KlimaschutzKommunen geben die Impulse
Im Jahr 2007 hat der vierte Weltklimabericht der Vereinten Nationen die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den Klimawandel gelenkt. Der Bericht erwies sich als Initialzündung für weltweit verstärkte Anstrengungen zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen.
Angesichts der offenkundigen Entscheidungsschwäche der internationalen Staatengemeinschaft gewinnt die eigenverantwortliche Klimaschutzpolitik der Kommunen und ihrer internationalen Organisationen an Bedeutung. Diese praktizieren das von der Staatengemeinschaft diskutierte Vorreitermodell bereits.
Bestandteil der Kommunalpolitik
So haben unter dem Eindruck des so genannten Nachhaltigkeitsgipfels von Rio viele deutsche Städte und Gemeinden schon im Jahr 1992 damit begonnen, den Klimaschutz als einen festen Bestandteil der Kommunalpolitik zu etablieren. Zudem sind sie inzwischen auf europäischer und globaler Ebene mit Partnerkommunen vernetzt und treten mit ihren entsprechenden Organisationen auf der internationalen Bühne als bedeutende Klimaschutzakteure in Erscheinung. Die Beteiligung der Kommunalverbände an den Vertragsstaatenkonferenzen hat unter anderem dazu geführt, dass die Beschlüsse des Klimagipfels 2010 im mexikanischen Cancún mehrere Bezüge auf regionale und lokale Gebietskörperschaften als unverzichtbare Akteure bei der effektiven Umsetzung von Klimaschutzzielen enthalten.
Zu den Institutionen, welche der kommunalen Klimaschutzpolitik internationales Gewicht verleihen, gehört der in Barcelona ansässige Weltverband der kommunalen Spitzenverbände, United Cities and Local Governments (UCLG), zu dessen Mitgliedern auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) zählt. Der UCLG hat sich 2011 bei der UN-Klimakonferenz im südafrikanischen Durban für eine Ausgestaltung des im Kyoto-Protokoll vorgesehenen „Clean Development Mechanism“ ausgesprochen, welcher es den Kommunen in den Entwicklungsländern ermöglicht, Klimaschutzmaßnahmen zu bündeln und anerkennen zu lassen. Als Motor der internationalen Klimaschutzpolitik agiert außerdem der Verband ICLEI – Local Governments for Sustainability, in dem weltweit über 1.100 Kommunen, darunter 23 aus Deutschland, zusammengeschlossen sind. Im Rahmen des vergangenen Klimagipfels hatte der ICLEI zur Durban Local Government Convention eingeladen. Beim Klimagipfel der Kommunen wurde unter anderem der erste Fortschrittsbericht der 207 ICLEI-Mitglieder vorgelegt, die bereits 2010 in Mexiko-Stadt einen 10-Punkte-Plan verabschiedet hatten. Die Unterzeichner des Mexico-City-Paktes fordern nicht nur die Unterstützung der Staatengemeinschaft für den kommunalen Klimaschutz ein, sondern gehen auch mit weitgehenden Selbstverpflichtungen in Vorleistung. Der aktuelle Fortschrittsbericht enthält neben 107 kommunalen Verpflichtungen auch bereits umgesetzte Maßnahmen von 51 Kommunen mit einem Gegenwert von 447 Millionen Tonnen an eingespartem CO2.
Ein weiterer wichtiger Akteur der internationalen Klimaschutzpolitik ist der von der EU-Kommission initiierte Konvent der Bürgermeister für lokale nachhaltige Energie (Covenant of Mayors), dem über 1.000 deutsche Kommunen angehören. Hervorzuheben ist auch das Klimabündnis (Climate Alliance), zu dem sich weltweit über 1.500 kommunale und regionale Gebietskörperschaften zusammengeschlossen haben. Nicht zuletzt engagiert sich der Ausschuss der Regionen der Europäischen Union (AdR) für den internationalen Klimaschutz. Die Gesamtschau der kommunalen Beiträge zur internationalen Klimaschutzpolitik belegt eindrucksvoll, dass die Städte und Gemeinden den Leitsatz „Global denken, lokal handeln“ mit Leben füllen und längst zum Vorbild der Staatengemeinschaft avanciert sind.
