Montag, 7. Oktober 2024

FinanzierungKlimaschutz trotz klammer Kassen

[14.06.2021] Finanzschwachen Kommunen fällt es schwerer, Investitionen in den Klimaschutz zu stemmen. Es gibt allerdings zahlreiche kostengünstige Maßnahmen, um erste Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln. Noch dazu profitieren Kommunen derzeit von optimalen Förderbedingungen.
Smarte Solarsitzbänke tragen zur Klima­bildung im öffentlichen Raum bei.

Smarte Solarsitzbänke tragen zur Klima­bildung im öffentlichen Raum bei.

(Bildquelle: Stadtwerke Stuttgart/Ronny Schonebaum)

Kommunen haben vielfältige Möglichkeiten, um Energieverbräuche zu senken und ihren Teil auf dem Weg zu einer klimaneutralen Gesellschaft beizutragen. Hierfür sind der Aufbau entsprechenden Know-hows sowie Investitionen in klimafreundliche Technologien notwendig. Das gelingt am besten dann, wenn die zuständigen Akteure aus Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft, wie beispielsweise Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften, Energiedienstleister und Energiegenossenschaften, eng zusammenarbeiten.
Doch wo liegt der Schlüssel zum Öffnen dieser Handlungsspielräume? Aktuell ist Klimaschutz eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. Gerade für die finanzschwächeren unter ihnen ist es aber oft nicht leicht, Investitionen in den Klimaschutz zu stemmen. Da kommunaler Klimaschutz jedoch mit zahlreichen positiven Nebeneffekten, wie Kosteneinsparungen, regionaler Wertschöpfung oder einer Erhöhung der Lebensqualität einhergeht, lohnt es sich, diesen mit Maßnahmen aus einzelnen Bereichen der Daseinsvorsorge zu verknüpfen: Energie, Mobilität, Gebäude sowie Bildung.

Klimaschutz in kommunale Handlungsfelder integrieren

Diese Bereiche bieten verschiedene Zugänge, um Klimaschutz in kommunale Handlungsfelder zu inte­grieren. Stellvertretend dafür stehen die Installation von Erneuerbare-Energien-Anlagen, die Bereitstellung alternativer Mobilitätsangebote, die energetische Sanierung öffentlicher und privater Gebäude sowie verschiedene Formate der Sensibilisierung und Aktivierung von Akteuren, die in klimafreundliches Handeln münden.
Vorteilhaft bei der Anbahnung von Klimaschutzmaßnahmen ist es, verschiedene Akteurskonstellationen sowie deren akzeptanz- und identitätsstiftende Wirkung bereits mitzudenken. Das trägt dazu bei, dass sämtliche Klimaschutzmaßnahmen in der Kommune langfristig erfolgreich umgesetzt werden. Gerade bei knappen kommunalen Kassen können durch kostengünstige, nicht oder gering-investive Maßnahmen erste Erfahrungen gesammelt und Strukturen geschaffen werden, welche die spätere Realisierung größerer investiver Maßnahmen begünstigen.

Strukturen schaffen

Ein Klimaschutz-Management mit dazugehörigem Konzept bildet den idealen Ausgangspunkt für den kommunalen Klimaschutz. Vorhandene Potenziale werden analysiert, Ziele definiert, ein Maßnahmenkatalog und Controlling-Mechanismen etabliert. Dadurch wird das Thema dauerhaft in den Verwaltungsstrukturen etabliert, die Vernetzung mit allen relevanten Akteuren verstetigt und dem Klimaschutz kommt die entsprechende Aufmerksamkeit zu. Das führt zur Bündelung und Sichtbarmachung sämtlicher Aktivitäten innerhalb des Querschnittsthemas Klimaschutz. Einzelne Fachämter werden entlastet und die Fördermittelakquise zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen erfolgt an zentraler Stelle. Dank des im Jahr 2020 beschlossenen Konjunkturpakets der Bundesregierung sind die Förderbedingungen aktuell optimal. Hier profitieren finanzschwache Kommunen in besonderem Maße: Sie erhalten über die Kommunalrichtlinie zur Einrichtung eines Klimaschutz-Managements eine 100-prozentige Förderung für Anträge, die bis Ende 2021 gestellt werden.

