Montag, 25. November 2024

Plattform EE BWPlädoyer für Tiefe Geothermie

[22.03.2023] Derzeit wird in Baden-Württemberg nur ein Sechstel des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt. Um diesen Anteil zu erhöhen, könnten in Zukunft Wärmenetze genutzt werden, die aus Tiefer Geothermie gespeist werden.

In Baden-Württemberg könnte der Wärmebedarf zu einem großen Teil durch Tiefe Geothermie gedeckt werden. Wie die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) mitteilt, ist vor allem am Oberrhein das Potenzial hierfür groß. Mehrere Energieversorger und Unternehmen planten aktuell die Nutzung der Erdwärme. Etwa im Kreis Karlsruhe: In Graben-Neudorf solle im Jahr 2025 ein Geothermiekraftwerk in Betrieb gehen; mit der gewonnenen Energie könnten rund 20.000 Haushalte in der Kommune und den umliegenden Gemeinden mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden. Doch die Technologie erhitze auch die Gemüter: Ein Bürgerentscheid im nebenan gelegenen Waghäusel kläre am 26. März 2023, ob die Kommune städtische Grundstücke zur Nutzung für die Tiefe Geothermie zur Verfügung stellen kann.
Die klimaneutrale Wärmeversorgung liege noch in weiter Ferne. Im Jahr 2022 hätten die bundesweiten Kohlendioxidemissionen erneut über den gesetzlichen Zielwerten gelegen. Das zeigten Zahlen des Umweltbundesamts. Auch Baden-Württemberg habe Aufholbedarf: Zum größten Teil heizten Gebäudeeigentümer noch immer auf Basis von Gas oder Heizöl. Lediglich 16 Prozent des gesamten Wärmeverbrauchs stamme aus erneuerbaren Energien. Um die Klimaschutzziele im Südwesten zu erreichen, brauche es hier einen deutlichen Fortschritt. Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform EE BW, empfiehlt, dies zu bejahen: „Die Vorteile der Tiefen Geothermie sind immens – mehr Versorgungssicherheit, eine kostenstabile Wärmeversorgung, die Wertschöpfung vor Ort und viel Klimaschutz.“ 

Wärmereservoir im Untergrund

Angaben von EE BW zufolge kann die Tiefe Geothermie neben Wärmepumpen, Holzheizungen und Biogas zur Wärmewende beitragen. Sie liefere Energie aus dem Inneren der Erde, die Wärmereservoirs lägen drei bis vier Kilometer tief. So ließen sich erneuerbare Wärme und Strom gewinnen. Bislang spiele die Tiefe Geothermie im Südwesten noch eine geringe Rolle. Energieversorger und Unternehmen wollten dies nun ändern. Besonders gut seien die geologischen Voraussetzungen in Baden-Württemberg zwischen Mannheim und Lörrach, auch in Oberschwaben gebe es Potenzial. Mehrere Unternehmen hätten am Oberrhein Projekte begonnen. Es gebe erste Planungen, Erkundungsbohrungen, Bauprojekte und bereits im Betrieb befindliche Anlagen.
Die Technologie eröffne die Chance, die Wärmewende am Oberrhein erfolgreich zu gestalten. „Bislang sind es die Kohlekraftwerke in Mannheim und Karlsruhe, die die Region mit Fernwärme versorgen. Mit der Tiefen Geothermie besteht die Möglichkeit, die Versorgungsnetze mit regenerativer Wärme speisen zu können und darüber hinaus auch weitere Gemeinden aus diesen Wärmequellen zu versorgen“, sagt Pöter. „Aus den Plänen müssen nun konkrete Projekte werden. Die Nutzung der Tiefen Geothermie sollte, wo es geologisch möglich ist, immer mit in Betracht gezogen werden.“

Bürgerbegehren behindern Projekte

Laut EE BW erkennen die überwiegende Mehrheit der Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die Wissenschaft sowie die Umwelt- und Naturschutzverbände den Wert der Tiefen Geothermie und ihr hohes Potenzial für den Transformationsprozess am Oberrhein an. Auch bürgerliche Klimaschutzbündnisse, Bürgerenergiegenossenschaften oder Fridays for Future seien für die Nutzung der Technologie. Trotz der großen Zustimmung strengten kleine Bürgerinitiativen jedoch immer wieder Bürgerbegehren an, die zum Beispiel die Bereitstellung von Grundstücken für Geothermie-Projekte durch die Kommunen verhindern sollen. Ein aktuelles Beispiel sei Waghäusel. Endet der Bürgerentscheid mit einem „nein“, drohe der Stadt der Verlust von Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten. Auch die Region, welche die Wärmeplanung bereits weit vorangetrieben hat, könnte auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung zurückgeworfen werden.
„Wir spüren deutlich, dass in der Bevölkerung, den kommunalen Gremien und auch bei den Behörden mehr Zustimmung für Erneuerbare-Energien-Projekte gibt. Die Energiekrise hat das Umdenken beschleunigt, das Interesse an den erneuerbaren Energien ist groß“, berichtet Franz Pöter. Er ergänzt: „Bei Bürgerentscheiden oder auch bei Informationsveranstaltungen ist es wichtig, dass sich die Befürworter aktiv beteiligen.



Stichwörter: Geothermie, Plattform EE BW


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Geothermie

München: Allianz für den Klimaschutz

[18.11.2024] Die Landeshauptstadt München, acht Kommunen der NordAllianz und die Stadtwerke München wollen enger zusammenarbeiten, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Versorgungssicherheit zu verbessern. mehr...

zusehen sind drei Vibro-Trucks, die den Untergrund in der Stadt Münster untersuchen sollen.

