tktVivaxKritik am BMDV-Eckpunktepapier
Ende Februar hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) seine Analyse zum eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau in Deutschland veröffentlicht (40715+wir berichteten). Diese Potenzialanalyse ist in den Worten des BMDV „ein wichtiges Instrument für eine zielgerichtete, effiziente Gigabitförderung“ die das Ministerium nach dem unangekündigten, vorzeitigen Förderstopp im Vorjahr (39817+wir berichteten) neu ausrichten will. Nun meldet sich das Beratungsunternehmen tktVivax in einer Presseerklärung zu Wort. Die tktVivax Group unterstützt bundesweit Kommunen, Energieversorger, Stadtwerke und Internet Service Provider in allen Phasen des Breitband- und Glasfaserausbaus.
Sollte die Gigabitförderung gemäß dem aktuellen Entwurf umgesetzt werden, erwartet tktVivax deutliche Verzögerungen beim geförderten Ausbau der deutschen Glasfasernetze. Auch die Erwartungen des BMDV hinsichtlich eines verstärkten eigenwirtschaftlichen Ausbaus werden sich nicht erfüllen, da die zugrundeliegenden Annahmen des BMDV „schlichtweg realitätsfremd“ seien, so der CEO der tktVivax Group, Dirk Fieml.
Potenziale für Eigenausbau zu optimistisch betrachtet
So bilde die Potenzialanalyse für den eigenwirtschaftlichen Ausbau keineswegs die Wirklichkeit ab, da sie nur ganze Gebiete abbilde. Betrachte man die Ausbaugebiete aber lediglich auf der Ebene der Landkreise beziehungsweise Verbandsgemeinden, werde die Unterversorgung einzelner Adresspunkte ausgeblendet. Ein Aussiedlerhof oder ein kleines Dorf weit draußen werden über die Potenzialanalyse nicht erfasst und somit nicht berücksichtigt. Deshalb sehe die Karte auf den ersten Blick nach einem „Paradies für den eigenwirtschaftlichen Ausbau aus“ – ohne es zu sein.
Zudem habe sich die Marktsituation verändert, so Fieml. Er verweist auf den Rückzug erster Investoren vom deutschen Markt sowie auf steigende Zinsen und Baukosten – wenn überhaupt noch genügend Ressourcen für den Bau zu finden seien. Dadurch würden Investitionen in das deutsche Glasfasernetz zunehmend unattraktiv.
Falscher Verfahrensaufbau schafft Verzögerungen
Das Verfahren sei falsch aufgebaut, kritisiert die tktVivax Group des Weiteren. Zwar seien theoretisch mehr Adressen förderfähig, weil die Grenze auf 250 Mbit/s angehoben wurde. Ob eine Förderung aber tatsächlich gewährt wird, stehe in den meisten Fällen frühestens neun Monate nach der Antragsstellung fest. Lediglich bei Kommunen mit maximal schlechter Versorgung gehe es schneller (Fast-Lane-Antragsverfahren). In der Zwischenzeit müssten jedoch schon eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden: von der Antragstellung für Beratungsleistungen bis hin zur Vorvermarktung durch Telekommunikationsunternehmen, die nun Pflicht werden soll. Erst nach Erhalt des eigentlichen Förderbescheids könne die Infrastrukturmaßnahme ausgeschrieben und schließlich vergeben werden, erst dann folgt der Baustart. Kombiniert mit dem Förderstopp des vergangenen Jahres gehen damit mindestens ein bis zwei Jahre im geförderten oder kombinierten Ausbau verloren, so die Fiemls Prognose.
Finanzielle Vorleistung mit ungewissem Ausgang
Zwar werde die für das Verfahren notwendige externe Beratung mit 50.000 Euro bezuschusst, das werde aber in vielen Fällen nicht reichen. Damit würden viele Kommunen und Stadtwerke gezwungen, in Vorleistung zu gehen – mit ungewissem Ausgang. Wie sich die Priorisierung der Anträge laut dem neuen Kriterienkatalog auf die Förderzusage auswirkt, sei derzeit nicht absehbar. Auch wenn Förderchancen im Voraus per Online-Rechner berechnet werden können, entscheiden nicht allein die erzielten Punkte, sondern die Anzahl der teilnehmenden Kommunen über eine tatsächliche Förderung. Dies stehe aber erst nach dem 30. September fest.
Dass künftig ein Branchendialog mit den Telekommunikationsanbietern verpflichtend wird, begrüßt die tktVivax Group allerdings. Dies habe das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr in einem Konzept für einen bedarfsorientierten Ausbau gefordert (38906+wir berichteten). Dennoch sieht der tktVivax-CEO die Gefahr, dass der Ausbau nicht bedarfsorientiert gesteuert wird. Es könne immer noch passieren, dass ein „unterversorgter Hühnerstall mit Glasfaser ausgestattet wird, während ganze Gemeinden abgehängt bleiben, weil ihre Punktezahl zu niedrig war“, so Fiemls Fazit.
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