Donnerstag, 21. November 2024

BatteriespeicherKraftwerksbatterie liefert Regelenergie

[17.12.2018] Im Rahmen eines Joint Ventures haben die Unternehmen EnBW und Bosch am Standort Heilbronn eine Kraftwerksbatterie realisiert. Seit Juli dieses Jahres wird das System zur Bereitstellung von Regelenergie eingesetzt.
Batteriespeicher von Bosch und EnBW stellt flexibel Primärregelleistung bereit.

Batteriespeicher von Bosch und EnBW stellt flexibel Primärregelleistung bereit.

(Bildquelle: Alexander Schmitt)

Das Energiesystem der Zukunft ist geprägt von erneuerbaren Energien. Die Stromerzeugung wird durch Wind- und Photovoltaikanlagen dominiert werden und somit stark fluktuierend sein. Auf dem Weg zu einem rein erneuerbaren System ist das Zusammenspiel dieser fluktuierenden Erzeugung mit der Last und der steuerbaren konventionellen Erzeugung von großer Bedeutung.
Flexibilität wird zunehmend zu einem wesentlichen Eckpfeiler einer zuverlässigen und zukunftsorientierten Stromversorgung. Ein Beispiel hierfür ist die Erbringung von Regelenergie, die im System notwendig wird, wenn etwas anders läuft als geplant. Heute erbringen vornehmlich große Kraftwerke Regelenergie – sie stützen damit das Stromnetz und sichern eine hohe Versorgungszuverlässigkeit. Mit der Energiewende geht eine grundlegende Umgestaltung des Energiesystems hin zu deutlich mehr Dezentralität einher. Das erfordert neue Lösungsansätze – etwa den Einsatz von Batteriesystemen zur Bereitstellung von Regelenergie. Weitere Anwendungsfälle sind die Verknüpfung von Batteriesystemen mit erneuerbaren Erzeugungsanlagen und industriellen sowie kommunalen Energiesystemen – oder allgemeiner gesagt mit der dezentralen Energiewelt.

Neuer Lösungsansatz

Es sind also flexible Möglichkeiten gefragt, um auf die Ungleichgewichte zu reagieren, wenn zum Beispiel Wind und Sonne eine Auszeit nehmen. Wie kann Strom, der aus Erneuerbaren gewonnen wird und damit natürlichen Schwankungen unterliegt, verstetigt werden? Um diese zentrale Fragen der Energiewende zu lösen, haben sich der Karlsruher Energiekonzern EnBW und das Technologieunternehmen Bosch in einem gemeinsamen Unternehmen zusammengetan: der Kraftwerksbatterie Heilbronn GmbH (www.kraftwerksbatterie.de).
Ein leichtes Surren ist zu hören – mehr nicht. Rund um die zwei Batteriecontainer am Kraftwerksstandort der EnBW in Heilbronn herrscht rege Betriebsamkeit. Seit Mitte April dieses Jahres werden die 768 Batteriemodule immer wieder mit Strom geladen und entladen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Auf der Fläche direkt hinter der Pforte ist die Energiewende zu fassen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Klinkerbau mit den typisch roten Backsteinen aus der Wirtschaftswunderzeit ist ein Standort für ein Batteriesystem erwachsen.

Energiesystem der Vergangenheit

Vor einigen Jahren war dieser Schritt nur für eingefleischte Spezialisten ein denkbares Szenario. Wie für alle anderen großen Versorger auch war für die EnBW das Speichern von Strom in großen Pumpspeicherwerken der einzig wirtschaftliche Weg. So betreibt die EnBW direkt oder über Beteiligungen alleine in Baden-Württemberg an drei Standorten auf der Schwäbischen Alb sowie im Schwarzwald große Speicherwerke. Diese Anlagen passen ideal zum stark zentral organisierten Energiesystem der Vergangenheit. Auch zukünftig ist zu erwarten, dass die eher großen Pumpspeicherwerke eine wichtige Rolle für konventionelle große Kraftwerke, aber auch für Offshore-Windanlagen spielen werden. Bei der EnBW wird daher weiter intensiv an der Optimierung, Modernisierung und Erweiterung dieser Anlagen und Standorte gearbeitet.
Mit großen Batteriesystemen hatte sich EnBW im Gegensatz zu Bosch vorher noch nicht intensiv beschäftigt. Dabei ist der gefundene Ansatz so simpel wie naheliegend: Batterien sind sehr schnell und präzise, haben aber Nachteile was die Ausdauer, also die Kapazität angeht. Damit sind sie der ideale Partner für konventionelle wie erneuerbare Erzeugungsanlagen, Stadtwerke und Kommunen sowie Netzinselsysteme (physische Inseln, entfernte Netzregionen oder Arealnetze). Wichtig ist es, nicht bei der Planung und Realisierung einer solchen Batterieanlage aufzuhören, sondern Fragen rund um den späteren Betrieb und den energiewirtschaftlichen Einsatz einzubeziehen.

