Mittwoch, 2. April 2025

InterviewNach vorne denken

[02.04.2013] Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig erklärt im Interview mit stadt+werk, warum es so wichtig ist, die Solarindustrie auf feste Pfeiler zu stellen und welche Maßnahmen hierfür ergriffen werden sollten.
Matthias Machnig: Die Solarwirtschaft ist eine der Zukunftsindustrien in Thüringen.

Matthias Machnig: Die Solarwirtschaft ist eine der Zukunftsindustrien in Thüringen.

(Bildquelle: Thüringer Wirtschaftsministerium)

Herr Minister, das Thüringer Wirtschaftsministerium hat im Herbst vergangenen Jahres ein Strategiepapier zur Zukunft der Solarbranche vorgelegt. Was waren die Gründe dafür, ein solches Dokument gemeinsam mit dem Kompetenznetzwerk SolarInput zu verfassen?

Vor dem Hintergrund von Dumping-Preisen aus China und Insolvenzen deutscher Unternehmen brauchen wir eine Strategie für die Solarbranche. Mit unserem Strategiepapier soll industriepolitisch nach vorne gedacht werden. Wir brauchen keine schwarz-gelben Abbruchkonzepte, sondern Ideen, die Deutschland als Standort der Erneuerbaren-Energien-Branche weltmarkttauglich machen und die Solarindustrie auf feste Pfeiler stellen. Dazu zählen zum Beispiel die Etablierung einer eigenen Marke für Photovoltaikprodukte, eine Neuausrichtung der Installationskostenförderung durch die KfW sowie ein neues Marktdesign, das geeignete Rahmenbedingungen für das Wachstum der erneuerbaren Energien schafft, sowie eine Überarbeitung und Aktualisierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Welche Handlungsfelder werden in dem Strategiepapier angesprochen?

Wir haben ein breites Spektrum an Handlungsfeldern definiert: von industriepolitischen Maßnahmen über Marktinstrumente bis hin zu Innovationen und Marktstrategien. Darunter fallen die Erweiterung von Kriterien bei der KfW-Förderung, die grundlegende Überarbeitung des EEG, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und der Ausbau lokaler Vorhaben. Außerdem plädieren wir für die Gründung einer Thüringer Solargesellschaft, welche die hiesigen Unternehmen beim Sprung aufs internationale Parkett unterstützen soll. Und wir wollen den Ausbau von Forschung und Entwicklung stärken.

Wie kann die Politik die Solarbranche stärken?

Da gibt es viele Möglichkeiten: Wir haben in Thüringen spezielle Förderprogramme wie das 1.000-Dächer-Programm, mit dem wir Kommunen beim Photovoltaikausbau unterstützen, wir fördern Unternehmen, die Solarparks errichten, und wir haben kürzlich eine Studie durchgeführt, die Brachflächen benennt, auf denen potenzielle Investoren Solarfelder bauen können. Außerdem haben wir eine Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, deren Mitarbeiter Unternehmen, Privatleute und öffentliche Einrichtungen beraten, vernetzen und informieren: sei es bei der Gründung einer Energiegenossenschaft, bei einer Investition oder der Errichtung einer Photovoltaikanlage.

Was muss darüber hinaus getan werden, um die Solarkrise zu überwinden?

Die deutsche Solarbranche muss mit vielfältigen Maßnahmen in ihrem Wachstum unterstützt werden. Wer die Energiewende will, muss in die Erneuerbaren investieren. Gleichzeitig brauchen wir Schutzmechanismen gegen den unfairen Dumping-Wettbewerb aus China. Daher habe ich die Anti-Dumping-Klage der europäischen Solarunternehmen unterstützt. Auf ein unterstützendes Signal vom Bundesumweltminister kann man da lange warten.

„Die einzelnen Energieproduzenten dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

Welche Rolle spielen Solarbranche und Solarenergie für den Wirtschaftsstandort Thüringen?

Die Solarwirtschaft ist eine der Zukunftsindustrien in Thüringen mit mehreren tausend Beschäftigten und einem hohen Anteil an lokaler Wertschöpfung. Die rund 50 in Thüringen ansässigen Firmen decken die gesamte solare Wertschöpfungskette ab: von der Kristallisation und der Produktion von Wafern, Solarzellen und -modulen über die Produktion von Wechselrichtern und Steuerungselektronik bis hin zur Installation und Wartung von Photovoltaikanlagen. Der Anteil von Solarstrom an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien lag 2010 bei rund 6,5 Prozent, die installierte Leistung von Photovoltaik 2011 bei 549 MWp. Hier ist also noch kräftig Luft nach oben.

Welche Bedeutung kommt der Solarenergie im Freistaat im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen zu?

Jedes Unternehmen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche hat seinen Wert und seine Bedeutung. Die einzelnen Branchen und Energieproduzenten dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ganz im Gegenteil: Sie müssen in ihrer Gesamtheit gestärkt werden. Das Gute an den Erneuerbaren ist, dass sie vielfältig eingesetzt werden können: die Windkraft auf offener See, an der Küste und im Flachland, die Photovoltaik in Solarparks, auf den Dächern und sogar in Handyladegeräten, dazu kommen Erdwärme, Wasserkraft und Biomasse. Die Erneuerbaren können im großen Stil ganze Städte mit Energie versorgen oder kleine Einheiten wie ein Dorf, das sich in einer Energiegenossenschaft zusammengeschlossen hat. Sie stärken die Dezentralität und damit den Wettbewerb bei der Energieversorgung. Die Bürger können selbst Energie erzeugen und von der Wertschöpfung profitieren. Neben der Nachhaltigkeit ist eben dies eine Stärke der erneuerbaren Energien.

