GasPool mit Potenzial
Ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell für kommunale Stadtwerke in Kooperation mit Landwirten hat das Unternehmen Arcanum Energy mit dem Biogas-Pool entwickelt. Die Idee geht auf die Notwendigkeit der intensiven Beratung von Stadtwerken zurück. Der Pool ermöglicht den kommunalen Energieversorgern einen bedarfsgerechten und langfristig gesicherten Bezug von aufbereitetem Biogas, ohne selbst in die Produktion investieren zu müssen. Denn die Investition in die Anlage tätigen Landwirte, die sich auf diesem Weg als Energiewirte ein dauerhaftes Geschäftsfeld erschließen. Dabei legt das Unternehmen sehr viel Wert auf eine ausgewogene und faire Partnerschaft. Jede Biogasanlage wird durch den Pool um eine Aufbereitungsanlage ergänzt. Die Stadtwerke beteiligen sich anteilig in Abhängigkeit der benötigten Abnahmemengen.
Besonderes Konzept
Aktuell wird die Pool-Lösung an fünf verschieden Standorten in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern realisiert. Fünf Stadtwerke haben sich dabei im Pool 1 zusammengeschlossen, um gemeinsam in drei (künftig vier) Anlagen zu investieren. Pool 2 umfasst derzeit zwei Standorte (künftig drei) und bis zu neun Stadtwerke. Der dritte Pool befindet sich im Aufbau, wobei zwei Produktionsstandorte in Sittensen und Wolfshagen/Prignitz mit einer Produktionsmenge von jeweils circa 60 GWh/a Bioerdgas bereits gesichert sind. Es sind dabei nur noch geringe Beteiligungsquoten für Stadtwerke verfügbar.
Für einen Mehr- und Mindermengenausgleich bietet Arcanum Energy mit der Bioerdgas Zentrale ein besonderes Vermarktungskonzept an. Deutschlandweit führen Bioerdgas-Spezialisten über diese Zentrale Angebot und Nachfrage zusammen – ohne zwischengeschaltete Händler. „Damit ergeben sich günstige Preise, die wir an Lieferanten und Abnehmer des aufbereiteten Gases weitergeben und das wiederum hat direkte Lieferbeziehungen ohne Umwege über eine Handelsstufe zur Folge“, erklärt Arcanum-Geschäftsführerin Vera Schürmann. Möglich wird dies durch eine Datenbank, in der bundesweit verfügbare Produktionskapazitäten und Nachfragemengen erfasst werden.
Beitrag zur Marktentwicklung
Mit dem Biogas-Pool als innovativem Investitionsmodell leistet Arcanum Energy einen wesentlichen Beitrag zur positiven Marktentwicklung der Bioerdgaseinspeisung. Die Rohgasaufbereitung und Einspeisung des so genannten Bioerdgases (oder Biomethan) stoßen insbesondere an solchen Standorten auf Interesse, an denen eine direkte Verstromung des Rohbiogases im Blockheizkraftwerk (BHKW) aufgrund fehlender Wärmesenken weder unter ökologischen noch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll wäre. Die Einspeisung und Nutzung des Erdgasnetzes hingegen erlaubt bereits einen bundesweiten Einsatz von Bioerdgas an dafür optimierten Standorten. Solche zeichnen sich vor allem durch einen hohen, wenn möglich saisonal unabhängigen Wärmebedarf aus, sodass BHKW-Auslastungen von über 5.000 Stunden erreicht werden können. Auch wenn diese BHKW in der Vergangenheit mit Erdgas betrieben wurden, sollte ein Stadtwerk den Bioerdgaseinsatz prüfen. Nach Ende der KWKG-Vergütung stellt der Wechsel zum EEG eine echte Alternative dar, um auch zukünftig das BHKW wirtschaftlich betreiben zu können. Durch die Nutzung der bereits vorhandenen Gasleitungen ist Bioerdgas zudem die einzige speicherbare unter den erneuerbaren Energieformen (ausgenommen der Pumpspeicherkraftwerke) und kann deutschlandweit geliefert werden. Somit ist ein bedarfsgerechter Einsatz anders als bei Wind und Sonne möglich.
