häufige Lastwechsel und komplettes Herunterfahren belasten insbesondere die mechanischen Komponenten im Elektrolyseur und reduzieren die Lebensdauer des Systems. Bei der Methanisierung gilt es unter anderem, den Reinheitsgrad des regenerativ erzeugten Methans zu erhöhen. Auf diesem Gebiet haben Forscher des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) kürzlich eine wichtige Entwicklung vorgestellt: In einer Testanlage haben sie besonders reines Methan erzeugt, das so hochwertig wie Erdgas ist und die Ansprüche der Richtlinien für die Einspeisung von Methan ins Erdgasnetz voll erfüllt oder sogar deutlich darüber hinausgeht.

Power to Gas in der Erprobung

In Deutschland sind bereits mehrere Pilot- beziehungsweise Demonstrationsanlagen in Betrieb, weitere Anlagen werden projektiert oder befinden sich im Bau. In einem dreijährigen Betrieb erproben beispielsweise 13 Partner der Thüga-Gruppe Power to Gas unter Nutzung des Gasverteilnetzes. Ende 2013 soll die Anlage erstmals Strom in Wasserstoff umwandeln und in das kommunale Gasverteilnetz einspeisen. Bis 2016 wollen die Unternehmen Erfahrungen sammeln, wie die Anlage unter Praxisbedingungen funktioniert. Kernstück der Anlage ist ein Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur (PEM). Ein Vorteil dieses Elektrolyseverfahrens ist, dass der Betrieb mit Wasser anstelle von Kalilauge und damit umweltschonender erfolgt. Außerdem reagieren PEM-Elektrolyseure schneller auf veränderte Lastsituationen im Stromnetz als andere Elektrolyseure. Die Anlage soll über eine Eingangsleistung Strom von 320 Kilowatt (kWel) verfügen und dabei 60 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde produzieren. Ab 2016 soll der Wasserstoff auch in Methan umgewandelt werden können.
In unmittelbarer Nähe zum Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg errichtet ein Konsortium unter der Federführung von Total, Enertrag und Linde eine 500-kW-Elektrolyseanlage zur Versorgung einer Tankstelle mit Wasserstoff. Der Strom zur Wasserstofferzeugung soll über einen nahe dem Flughafen geplanten Windpark mit 46 Windenergieanlagen erfolgen. Die Wasserstoffproduktion mittels 500 kWel Elektrolyse in einem Druckelektrolyseur (45 bar) wird sich in der ersten Ausbaustufe auf über 200 Kilogramm pro Tag belaufen, was etwa 50 Tankfüllungen von Brennstoffzellenautos entspricht. Darüber hinaus kann der Wasserstoff zusammen mit Erdgas oder einem Biogasgemisch in einem Blockheizkraftwerk zur gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung verwendet werden. Der Betriebsstart der Anlage ist für Ende 2013 vorgesehen.
Bereits in Betrieb ist eine Forschungsanlage des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Bad Hersfeld. Dort wird die direkte Methanisierung in einer Biogas-anlage erprobt. Bei klassischen Biogasanlagen wird das Kohlendioxid aus dem Biogas abgetrennt, um den Methangehalt zu erhöhen. Bei der direkten Methanisierung wird das Kohlendioxid im Biogas mittels Wasserstoff zu Methan umgewandelt. Somit wird der Methangehalt des Biogases gesteigert und ein einspeisefähiges Erdgasäquivalent produziert. In der Forschungsanlage ist es bereits gelungen, das Kohlendioxid ohne Abspaltung direkt in Methan umzuwandeln. Der aufwändige Prozessschritt der Abtrennung des CO2 kann dadurch entfallen, was den Wirkungsgrad erhöht. Das erzeugte Gas hat einen Methananteil von mehr als 90 Prozent und kann ohne weitere Aufbereitung in das Erdgasnetz eingespeist werden.

Standort bestimmt Effektivität

Im Rahmen der Pilotprojekte werden auch geeignete Standortfaktoren für Power-to-Gas-Anlagen untersucht. Da die Standortwahl maßgeblichen Einfluss auf die Kosten einer Anlage hat, sollte sie sich nach dem Geschäftsmodell der geplanten Anlage richten und an den Gegebenheiten sowohl im Strom- als auch im Gasnetz orientieren. Von Vorteil ist zum Beispiel die Verfügbarkeit einer erneuerbaren Stromquelle in direkter Nähe, da dann keine EEG-Umlage auf den eingesetzten Strom anfällt. Ebenso von Bedeutung sind Absatz- und Vertriebsmöglichkeiten für Wasserstoff beziehungsweise Methan oder die Wasserstoffaufnahmekapazität des Gasnetzes bei direkter Einspeisung von Wasserstoff. Für Elektrolyseure ist ein Standort mit einem kontinuierlich hohen Gasdurchfluss im Erdgasnetz von Vorteil, da hier größere Mengen Wasserstoff eingespeist werden können, ohne die zulässige Konzentration zu überschreiten. Für die Methanisierung ist eine möglichst erneuerbare Kohlendioxidquelle in räumlicher Nähe vorteilhaft.
Um den Einsatz und die Weiterentwicklung dieser Systemlösung zu unterstützen, hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) die Strategieplattform Power to Gas initiiert. Zusammen mit Forschungsinstituten, Wirtschaftsverbänden, Industrieunternehmen, Energieversorgern und Anlagenbauern wird untersucht, welchen Beitrag das Verfahren zur Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem leisten kann und welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind. Ziel ist es unter anderem, die Nutzbarmachung der Systemlösung Power to Gas für den wirtschaftlichen und großtechnischen Einsatz zu fördern und gemeinsame Umsetzungsstrategien zu erarbeiten. Mit der Politik in den Dialog zu treten und die Öffentlichkeit über Power to Gas zu informieren, sind weitere Ziele. In regelmäßigen Workshops werden die wichtigsten Fragestellungen zur Weiterentwicklung der Systemlösung diskutiert. Im Fokus stehen dabei stets die verschiedenen Nutzungspfade von Power to Gas.
Im Rahmen der Strategieplattform wurden beispielsweise die Eckpunkte einer Roadmap Power to Gas entwickelt. Sie identifiziert Handlungsfelder, die bis 2020 bearbeitet werden müssen, um die Systemlösung Power to Gas in großem Maßstab wirtschaftlich einsetzen zu können. In verschiedenen Positionspapieren haben die Partner der Strategieplattform darüber hinaus ihre Standpunkte und Einschätzungen für die Weiterentwicklung der Technologielösung Power to Gas formuliert.

Hannes Seidl ist stellvertretender Bereichsleiter des Geschäftsbereichs Energiesysteme und Energiedienstleistungen der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena). Andreas Weber ist Projektleiter im Geschäftsbereich.




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