Baden-WürttembergKWK macht Kommunen energieeffizient
Die Energieeffizienz in Baden-Württemberg sorgte auf dem siebten Parlamentarischen Abend in Stuttgart für Diskussionen.
v.l.: Maike Schmidt, Fachgebietsleiterin Systemanalyse am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW); Professor Frithjof Staiß, Geschäftsführendes Mitglied am ZSW; Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
(Bildquelle: KEA/ZSW/Martin Stollberg)
Energieeffizienz jetzt! – Macht die Politik ernst? Unter diesem Motto luden die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) vergangene Woche (11. Dezember 2014) zum vierten Parlamentarischen Abend nach Stuttgart ein. Vertreter der Wissenschaft und der Landes- und Kommunalpolitik tauschten sich vor allem über Maßnahmen für mehr Energieeffizienz im Ländle aus. Energieeffizienz trägt wesentlich zum Erreichen der im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 festgelegten Ziele bei. Daran erinnerte Professor Frithjof Staiß, Geschäftsführendes Mitglied am ZSW, in seinem Vortrag. Zwei Drittel der angestrebten Minderung von Treibhausgasemissionen sollen über den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) (20375+wir berichteten) erreicht werden. Mehr aus Energie machen kann laut Maike Schmidt, Fachgebietsleiterin Systemanalyse am ZSW, vor allem die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): „Keine andere Technologie macht den Energieeinsatz so effizient, wie die KWK.“
Kommunen sind gefragt
Kommunen sind die natürlichen Partner der Energiewende, so der O-Ton von Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg. „Ohne die Städte ist die Energiewende nicht denkbar. Sie leisten wertvolle Netzwerkarbeit zwischen Energieerzeugern und Abnehmern. Städte und Gemeinden sind es außerdem, die den Transmissionsriemen zu den Bürgern herstellen müssen.“ Etwa im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung ist die Mittlerfunktion zwischen Unternehmen und Privaten bedeutend. Denn es macht Sinn, dass umliegende Gebäude mit einer Anlage versorgt werden, die in einem Unternehmen realisiert wird. Oft sei das Potenzial hinter der KWK aber nicht bekannt. Es werde an Einzelanlagen gedacht, während Contracting-Möglichkeiten meist unbekannt sind. Aus ihrer 19-jährigen Erfahrung als Oberbürgermeisterin von Lörrach weiß sie außerdem: „Unternehmen sind sehr auf ihr Kerngeschäft konzentriert und beschäftigen sich deshalb gar nicht mit diesem Thema.“ An dieser Stelle sind kommunale Akteure gefragt. Bürgermeister müssen beispielsweise auf die Unternehmen zugehen. Ein guter Beratungsansatz könnte sein, dass Contracting für die Unternehmen mit einem Outsourcing im Management einhergeht. „Es muss klar gemacht werden, dass sie sich, nachdem sie den Contracting-Antrag auf den Weg gebracht haben, um nichts weiter kümmern müssen, im Gegenteil – damit sogar eine Dienstleistung verbunden ist.“ Diese vermittelnde Position müsse ebenfalls die kommunale Ebene übernehmen. Sie neutralisiert das Verhältnis zwischen Unternehmer und Anwohnern. „Wenn es gelingt, in einem KWK-Projekt Unternehmen und Bürger zusammenzuschalten, dann hat man mit Blick auf die kommunalen Möglichkeiten viel getan“, so Heute-Bluhm. Da es sich bei Vernetzungsaktivitäten aber um ein komplexes Thema handelt, müssen laut Volker Kienzlen, Geschäftsführer der KEA, zunächst einfache Dinge umgesetzt werden. „Der erste Schritt muss darin bestehen, die niedrig hängenden Früchte in einem Unternehmen zu sichten. Das könnte beispielsweise die Art und Weise des Anlagenbetriebs betreffen.“ So lassen sich schnell Erfolge einstreichen. Vernetzungsaktivitäten sollten erst in späteren Schritten angestrebt werden. Als vernetzende Einrichtung bieten sich laut Kienzlen die Stadtwerke an. „Deren originäre Funktion ist es, das Bindeglied zwischen Lieferant und Abnehmer zu sein. Wo es keine Stadtwerke gibt, ist es viel schwieriger diesen Mittler zu finden.“ Heute-Bluhm ergänzt: „Unternehmen wollen zudem einen direkten Ansprechpartner und nicht in Netzwerken diskutieren. Auch hier erweisen sich die Stadtwerke in ihrer Mittlerfunktion als Vorteil.“