Kombiniertes Know-how

Über die Kraftwerksbatterie Heilbronn haben EnBW und Bosch in einem ersten Schritt gemeinsam Kapital in die Batterielösung investiert und teilen sich somit die Chancen und Risiken. Beide Partner bringen ihre jeweilige Expertise ein – Bosch in den Bereichen Technologie, Elektronik, Steuerung, Software und Batterie-Know-how, EnBW in den Bereichen Energiewirtschaft, konventionelle und erneuerbare Erzeugung sowie Betrieb komplexer Energiesysteme. Sie schaffen so eine unternehmerische Combined Intelligence, durch die völlig neue Möglichkeiten entstehen.
Der Batteriespeicher der Kraftwerksbatterie Heilbronn GmbH besteht aus folgenden Komponenten: zwei Container mit je 2,8 Megawattstunden Lithium-Ionen-Batterien, je sechs 900-Kilowatt-Wechselrichter und 1.000-Kilovolt-Transformatoren, Netzanschluss und Fundamente sowie eine optimierte Gesamtsystemregelung. Die Lösung trägt der Herausforderung Rechnung, Primärregelleistung flexibel bereitzustellen. Zudem steht der Speicher für weitere Vermarktungsoptionen an den Energiemärkten bereit. Perspektivisch ist auch die Verknüpfung mit angrenzenden Industriekunden oder erneuerbaren Energieanlagen denkbar.

Seit Juli im kommerziellen Betrieb

Im Auftrag der Kraftwerksbatterie Heilbronn GmbH hat Bosch neben der Lieferung des Batteriesystems inklusive Wechselrichter die Batteriesteuerung übernommen und ist verantwortlich für den technischen Betrieb der Anlage. EnBW verantwortete den Bau und den Netzanschluss sowie die Integration in das Kraftwerk. Zudem vermarktet der Energieversorger den Speicher an den Energiemärkten. Nach Abschluss der Inbetriebnahme und der Testläufe befindet sich die Anlage seit Juli dieses Jahres im kommerziellen Betrieb. Derzeit wird das Batteriesystem im Regelenergiemarkt eingesetzt.
Die Kraftwerksbatterie Heilbronn GmbH wird ihre bei dem Projekt gesammelten Erfahrungen nutzen, um ihr Know-how weiteren Kunden zur Verfügung zu stellen. Das Joint Venture von EnBW und Bosch bietet Dienstleistungen rund um die Integration von Batteriespeichern in erneuerbare und konventionelle Erzeugungssysteme oder industrielle und kommunale Energiesysteme inklusive Betrieb und Vermarktung von Batterien im Energiemarkt an.

Dr. Arnim Wauschkuhn

Dr. Wauschkuhn, ArnimDr. Arnim Wauschkuhn ist Geschäftsführer der Kraftwerksbatterie Heilbronn GmbH. Er hat an der Universität Stuttgart Maschinenbau studiert und im Bereich Energietechnik promoviert. Sein beruflicher Weg führte ihn über Bosch zur EnBW. Hier beschäftigt er sich seit Jahren intensiv mit neuen Technologien und Lösungen zur Gestaltung der Energiewende.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Energiespeicher

Iqony: Batteriespeicher für Bahn

[15.11.2024] Ab 2026 wird die Deutsche Bahn den Iqony-Batteriespeicher „Steady Green Energy“ in Duisburg-Walsum nutzen, um ihr Ökostromportfolio zu flexibilisieren. Der 200-Megawattstunden-Speicher wird von Fluence, einem Joint Venture von Siemens und AES, gebaut. mehr...

Einer der größten Batteriespeicher Deutschlands wurde am 8. November in Arzberg eingeweiht Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder sowie weiteren Gästen aus Politik und Wirtschaft bei der Einweihung. Foto: C. Fröhlich

Landkreis Wunsiedel: Mega-Batteriespeicher startet

[11.11.2024] Im Landkreis Wunsiedel wurde einer der größten Batteriespeicher Deutschlands eingeweiht. Es ist ein weiteres Projekt des WUNsiedler Wegs Energie. mehr...

Luftansicht eines Solarparks mit Batteriespeicher

ABO Energy: Zuschlag für Hybridprojekt

[18.10.2024] Das Unternehmen ABO Energy hat von der Bundesnetzagentur den Zuschlag für ein Hybridprojekt im baden-württembergischen Großrinderfeld erhalten, das eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit einem Batteriespeicher kombiniert. mehr...

Grafik zum Speicherpotenzial bidirektional-fähiger E-Autos

E.ON: Speicherpotenzial von E-Autos nutzen

[15.10.2024] Eine Schwarmbatterie aus Elektroautos, die vorbereitet sind für das bidirektionale Laden, könnte rechnerisch die Stromproduktion von mehreren Gaskraftwerken ersetzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Potenzialanalyse von E.ON Deutschland. mehr...