Beim Biogas-Pool investieren Stadtwerke gemeinsam an verschiedenen Standorten in die Produktion von Bioerdgas. Vor Ort ansässige Landwirte wiederum legen in Biogasanlagen an und stellen damit das benötigte Rohbiogas für die Aufbereitung zur Verfügung. Der Stadtwerke-Pool errichtet an jedem dieser Standorte eine Anlage zur Aufbereitung von Biogas zu Bioerdgas. Dieses wird vom lokalen Netzbetreiber in das Erdgasnetz eingespeist. Die Landwirte verkaufen das Rohbiogas an den Stadtwerke-Pool auf Basis klar definierter und langjähriger Lieferverträge. Die Stadtwerke zeichnen die benötigten Mengen und können damit über den Pool individuelle Mengen bedarfsgerecht beziehen. Jeder Versorger erhöht auf diese Weise die Liefersicherheit gegenüber Verträgen mit einzelnen Erzeugern und einzelnen Anlagen. Durch die Kooperation verringern sich die Investitionskosten, werden Synergieeffekte genutzt und Risiken reduziert. Diese Art der Investition in erneuerbare Energien erhöht die eigene Wettbewerbsfähigkeit und verbessert das Image eines Energieversorgungsunternehmens, das Umwelt- und Klimaschutz im Sinne einer nachhaltigen und dezentralen Erzeugung ernst nimmt.
Zentrale für Bioerdgas
Neben der Pool-Lösung bietet Arcanum Energy Stadtwerken über die Bioerdgas Zentrale einen Beschaffungs- und Absatzweg an und führt bundesweit Erzeuger und Kaufinteressenten zusammen. Dabei stehen Erzeuger und Abnehmer in einem direkten Vertragsverhältnis ohne die margenträchtige Zwischenschaltung eines Handelsunternehmens. Die Zentrale funktioniert über eine datenbankgestützte Vermittlung von Bioerdgasspezialisten von Arcanum Energy und stellt damit ein deutschlandweit tätiges Vermarktungs- und Abwicklungsinstrument für Bioerdgas dar, welches auch das gesamte Transport- und Bilanzkreis-Management beziehungsweise Portfolio-Management unter Einhaltung der gültigen gaswirtschaftlichen Regelungen anbietet. Dadurch wird der Absatz von Bioerdgas vereinfacht und verschafft den Nachfragern eine sichere Versorgung ohne Lieferprobleme oder unkalkulierbare Preisschwankungen. Zudem wird die Führung der Herkunftsnachweise für die EEG-konforme Dokumentation und damit künftig verbundene Einhaltung des Massenbilanzierungssystems sichergestellt. Das Management von besonderen Biogas-Bilanzkreisen, die Abbildung des Flexibilitätsrahmens und die Mengensteuerung durch eine professionelle Portfoliobewirtschaftung sichern einen kostenoptimierten Transport im Erdgasnetz.
Für Lieferanten und Abnehmer öffnet sich der Bioerdgasmarkt damit deutschlandweit. Stadtwerke gewinnen neue attraktive Absatz- und Beschaffungsmöglichkeiten. Dabei sind sie nicht mehr auf die Zusammenarbeit mit Großkonzernen angewiesen, in der sie in der Regel der schwächere Partner sind. Sie bewegen sich auf Augenhöhe mit dem Abnehmer und erhalten langfristige Abnahmegarantien und faire Preise. Bürokratischer Aufwand – insbesondere bei der Abwicklung des Transport- und Bilanzkreis-Managements – wird den Erzeugern durch die Bioerdgas Zentrale abgenommen. Auch die Abnehmerseite kann damit auf große Zwischenhändler verzichten und in der Folge wirtschaftlicher arbeiten. Die Risiken sind selbst bei Lieferschwierigkeiten der jeweiligen Vertragsproduzenten für die Abnehmer minimal, weil kurzfristig freie Produktionskapazitäten ersatzweise zur Verfügung gestellt werden können.
Ausblick
Stadtwerke und Bioerdgas passen gut zusammen. Beiden wird eine bedeutende Rolle im Rahmen der Energiewende in Deutschland zukommen. Stadtwerke können Bioerdgas im BHKW, als Ökogas oder als Kraftstoff, flexibel einsetzen. Bioerdgas ist zudem im Erdgasnetz speicherbar, wodurch es bedarfsgerecht eingesetzt werden kann, wenn etwa kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint. Stadtwerke werden mit Bioerdgas ein Stück weit unabhängiger gegenüber Erdgasimporten. Die begrenzte Ressource Erdgas wird auf diese Weise geschont und durch ein klimafreundlicheres Äquivalent ersetzt. Stadtwerke setzen mit Bioerdgas auf den Joker in der Energiewende, fördern die lokale Wertschöpfung und nehmen positiven Einfluss auf die Umwelt. CO2-Emissionen werden deutlich reduziert, wodurch Stadtwerke zum zentralen Akteur beim Klimaschutz werden. Arcanum Energy wurde von der Deutschen Energie-Agentur mit der „Biogaspartnerschaft des Jahres 2011“ ausgezeichnet. In Zukunft ermöglicht das Unternehmen Stadtwerken dank eines ausgeklügelten Energiegenossenschaftsmodells die direkte Beteiligung ihrer Kunden an nachhaltiger Energieerzeugung.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2012 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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