Partner benötigt
Im Contracting sieht auch Martin Sawillion, Prokurist Fachrichtung Maschinenbau und Leiter Förderprogramme, Kooperation UM bei der KEA, ein starkes Entwicklungsfeld für Energieversorger. „Dahinter verbirgt sich doch eine richtige Win-Win-Win-Strategie“, sagt er. Laut Volker Kienzlen geht der Gewinn für die Kommune beim Einspar-Contracting sogar weit über die Finanzierung hinaus. „Es ist für Kommunen wirtschaftlich interessant, wenn sie die komplette Planung, Konzeption und den Bau an einen Dritten abgeben können. Es hilft, jemanden zu haben, der garantiert, dass eine bestimmte Einsparung erreicht wird.“ Auch Gudrun Heute-Bluhm betont, dass Kommunen einen Partner brauchen, der ihnen bei diesen Themen das nötige Know-how liefert, sie auf Synergieeffekte aufmerksam macht, als Transmissionsriemen in die Ministerien dient oder dabei unterstützt, Contracting-Offensiven in Rechtsform umzusetzen. Ein solcher Partner sei beispielsweise die KEA. „Auf kommunaler Ebene bestimmen zudem konkrete Handlungsanweisungen das Leben“, sagt Heute-Bluhm. „Auch Erfolgserlebnisse sind wichtig. Großwettbewerbe wie der european energy award ermöglichen es zum einen, eigene Erfolge zu zeigen. Zum anderen sehen die Teilnehmer dort, wie solche Vorhaben bei anderen Kommunen gelingen.“
Individuell entscheiden
Dass die Klimaschutzziele auf die Möglichkeiten der einzelnen Kommune heruntergebrochen werden sollten, betonte Volker Kienzlen. „Standortbedingt kann nicht jede Kommune die baden-württembergischen 50-80-90-Ziele – 50 Prozent Energie sparen, 80 Prozent erneuerbare Energien, 90 Prozent weniger Treibhausgase – erreichen. Beispielsweise entsteht Biomasse vor allem auf dem Land und weniger in der Stadt. Auch Windräder sollten dort errichtet werden, wo sie Ertrag bringen – und nicht in Stuttgart auf dem Schlossplatz, nur, damit diese Ziele erreicht werden.“ Der ländliche Raum muss laut Kienzlen wieder mehr zum Energieexporteur werden. Ländliche Gemeinden müssten Überschuss produzieren, der in den Ballungszentren genutzt werden kann. „Wir steuern wieder auf eine energetische Vernetzung zwischen Stadt und Land zu.“ Damit Kommunen die Energiewende erfolgreich voranbringen können, fordern sie von Baden-Württemberg unter anderem entsprechende Rahmengesetze – eine Forderung, die das Land jedoch nur bedingt erfüllen kann, da die Gesetze rund um die Energiepolitik vorrangig von der Bundes- oder EU-Ebene ausgehen. Das sagt Johannes Stober (SPD), Mitglied des Landtags Baden-Württemberg. Was aber wünscht sich die Landesebene von den Kommunen? „Es müssen Dialoge geführt werden, zwischen dem, der die Rahmengesetzgebung macht, und dem, der sie umsetzt“, sagt Stober. „Vor allem bei Energiewendemaßnahmen wie dem Netzausbau oder der Errichtung von Windkraftanlagen entstehen Streitigkeiten um den Standort. Wenn eine solche Anlage am vorgeschlagenen Standort abgelehnt wird, sollten alternative Vorschläge gemacht werden – und zwar in der eigenen Region und nicht abgeschoben an andere.“
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