KoblenzMit LoRaWAN zur Smart City
Parkplätze, die melden, ob sie frei sind oder nicht. Mülltonnen, die ein Signal geben, wenn sie geleert werden müssen. Räume, die selbst ihr Klima überwachen. Das alles und noch viel mehr ist möglich, wenn eine Kommune zur Smart City wird. Dahinter steckt der Einsatz modernster Technik, zu der auch das Internet der Dinge (Internet of Things – IoT) zählt. Darin kommunizieren Gegenstände untereinander und sollen das Leben der Menschen, die sie einsetzen, einfacher machen.
Wie das funktioniert, will die Unternehmensgruppe Energieversorgung Mittelrhein (evm-Gruppe) zeigen. Das kommunale Unternehmen testet seit Anfang 2019 ein LoRaWAN-Funknetzwerk. Der Begriff steht für Long Range Wide Area Network, also ein Netzwerk, in dem Daten über hohe Reichweiten übertragen werden können und das sich über einen großen geografischen Bereich erstreckt.
Eine Antenne für 1.000 Sensoren
Auf einer Pressekonferenz im August, auf der das Projekt vorgestellt wurde, erklärte evm-Pressesprecher Marcelo Peerenboom: „Wir haben bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Technik ist energieeffizient, kostengünstig und hat trotzdem eine hohe Reichweite.“ Zwei Antennen, so genannte Gateways, hat die evm-Gruppe für den Test auf ihren beiden Hauptgebäuden in Koblenz installiert. An sie senden eine Vielzahl von Sensoren in den unterschiedlichsten Bereichen. Rund 1.000 Sensoren kann eine Antenne laut evm auslesen. Benjamin Deppe, Leiter Messservice bei der evm-Gruppe, erläuterte: „Gängige Funktechniken wie WLAN, Bluetooth oder 5G stoßen hier an ihre Grenzen; sie sind auch deutlich teurer.“ LoRaWAN sende auf niedriger Frequenz über hohe Reichweiten und könne damit auch in Gebieten eingesetzt werden, in denen es keinen Mobilfunkempfang gibt. Lediglich die Antenne habe einen Zugang zum Internet und sende die von ihr empfangenen Daten an ein Portal. Dort könnten sie, grafisch aufbereitet, von den Nutzern einfach und schnell abgelesen werden.
Fünf Anwendungsfälle
Die evm-Gruppe testet das neue Netzwerk zunächst in fünf Anwendungsfällen aus den Themenfeldern Smart City und Smart Grid. In einem Test geht es um das Raumklima: Sensoren senden in regelmäßigen Abständen die aktuelle Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Diese Technik kann nach Angaben von evm im Gebäude-Management zum Beispiel bei sensiblen Räumen wie Rechenzentren helfen.
Die evm-Netzgesellschaft Energienetze Mittelrhein will die Sensoren außerdem künftig in Umspannanlagen testen. „Hier ist es wichtig, eine gewisse Temperatur und Luftfeuchtigkeit beizubehalten. So ist der Wartungsaufwand geringer“, sagte Benjamin Deppe. „LoRaWAN könnte uns dabei helfen.“ Die Funktion der Sensoren wurde zunächst in den Büros des Energieversorgers erprobt.
Parksuchverkehr optimieren
Ein weiteres Testfeld für die Smart City sind Parksensoren. Diese flachen, kreisrunden Sensoren werden auf den zu überwachenden Parkplätzen angebracht. Steht ein Auto über dem Sensor, meldet er, dass der Parkplatz besetzt ist. Mit der Übermittlung des Belegungsstatus im bewirtschafteten Parkraum ergeben sich viele Möglichkeiten den Parksuchverkehr zu optimieren. #bild2 Ein möglicher Anwendungsfall ist die Überwachung von Bereichen, in denen auf keinen Fall ein Auto stehen darf – etwa Feuerwehr- oder Rettungszufahrten. Darüber hinaus bietet die Technik auch Potenzial für Parkplätze vor Ladesäulen für Elektroautos. Die Sensoren könnten mit Ladesäulenfindern verknüpft werden und so in Echtzeit anzeigen, ob ein Parkplatz vor einer Ladesäule frei ist. Das erspart einerseits Suchenden unnötige Wege. Andererseits können Betreiber von Ladetechnik die Daten der Sensoren mit denen der Ladesäule vergleichen und so ermitteln, ob Autos wirklich auf den Parkplätzen laden oder diese nur blockieren.
Vorhersagen für die Leerungsintervalle
Auch Müllcontainer werden mit der Technologie ausgestattet. Mit Ultraschall messen Sensoren den Abstand bis zum Boden der Tonne. Erreicht der Füllstand ein zuvor festgelegtes kritisches Maß, gibt der Sensor ein Signal und informiert damit zuständige Mitarbeiter oder direkt den Entsorgungsbetrieb. So können unnötige Leerfahrten von Abfallfahrzeugen verhindert und Routen bedarfsorientiert geplant werden. Das spart Zeit, Transportkosten und Emissionen. Durch die Auswertung der gewonnenen Daten lassen sich darüber hinaus Vorhersagen für die Leerungsintervalle ableiten.
Ebenfalls testet die evm-Gruppe die automatische Ablesung an insgesamt vier Wasserzählern auf den beiden Betriebsgeländen in Koblenz. Dabei übermitteln die Sensoren in vordefinierten Abständen den Stand des Wasserzählers. Im Zuge des turnusmäßigen Zählerwechsels könnten schwer zugängliche Wasserzähler mit LoRa-Technik ausgestattet werden. Durch den Einbau digitaler und datenübertragender Wasserzähler sind Ablesungen fernauslesbar möglich, die Daten lassen sich direkt automatisiert in vorhandene Systeme übertragen.
Feedback einholen
Ein weiterer Testfall der evm-Gruppe ist die Zufriedenheitsabfrage. Der Sensor besteht hier aus drei Knöpfen in Rot, Orange und Grün mit entsprechenden Smileys. Damit können Nutzer einfach, unkompliziert und anonym ihre Meinung zu einer vordefinierten Frage äußern. Bei den ersten Tests in der hauseigenen Kantine und bei internen Workshops konnten die Mitarbeiter zum Beispiel die Essensauswahl am jeweiligen Tag durch Drücken der Knöpfe bewerten. Mehrfachabstimmungen wurden dadurch verhindert, dass der Sensor nach einem Knopfdruck immer drei Sekunden bis zum nächsten Senden gesperrt war. So hat er nur einmal gezählt, auch wenn jemand mehrfach direkt hintereinander abgestimmt hat. Künftig könnte so beispielsweise die Zufriedenheit der Kunden in den evm-Kundenzentren oder bei Veranstaltungen abgefragt werden.
„Im Verlauf der Tests entstehen immer neue Ideen“, berichtete Marcelo Peerenboom. „Wir sind bereits in Gesprächen mit Kommunen, die ebenfalls Interesse an der Technik haben und ihre ganz eigenen Anwendungsfälle einbringen. So entwickeln wir das Netzwerk gemeinsam weiter.“ Bei weiterhin positiven Testergebnissen will die evm-Gruppe die Technik in den Regelbetrieb überführen und regional ausbauen.
https://www.evm.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar/Februar 2020 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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