Klimaschutz erfahrbar machen

Im Bereich der Energieversorgung bietet sich aufgrund der großen Solarpotenziale die Umsetzung von Photovoltaikprojekten auf kommunalen Dächern an. Neben einer Realisierung der Projekte in Eigenregie sind insbesondere bei angespannter Haushaltslage auch Kooperationen mit Dritten möglich, beispielsweise durch die Verpachtung geeigneter Dachflächen an Energiegenossenschaften. Entsprechend verringern sich die Energiekosten bei der Eigennutzung des erzeugten Stroms oder es entstehen Pachteinnahmen.
Im Gebäudebereich unterstützen bereits viele Kommunen die energetische Sanierung privater Wohngebäude. Idealerweise sind ent­sprechende Kampagnen, die Hauseigentümer dazu anregen sollen, selbst aktiv zu werden, mit verschiedenen Beratungsleistungen und Fördermitteln für die Umsetzung konkreter Maßnahmen gekoppelt. Durch die Sanierung ihrer eigenen Liegenschaften können Kommunen darüber hinaus mit gutem Beispiel vorangehen.
Auch im Verkehrsbereich ergeben sich Handlungsspielräume. So ist durch die Einführung eines lokalen E-Carsharing-Angebots, das auch durch eine zivilgesellschaftliche Initiative unter Einbindung der Kommune getragen werden kann, die Reduzierung des Fahrzeugbestands denkbar. In Verbindung mit der Umnutzung von Stellplatzflächen, zum Beispiel für Parklets oder kleinere Grünflächen, führt das unter anderem zu einer erhöhten Aufenthaltsqualität, insbesondere in Innenstadtlagen. Zusätzlich ermöglicht es die Entlastung von kommunalen und privaten Budgets.
Und zu guter Letzt: Klimabildung im öffentlichen Raum trägt dazu bei, Klimaschutz erfahrbar zu machen. Ein Beispiel ist das Platzieren smarter Solarsitzbänke an stark frequentierten Orten. Diese laden zum zeitgleichen Verweilen und Aufladen der eigenen Endgeräte ein. Dabei kann zu kommunalen Klimaschutzaktivitäten informiert werden, etwa zu Erträgen der städtischen Solar­anlagen, zu kommunalen Beratungsangeboten und Fördermitteln oder zu kommunalen Aktionstagen.

Klimaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe

Die Beispiele der einzelnen Klimaschutzmaßnahmen zeigen, dass Klimaschutz in Städten und Gemeinden eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Darüber lassen sich vor Ort Einspar- und Wertschöpfungseffekte erzielen, Kooperationen aufbauen, Akteure motivieren, Akzeptanz schaffen sowie durch die Einsparung von Treibhausgasen ein Beitrag zu den global vereinbarten Klimaschutzzielen leisten.
Ausgangspunkt sind oft Klimaschutzkonzepte, die in vielen Kommunen bereits vorliegen. Um alle Akteure aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft mitzunehmen, bedarf es eines adäquaten Beteiligungsrahmens und des Aufbaus institutioneller Strukturen. Dabei muss das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden, sondern es kann auf Praxiswissen aus anderen Kommunen zurückgegriffen werden. Auch sollten Konflikte und Synergien zwischen einzelnen Akteuren, Themen und Maßnahmen frühzeitig herausgearbeitet werden. Notwendig sind zudem die Verständigung auf konkrete Ziele und Leitbilder – wie beispielsweise das der Klimaneutralität – und die Unterstützung durch die Politik.

Johannes Rupp, Philipp Reiß

Johannes Rupp, Philipp ReißJohannes Rupp ist seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsfeld „Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz“ am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin. Philipp Reiß ist seit 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Umwelt des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu).

Stichwörter: Klimaschutz, Difu, IÖW, QualiFiko


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Klimaschutz
Bis 2040 soll die Kommunalverwaltung klimaneutral sein. Das steht unter anderem im Vorreiterkonzept Klimaschutz. Ein Werk mit mehr als 300 Seiten – hinzu kommt ein umfangreicher Anhang.

Osnabrück: Klimaneutralität der Verwaltung bis 2040

[12.09.2024] Die Stadt Osnabrück hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Kommunalverwaltung bis 2040 klimaneutral zu gestalten. Ein umfassendes Maßnahmenpaket liegt bereits vor, das energetische Sanierungen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien vorsieht. mehr...

Preisträgerinnen und Preisträger des niedersächsischen Wettbewerbs „Klima kommunal 2024“.

Niedersachsen: Klimakommunen 2024 ausgezeichnet

[11.09.2024] Der Landkreis Cuxhaven und die Stadt Goslar sind als „Niedersächsische Klimakommunen 2024“ ausgezeichnet worden. Mit ihren innovativen Klimaschutzprojekten setzten sie sich in einem Wettbewerb mit 82 Projekten durch. mehr...

Bremen: CO2-Reduktion stagniert

[05.09.2024] Der CO2-Ausstoß im Land Bremen ist im Jahr 2022 fast unverändert geblieben, wie ein neuer Bericht zeigt. Um die Klimaziele zu erreichen, mahnt Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf ein entschlossenes Vorgehen an. mehr...

Niedersachsen: Elf Sieger bei „Klima kommunal“

[05.09.2024] Elf niedersächsische Kommunen wurden für vorbildlichen Klimaschutz im Wettbewerb „Klima kommunal“ 2024 ausgezeichnet. mehr...

