Baden-WürttembergLand benötigt mehr Solarparks
Das Solar Cluster Baden-Württemberg hat kürzlich berechnet, dass jedes Jahr 60 neue solare Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten in einer Größe von jeweils zehn Megawatt installierter Leistung nötig sind. Wie das Solar Cluster mitteilt, behindert derzeit allerdings eine Regelung der Landesregierung den dringend nötigen Solarstromausbau. In der für Solarparks geltenden Freiflächenöffnungsverordnung sei eine Grenze von maximal 100 Megawatt pro Jahr festgelegt – ein Sechstel der erforderlichen Leistung. Franz Pöter, Geschäftsführer des Solar Cluster BW, fordere daher eine Aufhebung der Begrenzung. Auch dann werde nur ein geringer Teil der landwirtschaftlich benachteiligten Gebiete für die solare Stromerzeugung erschlossen. Auf den Flächen entstehe zudem neben Ökostrom mehr Artenvielfalt, da unter anderem auf Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichtet wird.
Damit der aus Klimaschutzgründen dringend erforderliche Photovoltaik-Ausbau schnell erfolgt, müssten bundesweit 50 Prozent der erforderlichen Photovoltaikleistung auf Freiflächen errichtet werden, rechnen Experten vor. Im Südwesten werde es aufgrund der dichten Besiedelung, der kleinteiligen landwirtschaftlichen Strukturen und der hohen Flächenkonkurrenz weniger sein. Rund ein Drittel der installierten Leistung sollte trotzdem auf Äckern und Wiesen Platz finden. Für Solarparks brauche es daher jedes Jahr rund 600 Megawatt, für Agri-PV-Anlagen etwa 60 Megawatt. Insgesamt müssten im Südwesten – zusammen mit Dach- und Fassadenanlagen – jährlich insgesamt 2.000 Megawatt Photovoltaik errichtet werden, um deren erforderlichen Anteil an den Klimazielen zu erreichen.
Vorbild Bayern
Die Landesregierung müsse daher dringend die bestehende jährliche Begrenzung von neuen Solarparks auf insgesamt 100 Megawatt in benachteiligten Gebieten aufheben, fordert Franz Pöter. In einem ersten Schritt sei zumindest eine Anhebung auf 500 Megawatt pro Jahr erforderlich. Sonst gebe es ein Nadelöhr, das Projekte verhindere. Im vergangenen Jahr, so das Solar Cluster, war dies bereits der Fall: 2021 habe ein Solarpark aufgrund der in Baden-Württemberg geltenden Regelung bei den Ausschreibungen keinen Zuschlag erhalten und könne damit bislang nicht realisiert werden.
Im Südwesten brauche es deutlich mehr Ökostrom. Dafür müssen die Regelungen auch auf Landesebene angepasst werden. „Baden-Württemberg könnte wie Bayern von Solarparks profitieren. Dort wurden in den letzten fünf Jahren rund 20-mal so viel Solarparks wie im Südwesten errichtet und eine großzügige Begrenzung auf 200 Projekte pro Jahr festgelegt“, so Pöter. „Damit es bei Freiflächensolaranlagen vorangeht, brauchen wir dringend eine Überarbeitung der hiesigen Freiflächenverordnung.“
Laut Solar-Cluster findet mit Solarparks eine Umnutzung landwirtschaftlich wenig ertragreicher Flächen statt. In der Regel sei kein Ackerbau möglich, aber die Flächen könnten weiterhin durch Schafbeweidung bäuerlich genutzt werden. Durch die Extensivierung und die Einsaat von regionalen Saaten werde zudem die Artenvielfalt gefördert. Das schaffe auch Lebensräume für Insekten, Reptilien, Vögel und Fledermäuse. Für viele Tiere und Pflanzen seien Solarparks Schutz- und Rückzugsräume, die es ansonsten in der Agrarlandschaft kaum noch gebe. Ein weiterer Vorteil – es gebe lediglich eine minimale Flächenversiegelung. Da die Unterkonstruktion für die Module auf Pfählen befestigt wird, könnten Solarparks nach Ende der Nutzungsdauer ohne großen Aufwand entfernt und die Flächen wieder vollständig landwirtschaftlich genutzt werden.
Freiflächenöffnungsverordnung 2017 erlassen
In Baden-Württemberg würden trotz der sehr guten solaren Einstrahlungswerte zu wenige Solarparks errichtet, um den Photovoltaikanteil im Stromnetz auf das gewünschte Niveau zu heben. Vor 2017 habe das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) das Vorhaben ausgebremst. Das Gesetz habe für Photovoltaik-Freiflächenanlagen vor allem Konversionsflächen und Seitenrandstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen als zulässige Flächen vorgesehen. 2017 habe die EEG-Novelle den Ländern ermöglicht, Öffnungsverordnungen zu erlassen, um die Flächenkulisse zu erweitern. Die Landesregierung habe dies umgehend genutzt und im selben Jahr die Freiflächenöffnungsverordnung verabschiedet. Damit dürften nun große Solaranlagen in engem Rahmen auch auf weniger ertragreichen Äckern und Grünflächen errichtet werden. Solche so genannten benachteiligten Gebiete machten zwei Drittel der Acker und Grünlandfläche des Landes aus mit 900.000 Hektar und seien grundsätzlich für Photovoltaik geöffnet.
Die Freiflächenöffnungsverordnung gelte nur für Solaranlagen, die eine installierte Leistung von 750 Kilowatt bis 20 Megawatt haben. Solche Großanlagen müssten an einer bundesweiten Ausschreibung teilnehmen, wenn sie eine Förderung erhalten wollen. Davon profitieren viele – die regionale Wertschöpfung erhöht sich, Bürgerinnen und Bürger können sich finanziell beteiligen und neue Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt entstehen. Die Kommunen erhöhten ihren Ökostromanteil und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. Städte und Gemeinden profitieren auch finanziell von Solarparks über die Gewerbesteuer und die marktübliche Kommunalabgabe. Darüber hinaus könnten sich Kommunen auch direkt an den Solarparks beteiligen.
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