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Nach der positiven Markterklärung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat der flächendeckende Roll-out intelligenter Messsysteme (iMSys) nun begonnen. Diese sollen künftig digitale Geschäftsmodelle ermöglichen, die den Kunden einen Mehrwert bieten und gleichzeitig die Energiewende vorantreiben. Dazu gehören sowohl netzdienliche Funktionen wie das Steuern von Lasten und Einspeisungen zur Netzstabilisierung als auch die marktdienlichen Funktionen, die von der Visualisierung der Verbrauchsdaten bis hin zu Lade-Infrastrukturlösungen für die Elektromobilität reichen.
Darüber hinaus bietet die Digitalisierung das Potenzial, Prozesse zu automatisieren. Stadtwerke können dabei ihre iMSys-Infrastruktur als Datenplattform für verschiedene Energiedienstleistungen einsetzen.
Mehrwertdienste fürs Portfolio
Um den Roll-out wirtschaftlich zu gestalten, reicht es nicht aus, lediglich Abrechnungsleistungen innerhalb der gesetzlichen Preisobergrenzen anzubieten. Als wettbewerbliche Messstellenbetreiber (wMSB) sind Stadtwerke nicht an Preisobergrenzen gebunden und können auch außerhalb des lokalen Netzwerks agieren. Um Kunden zu gewinnen und zu binden, können sie Mehrwertdienste ins Portfolio aufnehmen. Dazu gehören flexible Stromtarife oder Kombinationen aus Stromlieferung, Messdienstleistungen und Mehrwertprodukten wie neue Tarifmodelle, die Visualisierung der Verbrauchsdaten oder die automatisierte Heizkostenabrechnung als Dienstleistung für die Wohnungswirtschaft. Gerade Mehrfamilienhäuser mit mehreren Messstellen und Verbrauchern sind prädestiniert für den Einbau von iMSys und die Bereitstellung von Mehrwertdiensten.
Spätestens wenn ab dem Jahr 2021 der Gebäudeeigentümer den Messstellenbetreiber frei wählen kann und Bündelangebote nach Paragraf 6 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) platziert werden können, wird Submetering zu einem wichtigen neuen Geschäftsfeld für Stadtwerke. Denn damit können weitere Marktfelder erschlossen werden, wie zum Beispiel die Fernauslesung und Abrechnung von Heizkosten in größeren Immobilien. Hier können Stadtwerke ihre Vorteile ausspielen, denn im Gegensatz zu branchenfremden Wettbewerbern kennen sie die energiewirtschaftlichen Prozesse.
Submetering in der Anwendung
Als Messstellenbetreiber für Strom und Gas haben sie außerdem Zugriff auf die Zähler und bereits bestehende Geschäftsbeziehungen. Wer sich da nicht frühzeitig positioniert, läuft Gefahr, das Feld den großen Messdienstleistern zu überlassen. Innerhalb der Anwendergemeinschaft Messsystem treibt das Unternehmen Voltaris die Produktentwicklung von Mehrwertdiensten, insbesondere von Submetering-Lösungen, voran und realisiert derzeit die ersten Pilotprojekte. Einer der Kooperationspartner ist das Unternehmen Zenner. Mit den ersten Stadtwerke-Kunden ist die Konzeptionsphase bereits abgeschlossen und die Planungsarbeiten für die ersten Submetering-Anwendungsfälle haben begonnen.
Um den Logistikprozess der Smart Meter Gateways so sicher wie möglich zu gestalten, hat das BSI hohe Anforderungen an den Umgang mit den Gateways definiert. Die Vorgaben gelten von der Produktion bis hin zur Montage beim Endkunden. Hersteller und Messstellenbetreiber sind demnach verpflichtet, umfangreiche Maßnahmen umzusetzen, um die Integrität und Authentizität der Gateways auf dem gesamten Lieferweg zu sichern. Die Umsetzung der sicheren Lieferkette (SiLKe) verursacht Kosten, die bislang in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Stadtwerke nicht vorgesehen waren. Will der grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) die gesetzlich vorgeschriebene Roll-out-Quote einhalten, hat er allerdings gar keine andere Wahl, als die Vorgaben der SiLKe zu erfüllen.
Safe-Bag-Lösung zertifiziert
Voltaris unterstützt seine Kunden dabei und folgt zunächst dem vom Hersteller Power Plus Communications (PPC) vorgestellten und zertifizierten Konzept. PPC prüft auch die Schulungsleiter von Voltaris, die innerhalb der Anwendergemeinschaft Praxisschulungen anbieten, welcheMonteure, Lageristen und Techniker dazu befähigen sollen, die Anforderungen der sicheren Lieferkette zu erfüllen. Zudem engagiert sich Voltaris in einem Experten-Team des Forums Netztechnik/Netzbetrieb (FNN), in dem Hersteller und Anwender gemeinsam an der Standardisierung arbeiten. Neben der Lieferkette von PPC beschäftigt sich Voltaris auch mit derjenigen des Smart-Meter-Gateway-Herstellers EMH. Hier wurde eine Safe-Bag-Lösung in Form einer sicheren, manipulationserkennenden Plastiktüte, die in dieser Form beispielsweise bei Geldtransporten zur Anwendung kommt, vom BSI zertifiziert. Voltaris hat bereits die Prozessvarianten der SiLKe intern bewertet und Best-Practice-Anwendungen implementiert.
Feldtest für iMSys
Innerhalb der Anwendergemeinschaft, in der mittlerweile rund 35 Energieversorger und Stadtwerke zusammenarbeiten, läuft seit Januar der Feldtest zur Einführung der iMSys. Dazu wurden Messlokationen ausgewählt, die als Feldtestanlagen fungieren, um dann direkt zum operativen Roll-out übergehen zu können. In regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen werden weitere Schritte erarbeitet, zum Beispiel der Beschaffungsprozess oder der Montage- und Inbetriebnahmeprozess der einzelnen iMSys-Komponenten. In Workshops werden dann die Projektleiter der Stadtwerke fit gemacht für den operativen Roll-out. Voltaris empfiehlt, innerhalb der drei Jahre ab der Markterklärung zehn Prozent der Gesamtmenge der iMSys umzubauen und sich nicht nur auf die Einbaufallgruppen zu beschränken, die laut Gesetz umgebaut werden müssten.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März/April 2020 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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