Energiewende als Mehrwert
Auf nationaler Ebene tragen die Kommunen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland beim Klimaschutz eine internationale Vorreiterrolle beanspruchen kann. Zahlreiche kommunale Handlungsfelder sind für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung und verleihen den Städten und Gemeinden eine Schlüsselposition:
– Sie schaffen als Normgeber die planerischen Grundlagen für Anlagen zur Erzeugung, Speicherung und Weiterleitung von Energie.
– Sie produzieren und verteilen Energie in Form von Stadt-, Gemeinde- und Bürgerkraftwerken.
– Als Energieverbraucher können sie vor allem in ihren Liegenschaften Energieeffizienzpotenziale erschließen.
– Als Vorbild und Berater motivieren sie Bürger und Unternehmen zu eigenen Klimaschutzbeiträgen.
– Als öffentliche Auftraggeber entfalten sie erhebliche Marktmacht, mit der sie die Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten und Dienstleistungen steigern.
Die Vielzahl der Handlungsfelder macht den Klimaschutz zu einer kommunalen Querschnittsaufgabe, die einen integrierten Ansatz erfordert. Dabei kommt den Kommunen ihre ausgeprägte Bürgernähe zugute. Denn die Akzeptanz der Bürger ist ein zentraler Erfolgsfaktor für die praktische Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen. Herausforderungen ergeben sich vor allem beim notwendigen Ausbau erneuerbarer Energiequellen. Ein in einigen Bundesländern angestrebter fünf- bis zehnfacher Ausbau der Windenergie gegenüber dem Status quo macht dies beispielhaft deutlich. Zwar sind gerade für ländliche Regionen mit dem hier vorhandenen Ausbaupotenzial besondere Chancen verbunden. Zugleich haben die Kommunen vor Ort mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen, die sich in Protesten gegen den Bau der Energietrassen, Konflikten mit dem Landschafts-, Natur- und Artenschutz bei Windenergieanlagen oder Kritik an der Monostruktur bei der Ansiedlung von Biomasseanlagen äußern.
Sicher werden die großen Energieversorger auch künftig wichtige Akteure und Partner bei der Energiewende sein müssen. Soll diese erfolgreich sein, muss aber insbesondere der massive Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem Mehrwert für Kommunen, Eigentümer und Bürger führen. Die Energiewende kann daher nur durch verstärkt dezentral ausgerichtete Erzeugungs- und Versorgungsstrukturen gelingen. In diesem Rahmen können und müssen Kommunen und Stadtwerke, aber auch die Bürger, wesentliche Gestalter und Gewinner sein. Für den Ausbau des Stromnetzes ist die Akzeptanz der Bürger ebenfalls unentbehrlich. Insofern wird die Bundesnetzagentur ihre neue Aufgabe als Bundesbehörde für den Ausbau des Übertragungsnetzes nur erfüllen können, wenn sie einen großen Schritt auf die betroffenen Kommunen zugeht, welche die Interessen ihrer Bürger vertreten. Der viel diskutierte und weit hinter dem Bedarf zurückliegende Ausbau der Übertragungsnetze darf im Übrigen nicht vom ebenso erforderlichen Ausbau des innerörtlichen Verteilnetzes der Kommunen und dessen Refinanzierung ablenken.
