Freitag, 22. November 2024

Stadtwerke TübingenNeuer Windpark in Oberkochen

[19.01.2016] Der neue Windpark auf der Ostalb ist nach dem Standort Weikersheim der zweite Windpark der Stadtwerke Tübingen in Baden-Württemberg. Die feierliche Eröffnung fand mit einer Pressekonferenz im Rathaus der Stadt Oberkochen statt.
Die offizielle Einweihung des Windparks erfolgte im Rathaus der Stadt Oberkochen.

Die offizielle Einweihung des Windparks erfolgte im Rathaus der Stadt Oberkochen.

(Bildquelle: K21 Media AG / Melanie Schulz)

Die Stadtwerke Tübingen (swt) haben jetzt einen neuen Windpark in Oberkochen eröffnet. Die vier Windkraftanlagen vom Typ Nordex N117 mit einem Rotordurchmesser von 117 Metern sollen künftig 23 Millionen Kilowattstunden Strom im Ostalbkreis erzeugen (21155+wir berichteten). Finanzierungspartner der Stadtwerke Tübingen und damit auch Anteilseigner ist die Beteiligungsgesellschaft KommunalPartner mit ihren insgesamt sechs beteiligten Stadtwerken. Neben den Stadtwerken Tübingen sind dies das Stadtwerk am See, die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen, die Energieversorgung Filstal, die Stadtwerke Mühlacker sowie die Stadtwerke Schwäbisch Hall. Oberkochens Bürgermeister Peter Traub unterstrich während der Pressekonferenz vor allem das Interesse und die große Neugier in der Bevölkerung. Traub erklärte, dass ursprünglich die Stadt Oberkochen das Areal für ein eigenes Bürgerprojekt mit Windkraftanlagen hatte erwerben wollen, der Projektierer juwi aber letztendlich bezuschlagt worden sei. Traub lobte, dass mit den Stadtwerken Tübingen nun doch eine kommunale Einrichtung den Windpark betreibt. Da die Stadt Oberkochen laut Gemeinderatsbeschluss für ihre öffentlichen Einrichtungen und Gebäude ausschließlich Ökostrom von den Stadtwerken Tübingen beziehe, schließe sich der Kreis hier wieder.

Umweltminister Unterstellter lobte Ausbau der Windkraft

Baden-Württembergs Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Franz Untersteller freute sich, nach einem Jahr erneut mit dem Tübinger Oberbürgermeister und Vertretern der Stadtwerke Tübingen einen Windpark einzuweihen – im Januar 2015 hatten die Stadtwerke bereits einen Windpark in Weikersheim in Betrieb genommen -, diese Serie könne sich gerne so fortsetzen. Als Besonderheit des Oberkochener Projekts lobte auch Untersteller dessen kommunalen Charakter. Die Wertschöpfung bliebe damit in der Region, was letztendlich auch zu einer hohen Akzeptanz in der Bevölkerung geführt habe. Außerdem sei das Projekt von vielen Fachpartnern begleitet worden. Nicht zuletzt deshalb habe das Material beispielsweise just in time geliefert werden können, der Verbrauch von Waldflächen sei durch den Verzicht auf Lagerflächen entsprechend gering gehalten worden. Der Standort zeichnet sich laut Untersteller durch seine gute Windhöffigkeit aus. So zeige der Windkraftatlas Baden-Württemberg, dass insbesondere der Ostalbkreis, der Main-Tauber-Kreis und die Hohenlohener Ebene über große windkraftrelevante Flächen verfügen. Schon in absehbarer Zeit würden sich insgesamt 80 Windräder alleine in der Ostalb drehen.

Erste Erfolge in Baden-Württemberg werden sichtbar

Die Bundesregierung müsse jetzt die Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Windkraft schaffen. Nach Einschätzung von Untersteller ist man davon aber noch ein Stück weit entfernt. Der Umweltminister kritisierte insbesondere die Beibehaltung des Deckels von 40 bis 45 Prozent bis zum Jahr 2025. Bezüglich der Situation in Baden-Württemberg erinnerte Untersteller an das Ziel der Landesregierung, die Stromerzeugung aus Windkraft bis zum Jahr 2020 auf zehn Prozent erhöhen zu wollen. Während der ersten drei Jahre seiner Amtszeit habe es nicht danach ausgesehen, als ob dieses Ziel zu erreichen sei. Zu viele Vorarbeiten mussten geleistet werden: das Landesplanungsgesetz wurde novelliert, der Windkrafterlass entwickelt und die Daten zu windkraftrelevanten Arten wurden erstmals erhoben. Außerdem sind die Kompetenzzentren bei den Regierungspräsidien eingerichtet und neue Regionalpläne erstellt worden. Untersteller betonte: „In den vergangenen Jahren haben wir dann erstmals Erfolge gesehen. 2014 gab es insgesamt 94 Genehmigungen für Windparks in Baden-Württemberg – eine beachtliche Zahl vor dem Hintergrund, dass es bis dato im ganzen Land nur 380 Anlagen gab –, 2015 sind weitere 100 Genehmigungen dazu gekommen. Im Dezember 2015 befanden sich insgesamt 121 Anlagen mit einer Leistung von 330 Megawatt im Bau. Mit dem, was momentan insgesamt noch in der Pipeline ist, haben wir die Hälfte dessen erreicht, was wir für das Zehn-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 brauchen.“ Positiv sei außerdem, dass aufgrund der Anlagenhöhe heute Standorte erschlossen werden könnten, die zuvor gar niemand in Betracht gezogen habe.