Chemnitz wurde als Energiekommune für den Monat August ausgezeichnet.

Chemnitz: Bürger gestalten Energiewende mit

[02.09.2024] Die AEE zeichnet im August 2024 die Stadt Chemnitz als Energie-Kommune des Monats aus. Grund ist das gemeinsame Gestalten der Energiewende mit Bürgern, Wirtschaft und Wissenschaft. mehr...

Auch in diesem Jahr wurde ein Großteil der Förderung des Programms KlimaBonus Karlsruhe für Photovoltaikanlagen beantragt.

Karlsruhe: Fördermittel komplett abgerufen

[09.08.2024] Bereits jetzt sind die Mittel des städtischen Förderprogramms „KlimaBonus Karlsruhe“ in Höhe von zwei Millionen Euro vollständig ausgeschöpft. mehr...

Die Stadtwerke Münster planen den Bau großer PV-Freiflächen-Anlagen

Münster: Fortschritte auf dem Weg zur Klimastadt

[02.08.2024] Die Stadt Münster verzeichnet erhebliche Fortschritte in ihren Klimaschutzprojekten. Unternehmen, Institutionen und Bürger tragen dabei zum Klimastadt-Vertrag bei und setzen zahlreiche Maßnahmen um. mehr...

Magdeburg: Neuer Klimabeirat nimmt Arbeit auf

[02.08.2024] In Magdeburg hat jetzt ein 18-köpfiges Expertengremium seine Arbeit aufgenommen. Es soll die Landeshauptstadt bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und dem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ unterstützen. mehr...

Der Rat der Metropolregion hat den Klimapakt einstimmig in der vergangenen Ratssitzung verabschiedet.

Metropolregion Nürnberg: Neuer Klimapakt beschlossen

[01.08.2024] Mit der Verabschiedung eines aktualisierten Klimapakts hat die Metropolregion Nürnberg einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität bis 2040 gemacht. Im Mittelpunkt steht die interkommunale Zusammenarbeit. mehr...

Im Hafen Kehl entstehen jetzt Landstromanlagen.

Kehl: Ökostromanschlüsse für Hafen

[30.07.2024] Das Land Baden-Württemberg und der Bund unterstützen jetzt den Bau von Landstromanlagen im Hafen Kehl mit rund 1,1 Millionen Euro. Diese Anlagen versorgen Schiffe mit erneuerbarer Energie und reduzieren dadurch die CO2-Emissionen in der Binnenschifffahrt. mehr...

Der KEA-BW erstellt aus den Informationen der Kommunen einen individuellen Kommunensteckbrief.

Baden-Württemberg: Energieverbrauch übermittelt

[29.07.2024] In Baden-Württemberg haben 547 von 1.136 Kommunen und Landkreisen ihre Energieverbräuche für 2023 fristgerecht veröffentlicht. Die KEA-BW erstellt auf Basis dieser Daten individuelle Steckbriefe, die den Gemeinden helfen, ihre Energiedaten zu analysieren und Einsparpotenziale zu identifizieren. mehr...

Gemeinsam mit 71 weiteren Kommunen hat die Stadt Gütersloh das dritte Kommuniqué im Rahmen der Klimakampagne OWL unterzeichnet.

Gütersloh: Stadt setzt sich Klimaschutzziele

[23.07.2024] Auf dem dritten Klimagipfel OWL in Detmold haben die Stadt Gütersloh und 71 weitere Kommunen ein neues Kommuniqué unterzeichnet. Schwerpunkte sind die klimafreundliche Wärmeplanung, der Ausbau der Windenergie und eine Wissensoffensive zur Förderung der Akzeptanz lokaler Klimaschutzprojekte. mehr...

Stuttgart: CO2-Emissionen fast zur Hälfte gesenkt

[19.07.2024] Laut dem aktuellen Energie- und Klimaschutzbericht 2022/23 hat Stuttgart seit 1990 seine Treibhausgasemissionen um 49 Prozent reduziert und somit fast die Hälfte des Wegs zur angestrebten Klimaneutralität zurückgelegt. mehr...

Metropolregion Rhein-Neckar: Neue Projekt-Website

[17.07.2024] Die Metropolregion Rhein-Neckar hat jetzt eine neue Website zum Projekt „Innovativ Bauen – CO2 einsparen“ veröffentlicht. Das Projekt zielt darauf ab, durch wissenschaftliche Forschung und Vernetzung klimafreundliches Bauen und Sanieren in der Region zu fördern. mehr...

Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2023 um 18 Prozent gesunken.

Treibhausgasemissionen: Rekordrückgang in Deutschland

[17.07.2024] Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2023 um 18 Prozent gesunken. Das ist der stärkste Rückgang seit Einführung des europäischen Emissionshandels im Jahr 2005. Besonders stark sind die Emissionen im Energiesektor zurückgegangen. mehr...