Freitag, 22. November 2024

1. InnovationskonferenzNeue Impulse für die Energiewende

[07.07.2014] Premiere für die Innovationskonferenz des Grüner Strom Labels: Auf der zweitägigen Veranstaltung in Heidelberg gingen Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden der Fragen nach, welche Impulse für den Umbau der Energieversorger gesetzt werden müssen.
In Heidelberg fand vom 2. bis 3. Juli 2014 die 1. Innovationskonferenz des Grüner Strom Labels statt.

In Heidelberg fand vom 2. bis 3. Juli 2014 die 1. Innovationskonferenz des Grüner Strom Labels statt.

(Bildquelle: Grüner Strom Label e.V.)

Wer sich für die aktuellen Entwicklungen im Bereich der erneuerbaren Energien interessiert, hatte am vergangenen Mittwoch (2. Juli 2014) gleich zwei gute Gründe nach Heidelberg zu fahren. Der Ökostrom-Zertifizierer Grüner Strom Label feierte nicht nur sein 15-jähriges Bestehen, sondern nahm diesen Tag auch zum Anlass, eine neue Diskussionsplattform ins Leben zu rufen. Zur Premiere der zweitägigen Innovationskonferenz Energie Erneuerbar Gestalten trafen sich rund 60 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden. Rosa Hemmers, Vorsitzende des Grüner Strom Labels, fand zum Auftakt die passenden Worte für die Zielsetzung der Veranstaltung: „Wir brauchen mutige Ansätze. Mit dieser Konferenz wollen wir Impulse setzen.“ Die Klein-Klein-Debatte, die bislang die politische Agenda und die Medien durchdringe, sei kontraproduktiv. Statt nur die Kosten der Energiewende im Blick zu haben, solle man zeigen, wie viel Chancen gerade auch für die mittelständische Branche bestehe. Die Stadt Heidelberg gehe hier mit gutem Beispiel voran. Dem schloss sich Hans-Wolf Zirkwitz vom Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht & Energie der Stadt Heidelberg an. In den vergangenen Jahren seien Milliardensummen in die konventionellen Stromsysteme geflossen. In dieser Hinsicht sei mehr Transparenz und Ausgewogenheit in der Berichterstattung der Medien wünschenswert. Die Bahnstadt Heidelberg zeige, dass sich Investitionen in Klimaschutzkonzepte lohnen können (15924+wir berichteten). Rund die Hälfte der Wohneinheiten seien bereits gebaut. „Der Absatz ist reißend“, so Zirkwitz. Dennoch müsse die Stadt weiterhin effizienter werden.
Klaus Brunsmeier, Stellvertretender Vorsitzender beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), verwies in seinem Vortrag auf die wichtige Rolle, welche die Bürger und Energiegenossenschaften bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen spielen. Die Bürger „nehmen es selbst in die Hand“, sagte Brunsmeier. Da sei es fast schon nebensächlich, was die Politik alles an Maßnahmen und Reglementierungen beschließe. Denn die Menschen seien weniger an Rendite interessiert. Dennoch sei die Bürgerenergie massiv durch die jüngste Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefährdet. „Wir müssen darum kämpfen, dass die Ausschreibungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen verhindert werden“, so Brunsmeier. „Die Energiewende kann nur mit den Bürgern gelingen.“

Vom Versorger zum Dienstleister

Um rein technische Aspekte ging es zu Beginn des ersten Themenblocks. Reinhard Mackensen vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesysteme IWES stellte sich die Frage, wie reif virtuelle Kraftwerke für die Praxis sind. Dazu gab er Einblicke in die Ergebnisse mehrerer Forschungsvorhaben der vergangenen Jahre, darunter auch die des Kombikraftwerks 2 (18419+wir berichteten). Das Projekt zeige, dass virtuelle Kraftwerke die Netzstabilität in einer vollständig erneuerbaren Stromversorgung sicherstellen kann. Dennoch sei weiterhin ein hoher Forschungsbedarf notwendig. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender des Ökostrom- und Biogasanbieters Naturstrom, erläuterte anschließend die Rolle der Versorgungsunternehmen in einem Marktdesign, das zunehmend von der Direktvermarktung und vom Spot-Markt dominiert wird. Energieversorger müssten umdenken. Aus Förderprojekten müssten Lieferkraftwerke werden, aus Energieversorgern Energiedienstleister. Es würde nicht mehr darum gehen, Strom lediglich bereitzustellen, sondern ihn bei Bedarf auch von den Kunden – bei der Eigenerzeugung – abzunehmen. Um neue Marketing-Konzepte ging es bei Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg. Er verdeutlichte anhand der Energiekonzeption 2020 wie sich die Bürger in Klimaschutzprojekte einbinden und mitnehmen lassen. So ist für den Energiepark Heidelberg-Pfaffengrund ein neuer Wärmespeicher geplant, der den alten Gasspeicher als Markenzeichen des Stadtgebiets ersetzen könne.
Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden „Innovative Projekte aus der Grüner-Strom-Zertifizierung“ vorgestellt. Den Anfang machte Ingo Jeromin vom Unternehmen Mainova. Er verdeutlichte anhand des Smart-Grid-Projekts INES, wie sich die Auslastung von Niederspannungsnetzen anhand nur weniger Sensoren messen und regulieren lässt und wie damit dem massiven Netzausbau vielerorts entgegengetreten werden kann. Die Heidelberger Energiegenossenschaft stellte indes eine neues Direktverbrauchskonzept vor, bei dem Energiegenossenschaften in die Rolle des Energieversorgers schlüpfen und den Strom vom Solardach für die Mieter zur Verfügung stellen. Der Vorteil: Trotz eines zweiten Anbieters erhält der Mieter weiterhin nur eine Rechnung. Zusätzliche Netzentgelte könnten zudem vermieden werden.

Gestalter und Verunstalter der Energiewende

Der letzte Block befasste sich mit den „Gestaltern der Energiewende außerhalb der Politik“. Dieter Brübach, Vorstand beim Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) ging auf die vielen Akteure wie Stadtwerke, Verbände oder Stiftungen ein und verdeutlichte ihr besonderes Engagement. Aber auch die Bürger seien wichtig. Auf sie entfalle ein Großteil der Investitionen in erneuerbare Energien. So gebe es rund 700 Energiegenossenschaften in Deutschland.
#bild2Die abschließende Podiumsdiskussion, an der neben Thomas E. Banning unter anderem auch der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters, teilnahm, wurde sehr intensiv geführt. Peters fand deutliche Worte zum gegenwärtigen Stand der Energiepolitik. Das Wahlversprechen, das Sigmar Gabriel (SPD) den Wählern gemacht hatte, sei gebrochen worden. „Das EEG zeigt, dass mit unserer Demokratie etwas nicht stimmt“, so Peters. Ganz so weit wollte Banning nicht gehen, stimmte aber zu, dass die Energiepolitik in Deutschland nur von einem kleinen Personenkreis kontrolliert und über die Medien weitergetragen werde. „Man muss das Spiel hinter der politischen Bühne verstehen.“ Daher sei die Mobilisierung von Bürgern so wichtig, sagte Banning. Auf die Frage des Moderators, wie es möglich sei, die Bürger noch mehr für Klimaschutz und Energiewende zu bewegen, antwortete Peters: „Wir brauchen einen Impuls. Das neue EEG ist vielleicht dieser Impuls – im Guten wie im Schlechten.“

Marc Tosenberger




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