Münster: Stadt wird durchgerüttelt

[24.10.2024] Die Stadtwerke Münster starten Anfang November eine groß angelegte geologische Erkundung, um das Potenzial der Tiefengeothermie auszuloten. Diese könnte in Zukunft einen großen Teil des Wärmebedarfs in Münster klimaneutral decken. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrplatz für tiefe Bohrungen.

Fraunhofer-Studie: Vorhandene Bohrlöcher nutzen

[23.10.2024] Eine neue Studie des Fraunhofer IEG zeigt, dass alte Erdgasbohrungen für die Gewinnung von Erdwärme genutzt werden können. Insbesondere für Kommunen im norddeutschen Becken könnten ungenutzte Bohrungen eine wertvolle Wärmequelle darstellen. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrkopf für Geothermiebohrungen.

Praxisforum Geothermie.Bayern: Goldenes Heizwerk steht in München

[21.10.2024] Die bayerischen Geothermieanlagen haben im Jahr 2023 etwa 2,8 Terawattstunden Wärme erzeugt und einen bedeutenden Beitrag zur Wärmewende geleistet. Im Rahmen des Praxisforums Geothermie.Bayern wurden herausragende Anlagen für ihre Effizienz prämiert. mehr...

Luftaufnahme von Messtrucks in einem Wald.

Tiefe Geothermie: Bochums Untergrund wird kartiert

[21.10.2024] Um das Aufsuchen untertägiger Wärmespeicher zu erleichtern, wird jetzt ein fünf Kilometer langes Stück des Bochumer Untergrunds kartiert. Die Messungen reichen bis in 2.000 Meter Tiefe und sollen bis einschließlich Februar 2025 stattfinden. mehr...

Eavor und enercity schließen Wärmeliefervertrag

Hannover: Geothermieprojekt startet

[16.10.2024] Die Stadt Hannover geht einen weiteren Schritt in Richtung Wärmewende: Gemeinsam mit dem Energieversorger enercity und der Firma Eavor soll Erdwärme für das Fernwärmenetz gewonnen werden. Jetzt sind die ersten Vorbereitungen für das Geothermieprojekt gestartet. mehr...

Spatenstich in München für die größte Geothermieanlage Kontinentaleuropas.

München: Spatenstich für Geothermieanlage

[07.10.2024] In München haben jetzt die Bauarbeiten für die größte Geothermieanlage in Europa begonnen. Die Anlage am Michaelibad soll ab 2033 rund 75.000 Haushalte in der Region mit klimaneutraler Fernwärme versorgen und ist ein wichtiger Baustein für die Wärmewende der Stadt. mehr...

NRW-Geothermiekonferenz: Schatz aus der Tiefe heben

[07.10.2024] Nordrhein-Westfalen will 20 Prozent seines Wärmebedarfs klimaneutral aus Erdwärme decken. Auf der 19. NRW-Geothermiekonferenz werden aktuelle Projekte und technologische Entwicklungen für die kommunale Wärmeplanung vorgestellt. mehr...

NRW: Geld für Aachener Geothermie

[19.09.2024] NRW fördert eine wichtige Vorerkundung für ein Geothermieprojekt der Stadtwerke Aachen. mehr...

Die Gemeinde Grünwald sparte im Jahr 2023 rund 22.000 Tonnen CO2 durch die Nutzung der Tiefengeothermie.

Drees & Sommer: Tiefengeothermie auf Expansionskurs

[16.09.2024] Die Tiefengeothermie in Bayern befindet sich auf Expansionskurs. Dank neuer Projekte soll die klimafreundliche Wärmequelle künftig einen noch größeren Beitrag zur Wärmewende in Bayern leisten. mehr...

Baustellenbesichtigung: Im Norden von Frankfurt am Main entsteht ein zukunftsweisendes Klimaschutzquartier.

Frankfurt am Main: Klimaschutzquartier im Bau

[10.09.2024] In Frankfurt entsteht ein neuer Vorzeigestadtteil: Im Hilgenfeld sollen rund 2.500 Menschen mit klimaschonender Energie versorgt werden. Das innovative Energiekonzept kombiniert Geothermie, Solarenergie und Blockheizkraftwerke. mehr...

Altenburg: Kaltes Nahwärmenetz in Betrieb

[09.09.2024] In Altenburg wurde jetzt ein innovatives kaltes Nahwärmenetz offiziell in Betrieb genommen. Das Projekt, das über 100 Gebäude mit nachhaltiger Geothermie versorgen soll, gilt als Vorbild für die klimafreundliche Wärmeversorgung im Ahrtal und Rheinland-Pfalz. mehr...

12 Uhr Mittags: Thomas Finkeldey

LBEG: Schicht im Schacht Steinförde

[23.07.2024] Eine geplante geothermische Nachnutzung des Kalischachts Steinförde in Wietze wird nicht umgesetzt. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) und der Verein Geoenergy Celle haben festgestellt, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. mehr...

Kick-off-Treffen des Geothermieprojekts AGENS in Speyer.

Speyer/Schifferstadt: Geothermieprojekt AGENS gestartet

[12.07.2024] In den Städten Speyer und Schifferstadt soll Erdwärme für die Nah- und Fernwärmeversorgung genutzt werden. Das Projekt AGENS will durch innovative Bohrtechniken die Dekarbonisierung und Unabhängigkeit der Energieversorgung vorantreiben. mehr...

So funktioniert die Tiefe Geothermie in Neustadt-Glewe.

Neustadt-Glewe: Tiefengeothermie zur Wärmewende

[28.06.2024] Die AEE zeichnet im Juni die Stadt Neustadt-Glewe als Energie-Kommune des Monats aus. Einer der Gründe ist die effiziente Nutzung von Tiefengeothermie. mehr...