Zehn Jahre Batteriekraftwerk: Jubiläumsveranstaltung in Schwerin.

WEMAG: Pionier bei Batteriespeichern

[18.07.2024] Vor zehn Jahren hat die WEMAG ein Batteriekraftwerk in Betrieb genommen. Jetzt feierte der Schweriner Energieversorger das Jubiläum der Anlage. mehr...

Speichertechnologien ermöglichen Energieeffizienz
bericht

Energiespeicherung: Die Rolle von Großspeichern

[15.07.2024] So vielschichtig das Energiesystem ist, so vielschichtig sind auch die Speichertechnologien, die für die Energiewende benötigt werden. Sie ermöglichen Energieeffizienz, Versorgungssicherheit und Flexibilität auf allen Ebenen. Ein Überblick. mehr...

Ein Batteriespeicherkraftwerk mit einer Leistung von 30 Megawatt will das Wormser Unternehmen EWE bauen.

EWR: Batteriespeicher für Worms

[04.07.2024] Ein Batteriespeicherkraftwerk mit einer Leistung von 30 Megawatt will das Wormser Unternehmen EWR bauen und betreiben. Die Batteriemodule kommen von Tesvolt. mehr...

Blick in einen geöffneten Batteriespeicher-Container am Standort Schwabmünchen (Bayern

VERBUND: Großspeicher für Bayern und Hessen

[13.06.2024] Drei weitere VERBUND-Batteriegroßspeicher wurden in Bayern und Hessen in Betrieb genommen. mehr...

Blick von oben auf den Flensburger Wärmespeicher.

Stadtwerke Flensburg: Zweiter Speicher mit Elektrodenkessel

[07.06.2024] Die Stadtwerke Flensburg haben jetzt den zweiten Wärmespeicher und den zweiten Elektrodenkessel in Betrieb genommen. mehr...

Die Unternehmen Uniper und NGEN haben eine Partnerschaft zum Bau eines Batteriespeichers am Kraftwerksstandort Heyden in Nordrhein-Westfalen vereinbart.

Uniper: Batteriespeicher am Kraftwerk Heyden

[29.05.2024] Der Energiekonzern Uniper plant am Kraftwerksstandort Heyden in Petershagen den Bau eines Batteriespeichers mit einer Kapazität von 100 Megawattstunden. Das Projekt wird gemeinsam mit dem Speicherspezialisten NGEN umgesetzt. mehr...

In Münster hat die Deutsche Telekom jetzt zwei Batteriegroßspeicher in Betrieb genommen.

Deutsche Telekom: Batteriegroßspeicher in Betrieb

[07.05.2024] Im Münster hat die Deutsche Telekom jetzt mit seiner Tochtergesellschaft PASM die ersten Batteriegroßspeicher für die Integration erneuerbarer Energien in Betrieb genommen. mehr...

Die Optimierungssoftware von Kisters unterstützt Betreiber von Solar- und Windparks bei der Auswahl der richtigen Batterie und deren Einsatz.

Kisters: Batteriespeicher optimal vermarkten

[20.03.2024] Zusätzliche Erlöse durch die Optimierung von Batteriespeichern an Erzeugungsparks und Energiesystemen jeder Größe sind mit der Kisters-Optimierungssoftware möglich. mehr...

Trianel-Solarpark: Mit Batteriespeichern kann die zeitliche Verschiebung zwischen Erzeugung und Verbrauch gesteuert werden.
bericht

Hybridkraftwerke: Die kommunale Kraft der Energiewende

[28.02.2024] Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien gewinnen Speicherkapazitäten und Flexibilitätsoptionen an Bedeutung. Trianel stellt sich dieser Herausforderung mit Hybridkraftwerken und dem Bau eigener Umspannwerke. mehr...

Der neue Fernwärmespeicher an der Gewerkenstraße in Gelsenkirchen-Schalke wird ein Fassungsvermögen von rund 31 Millionen Liter Wasser und eine Wärmekapazität von 1.050 MWh haben.

Iqony: Wärmewende für Schalke

[19.01.2024] In Gelsenkirchen entsteht ein Fernwärmespeicher, der das lokale Fernwärmenetz etwa ein Wochenende lang versorgen kann. Gebaut wird er von Iqony. mehr...

Batteriespeicher (links) werden in Stade durch die Kommune gefördert. Dafür stehen 7.000 Euro zur Verfügung.

Stade: 70.000 Euro für Batteriespeicher

[18.01.2024] Die Hansestadt Stade fördert seit Jahresbeginn den Einbau von Batteriespeichern für Photovoltaikanlagen. Insgesamt stehen 70.000 Euro zur Verfügung. mehr...