Die Ostalb ist in Sachen Windkraft dem Land schon weit voraus

Klaus Pavel, Landrat des Ostalbkreises, erklärte, er habe in Anbetracht der von Untersteller genannten Zahlen auf Landesebene sofort gedacht: „Da ist das meiste von uns.“ Schließlich sei man als Ostalb in Sachen Windkraft dem Land schon weit voraus, was auch kreispolitisch so gewollt sei. So habe man die Energiewende hier von Anfang an aktiv unterstützt und mit der Offensive Ostalb möglichst rasch zusätzliche Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen. Mit den momentan in der Genehmigung befindlichen WEA und der Photovoltaik, die ebenfalls eine große Rolle vor Ort spiele, könne man auf der Ostalb schon bald 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren decken. Pavel machte deutlich: „Ich kann nicht gegen Atomkraftwerke sein und dann sagen, erneuerbare Energien will ich auch nicht. Da muss die Politik Flagge zeigen und wir auf der Ostalb haben das gerne getan.“

Tübingen habe einen Fehler: es liege nicht auf der Ostalb

Boris Palmer, Aufsichtsratsvorsitzender der swt und Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, räumte ein, dass die Stadt einen einzigen gravierenden Fehler habe, sie liege nicht auf der Ostalb: „Wir haben zwar den Neckar, die Universität und die Stadtwerke, aber wir haben keinen Wind.“ Deshalb hat man bei den Stadtwerken eine Abteilung gegründet und sich nach Partnern umgeschaut. Anfangs sei man zwar nur außerhalb Baden-Württembergs fündig geworden, aber durch die neuen Weichenstellungen der Landespolitik sei es dann tatsächlich möglich geworden, wieder in Baden-Württemberg zu investieren. Politisch bedeute der Erwerb des Windparks Oberkochen einen weiteren Schritt hin zu dem Ziel, 50 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der Stadt Tübingen aus umweltfreundlichen Quellen (einschließlich Kraft-Wärme-Kopplung) beziehungsweise bis zum Ende des Jahrzehnts aus regenerativen Quellen decken zu wollen. „Und so bringen wir unser Kaptial eben dahin, wo der Wind weht, und was wir zurücknehmen nach Tübingen ist jedenfalls für unseren Klimaschutzplan die Behauptung, dass das unser Strom ist.“

Entscheidender Rückenwind

Ortwin Wiebecke, Geschäftsführer der KommunalPartner und Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Tübingen, wies darauf hin, dass man für den Bau eines Windparks nicht nur Wind sondern auch Rückenwind brauche. Ganz entscheidend in den letzten Jahren sei der Rückenwind durch das Land aber auch durch die Kreise – die offen dieser Entwicklung gegenüber stehen – und die Kommunen gewesen. „Diese breite politische Unterstützung hat hier zum Erfolg geführt und überhaupt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Windpark in Oberkochen entstehen konnte.“

Schnelle Umsetzung trotz schwierigem Standort

Laut Thomas Broschek, Geschäftsführer von juwi Energieprojekte, habe der Standort im Wald den Projektierer in mehrfacher Hinsicht gefordert. So habe das Unternehmen besondere infrastrukturelle Themen bearbeiten und etwa durch Rüttelstopfsäulen die entsprechende Stabilität des lehmigen Untergrundes bis in zehn Meter Tiefe erst herstellen müssen. Letztendlich sei es außerdem gelungen, fast ausschließlich im Bereich von Jungbeständen zu bauen. Aber auch der Zeitablauf mache den Windpark zu einem ganz besonderen Erfolg: So habe juwi erst im Mai 2013 den Gestattungsvertrag unterzeichnet und schon zweieinhalb Jahre später den Windpark in Betrieb genommen. Dies sei vor allem in Zeiten, in denen man überall Widerstand gegen den Ausbau der Windkraft spüre, eine sehr positive Entwicklung.





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