Interview: Alexandra Reiter

Machnig, MatthiasMatthias Machnig (SPD), Jahrgang 1960, ist seit 2009 Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie des Freistaates Thüringen. Zuvor war er unter anderem Staatssekretär im Bundesverkehrs- sowie -umweltministerium, Unternehmensberater und Bundesgeschäftsführer der SPD.



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Photovoltaik | Solarthermie

Enpal: Studie zu Balkonkraftwerke-Boom

[01.04.2025] Balkonkraftwerke erleben in Deutschland einen Boom, doch vor allem kleinere Städte treiben die Entwicklung voran. Eine Analyse des Energieunternehmens Enpal zeigt, dass Hamburg im Ländervergleich den letzten Platz belegt, während Niedersachsen Spitzenreiter ist. mehr...

Trier/Speyer: Studie zu Solarstrom

[19.03.2025] Die Stadtwerke Trier und Speyer haben eine Studie zur regionalen Vermarktung von Solarstrom vorgestellt. Sie fordern eine Anpassung des Rechtsrahmens, um zu verhindern, dass regional erzeugter Grünstrom als Graustrom deklariert wird. mehr...

Wolfsburg: Fortsetzung des Solar-Förderprogramms

[12.03.2025] Die Stadt Wolfsburg plant, ihr Förderprogramm für Photovoltaikanlagen fortzusetzen. Haushalte können ab dem 15. April finanzielle Unterstützung für neue Solaranlagen, Speicher und Balkonkraftwerke beantragen, sofern der Stadtrat das Programm am 2. April genehmigt. mehr...

Würzburg: PV-Anlage versorgt Realschule

[06.03.2025] Mit einer neuen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Wolffskeel-Bads setzen die Stadt und der Landkreis Würzburg auf nachhaltige Energie. Die Anlage versorgt die Wolffskeel-Realschule mit Strom und reduziert so den externen Energiebedarf der öffentlichen Einrichtungen. mehr...

Stadtwerke Osnabrück: Solarboom erfordert Netzausbau

[04.03.2025] Osnabrück erlebt einen Boom bei Photovoltaikanlagen. Die installierte Leistung hat sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Doch mit dem Wachstum kommen auch Herausforderungen für das Stromnetz. mehr...

WEMAG: PV-Anlagen für Plate

[26.02.2025] Die Gemeinde Plate hat sechs öffentliche Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Der regionale Energieversorger WEMAG übernahm nicht nur Planung und Installation, sondern stellte auch eine Förderung in Höhe von rund 41.300 Euro bereit. mehr...

Münster: Stärkung des Photovoltaikausbaus

[20.02.2025] Die Stadt Münster setzt verstärkt auf Photovoltaik, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Aktuell betreibt die Stadt 42 Anlagen auf eigenen Gebäuden. mehr...

Kassel: Balkonkraftwerk-Förderung stößt auf Zustimmung

[20.02.2025] Das Förderprogramm für Balkonkraftwerke in Kassel stößt auf große Resonanz. Schon 1.000 Anträge wurden gestellt. mehr...

Essen: Große Solar-Carport-Anlage entsteht

[17.02.2025] Auf dem Messeparkplatz P10 in Essen soll eine der größten Solar-Carport-Anlagen Deutschlands entstehen. Ab 2026 soll sie sauberen Strom liefern und damit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung der Stadt leisten. mehr...

Delitzsch: Solarthermie-Bauprojekt schreitet voran

[13.02.2025] Die Stadtwerke Delitzsch kommen mit dem Bau ihrer neuen Solarthermieanlage planmäßig voran. Der erste Probebetrieb soll im Mai 2025 beginnen, die Inbetriebnahme ist für den Sommer desselben Jahres vorgesehen. mehr...

RES: Zehn MW Sonnenkraft für Triptis

[31.01.2025] RES wird einen zehn Megawatt leistenden Solarpark in Triptis bauen. Baustart wird in einem Jahr sein. mehr...

KNE: Neue Wissensplattform zu Solarparks vorgestellt

[30.01.2025] Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende hat jetzt eine neue digitale Wissensplattform vorgestellt, die Kommunen bei der naturverträglichen Planung und Umsetzung von Solarparks unterstützen soll. mehr...

Greenovative: PPA für Solarpark in Bayern abgeschlossen


[28.01.2025] Der Photovoltaik-Spezialist Greenovative hat ein zehnjähriges Merchant-PPA für eine Freiflächenanlage im Landkreis Donau-Ries abgeschlossen. mehr...

Baden-Württemberg: Photovoltaikausbau weiterhin auf hohem Niveau

[27.01.2025] 2024 wurden in Baden-Württemberg Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von insgesamt 2,1 Gigawatt installiert – ein historischer Höchstwert. Damit liegt das Bundesland gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen bundesweit auf Platz zwei. mehr...

Hanau: Ersten Photovoltaik-Park in Betrieb genommen

[23.01.2025] Auf dem Gelände der ehemaligen Großauheim-Kaserne hat Hanau jetzt seinen ersten Photovoltaik-Park eröffnet. Mit einer Spitzenleistung von 9,48 Megawatt liefert die Anlage Strom für bis zu 3.300 Haushalte. mehr...