Unterstützung gefragt
Auch im Bereich der energetischen Gebäudesanierung benötigen die Städte und Gemeinden Unterstützung. Zu bedenken ist, dass allein der Gebäudebereich etwa vierzig Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausmacht und die Kommunen hier mit ihren rund 176.000 Gebäuden ein erhebliches Einsparpotenzial aufweisen. Für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm des Bundes ist nach Expertenmeinung ein Fördervolumen von knapp fünf Milliarden Euro nötig. Auch zum Zwecke der Planungssicherheit ist eine Aufstockung der bisher angesetzten Mittel von 1,5 Milliarden Euro daher dringend erforderlich. Das Gleiche gilt für eine vom DStGB geforderte Erhöhung der Bundesstädtebauförderung, die sich gegenwärtig auf 455 Millionen Euro jährlich beläuft. Beide Programme würden nach Meinung von Wissenschaftlern durch ihre Initialwirkung, insbesondere auf den privaten Bereich, das Achtfache an zusätzlichen Investitionen auslösen, von denen vor allem das örtliche Handwerk profitiert. Die Folge wäre eine Win-win-Situation sowohl für die Umwelt als auch für die lokale Wirtschaft.
Darüber hinaus steht das vom Bundeswirtschaftsministerium seit Langem angekündigte Kraftwerksförderprogramm zugunsten von Stadt- und Gemeindewerken noch aus. Nicht zuletzt bleiben vor allem im Gebäudebereich erhebliche Potenziale zur Dämpfung der Energiekosten durch eine forcierte Energieeinsparung und eine Steigerung der Energieeffizienz bislang ungenutzt. Hier ergibt sich die Möglichkeit, die Belastung von Privathaushalten, Kommunen und Unternehmen bei steigenden Energiekosten zu begrenzen. Kritikwürdig sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die rückwirkende Kürzung der Einspeisevergütung für Solarstrom oder das Stop and Go bei wichtigen Förderinstrumenten wie etwa dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm.
Zweifel vermeiden
Der Querschnittscharakter des Politikziels Klimaschutz erfordert zwingend ein koordiniertes Vorgehen, die Erfolgskontrolle und auch Korrekturen. Angesichts auch innerhalb der Bundesregierung geäußerter Zweifel an der Erreichbarkeit energiepolitischer Ziele ist jedoch davor zu warnen, dass dies einerseits die Vorreiterrolle gefährdet, die Deutschland beim globalen Klimaschutz in Anspruch nimmt. Andererseits droht vor allem auf nationaler Ebene eine nachhaltige Verunsicherung der maßgeblichen Akteure. Dass die praktische Umsetzung der Energiewende mit großen Herausforderungen verbunden ist, hat der DStGB wiederholt betont; ebenso die soziale und standortpolitische Bedeutung der Verbraucher- und Industriestrompreise. Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der für den Erfolg der Energiewende verantwortlichen Bundesminister, konstruktive Strategien zu entwickeln, um die vor gut einem Jahr aufgrund eines breiten gesellschaftlichen Konsenses gesetzgeberisch festgelegten energiepolitischen Ziele zu erreichen. Unbedingt zu vermeiden sind Zweifel an der Verbindlichkeit und dem Bestand politischer und rechtlicher Vorgaben, die bisher als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage der Kommunen nicht ernsthaft in Frage standen. Die Berücksichtigung der kommunalen Investitions- und Planungssicherheit hat der DStGB im Hinblick auf konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende mehrfach geltend gemacht. Wünschenswert wären daher die konstruktive Suche nach und das Werben für tragfähige Ansätze zur Begrenzung der mit dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen verbundenen Kosten, ohne die energiewirtschaftlichen Grundsatzentscheidungen in Frage zu stellen.
Die Bundesregierung hat eine zentrale Forderung des DStGB aufgegriffen, indem sie durch Gründung entsprechender Plattformen beim Bundesumwelt- und -wirtschaftsministerium dem durch die Energiewende ausgelösten Koordinationsbedarf Rechnung trägt. Der DStGB, der in diesen Koordinationsgremien vertreten ist, wird auch in diesem Rahmen deutlich machen, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn die grundsätzlichen Ziele nicht in Zweifel gezogen werden.
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