ProjektentwicklungKontrollierter Prozess
Die Entwicklung dezentraler, erneuerbarer Energieprojekte birgt eine ganze Reihe an Hürden und Risiken, die von den Beteiligten auf dem Weg zu einem erfolgreichen Betrieb aus dem Weg geräumt werden müssen. Gleichzeitig bietet der oft mühsame Prozess bis zu einem realisierten Projekt aber auch große Chancen für Projektträger, Kommunen, Stadtwerke und die betroffenen Bürger. Daher ist von Beginn an notwendig, alle Projektschritte, von der ersten Konzeption, über erste Planungen in einem strukturierten und kontrollierten Prozess bis hin zum Baubeginn und der Überführung in den Regelbetrieb konsequent, überlegt und vorausschauend zu planen und zu kontrollieren. Trotzdem werden immer wieder eine ganze Reihe von Problemen und Herausforderungen auftreten, die im wahrsten Sinne des Wortes Fallstricke sein können.
Dynamisches Wachstum
Ein Merkmal der erneuerbaren und dezentralen Energiewirtschaft ist das schnelle, dynamische Wachstum, mit sich überschlagenden technologischen Zyklen und extremen unabsehbaren Entwicklungen. Obwohl Windparks und Photovoltaikanlagen meist in eigens dafür gegründeten Projektgesellschaften realisiert und finanziert werden und sich von Vorhaben im Eigenbetrieb eines Stadtwerks wie einer Nahwärmeversorgung oder einem KWK-Projekt für ein Industrieunternehmen in vieler Hinsicht unterscheiden, lassen sich einige Merkmale erkennen, die für die meisten dieser Projekte gelten:
Technologische Entwicklung: Oft werden technische Standards und scheinbar verlässliche Parameter über Nacht in Frage gestellt und überholt.
Große Rechtsunsicherheit: Es herrscht Rechtsunsicherheit durch zu schnelle Veränderungen des Rechtsrahmens, ohne dass vom Gesetzgeber die tatsächlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beachtet werden. Die Normen werden umfangreicher und sind oft fehlerhafte Schnellschüsse. Manche Rechtsfragen sind dann über viele Jahre nicht endgültig und verlässlich geklärt.
Immer längere Projektentwicklungsdauer: Durch steigende Anforderungen und Auflagen sowie durch die notwendige Beteiligung vieler Interessen benötigt die Entwicklung eines Energieprojektes einen immer längeren Zeitraum. Umweltverträglichkeitsprüfungen werden zudem stetig anspruchsvoller: Sofern sie nicht genügen entwickeln sie sich bei Klagen gegen die Genehmigung zum Fallstrick.
Politische Entwicklungen vor Ort: Nicht nur die große Politik nimmt Einfluss auf die Chancen und Risiken eines Projektes, auch die Situation vor Ort. Oft ändern sich die politischen Verhältnisse während der Projektentwicklung.
Bürgerbeteiligung: Nicht selten wird die Notwendigkeit einer angemessenen Beteiligung der betroffenen Bürger und Interessengruppen nicht, zu spät und mangelhaft durchgeführt.
Fertigstellungs- und Kostenüberschreitungsrisiko: Die Kostenüberschreitungen, die sich aus zu langen Projektentwicklungszeiten ergeben sind oft nicht mehr finanzierbar oder führen zu politischen Erdbeben. Die Wahl falscher Projektpartner kann die Fertigstellung in Frage stellen.
Grundsätzliche Genehmigungshindernisse: Selbst in späten Stadien der Projektentwicklung können grundsätzliche Genehmigungshindernisse auftauchen, meist durch eine zu optimistische Bewertung zu Beginn des Projektes.
Der Teufel steckt immer im Detail: Jedes Projekt weist ganz individuelle Herausforderungen auf. Oft sind es Kleinigkeiten, die zum Scheitern führen können.
Risiken beherrschen
Eine mit Sorgfalt erstellte Projektbeschreibung, eine klare Zieldefinition und die Klärung der Erwartungen aller Beteiligten stehen am Anfang. Diese sollte Leitplanken für die Projektentwicklung definieren und Abbruchkriterien und Sollbruchstellen festlegen. Eine strukturierte und periodische Bewertung der Chancen und Risiken des Projektes ist zwingend. Die Projektbeteiligten sollten verpflichtet sein, Veränderungen im Projekt zu kommunizieren, um eine anlassbezogene Bewertung zu ermöglichen.
Das Risiko des Scheiterns oder eines Totalverlustes ist naturgemäß zu Beginn der Projektentwicklung besonders hoch und nimmt mit Erreichen von wichtigen Realisierungsbedingungen und steigenden Ressourceneinsatz regelmäßig ab. Es ist zielführend und erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn zu Beginn alle Experten und Interessensvertreter an einen Tisch kommen und so die Rahmenbedingungen und die grundsätzliche Machbarkeit des Projektes bewertet werden kann. Das ist eine gute Voraussetzung um Entscheidungsträger und Betroffene schnell von der Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit zu überzeugen trotz einer hohen Komplexität. Dann kann die laufende Kommunikation und Koordination und am Ende das Projekt gelingen.
Beteiligung der Bürger
Große Infrastrukturprojekte hängen mittlerweile nicht mehr nur von den Faktoren Technik, Recht und Finanzierung ab. Die Beteiligung der Bevölkerung und relevanter Akteure ist zum vierten Erfolgskriterium geworden. Für die kommunikative Begleitung solcher Projekte bedarf es einer ganzen Reihe an kommunikativen Mitteln. In Baden-Württemberg nutzen beispielsweise bereits mehrere Gemeinden und Windparkgesellschaften eine Online-Plattform, um fortlaufend allen Interessierten sowie der ansässigen Bevölkerung aktuelle Informationen über den Projektstand zugänglich zu machen – Beispiele sind unter anderem das Windparkprojekt Zeller Blauen im kleinen Wiesental sowie den geplanten Windpark Münstertal bei Staufen im Breisgau. Die Stadt Gengenbach bei Offenburg hat ihren erfolgreich realisierten Windpark ebenfalls online dargestellt und darüber eine finanzielle Bürgerbeteiligung beworben. Ein solches Windportal muss ein Teil eines modularen Baukastens sein. Je nach Situation vor Ort können flexibel unterschiedliche Kommunikationsinstrumente für mehr Akzeptanz und Transparenz sowie einen reibungsloseren Projektverlauf zum Einsatz kommen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Bürger Informationen und Fakten aus erster Hand erhalten– damit nicht die Kritiker die kommunikative Hoheit erlangen. In Gengenbach führte die Strategie zum Erfolg. Die Stadtwerke haben im Jahr 2017 erfolgreich einen Windpark am Rande der Kommune errichtet. Vorausgegangen war eine aktive und transparente Bürgerbeteiligung. Auf mehreren Veranstaltungen und einer Website informierten Stadt, Stadtwerke sowie der Windanlagenhersteller Enercon die Bevölkerung laufend über den Stand der Dinge. Die Zustimmung der Einwohner erfolgte auch über eine finanzielle Beteiligung.
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