Mittwoch, 2. April 2025

GeothermieKlimaschonende Wärme in NRW

[24.02.2020] Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen und gleichzeitig die Energie- und Wärmeversorgung sicherzustellen, braucht es einen Mix erneuerbarer Energien. Geothermie kann dazu einen bedeutenden Beitrag leisten. In Nordrhein-Westfalen wird dieses Potenzial gehoben.
Mit über 55.000 Anlagen zur Nutzung oberflächennaher Geothermie ist Nordrhein-Westfalen Vorreiter in der Erschließung regenerativer Erdwärme.

Mit über 55.000 Anlagen zur Nutzung oberflächennaher Geothermie ist Nordrhein-Westfalen Vorreiter in der Erschließung regenerativer Erdwärme.

(Bildquelle: EnergieAgentur.NRW)

Auf die Wärmeversorgung entfallen rund 50 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs. Dabei werden laut Berechnungen des Umweltbundesamts ungefähr 40 Prozent der energiebedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland verursacht. Einen Rahmen für die künftige Energieversorgung und -bereitstellung hat sich Nordrhein-Westfalen gegeben. Dabei ist die Wärmewende ein wesentliches Handlungsfeld der Energieversorgungsstrategie des Landes. Ziel ist es, den klimafreundlichen Transformationsprozess in diesem Sektor auszubauen und hierfür die notwendige Energie-Infrastruktur zu schaffen. Weiter ist beschrieben, dass eine erfolgreiche Wärmewende auf die lokalen Gegebenheiten abgestimmt sein und unter anderem auf einer weitgehend dekarbonisierten leitungsgebundenen Wärmeversorgung basieren muss. Dies erfordert eine stärkere Ausrichtung nicht nur auf erneuerbare Energien, sondern auch auf den Ausbau der tiefen Geothermie, mit der unter anderem Wohngebäude beheizt werden können. Außerdem ermöglicht es die Geothermie, Prozesswärme kostengünstig bereitzustellen. Und Wärmenetze können in Kombination mit Geothermie grüne Fernwärme liefern. Bundesweit liefern bereits 37 tiefe Geothermie-Anlagen jährlich circa 1,2 Terawattstunden (TWh) klimaneutrale Wärmeenergie.

Hohes geothermisches Potenzial

Um die Tiefengeothermie in Nordrhein-Westfalen systematisch auszubauen, ist zunächst eine Charakterisierung thermalwasserführender Gesteine hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit erforderlich. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird ein hohes geothermisches Potenzial in devon- und karbonzeitlichen Karbonat- und Sandsteinen sowie in Sandsteinen und Kalksteinen des Erdmittelalters erwartet. Auf der 15. NRW Geothermiekonferenz der EnergieAgentur.NRW im September 2019 wurde das von der EU geförderte INTERREG-Projekt „Roll-out of Deep Geothermal Energy in NWE“, kurz DGE Roll-out, vorgestellt. Es soll die Weichen für den Tiefe-Geothermie-Markt in Nordwesteuropa stellen, Projekte fördern und die dazu notwendigen geologischen Potenziale erkunden.

Fernwärmenetz regenerativ versorgen

Besonders im grenznahen westlichen Teil von Nordrhein-Westfalen können demnach vielversprechende Energiereserven erschlossen werden. Eine wesentliche Rolle könnte das Kraftwerk Weisweiler spielen, einer der derzeit größten Kohlemeiler Europas, der viele Tausend Menschen in und um Aachen mit Wärme versorgt. Energieversorger RWE sieht eine zukunftsweisende Möglichkeit darin, das an das Kraftwerk angebundene Fernwärmenetz mithilfe tiefer Geothermie ab etwa 2030 regenerativ zu versorgen.
Die Projektpartner des DGE Roll-out wollen nicht nur die uralten, verkarsteten Kalkgesteine mit hohen Thermalwassermengen erkunden. Es soll auch das hydrothermale Potenzial der Karbonate im Braunkohlenrevier am Standort Weisweiler und darüber hinaus charakterisiert werden. Ein erstes Vorbereitungsprojekt mit möglichen Aussagen zur Nutzbarmachung des tiefengeothermischen Potenzials am Kraftwerksstandort ist bereits auf den Weg gebracht.

NRW ist Vorreiter

Mit über 55.000 Anlagen zur Nutzung oberflächennaher Geothermie ist NRW Vorreiter in der Erschließung regenerativer Erdwärme. Nach Berechnungen des Landesumweltamts (LANUV) beträgt das Nutzungspotenzial knapp 154 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a). Damit könnten circa 57 Prozent des jährlich anfallenden Wärmebedarfs gedeckt werden. Jährlich fragt das LANUV bei den Genehmigungsbehörden die Zubauquote von Erdwärmeheizungen ab. Für das Jahr 2018 wurden rund 4.000 neue Anlagen gezählt. Das ist im Vergleich zu 2017 ein Zuwachs von mehr als 7,5 Prozent bei den Neuinstallationen. Kommunen, die den höchsten Zubau an geothermischen Erdwärmeheizungen verzeichnen, werden auf dem NRW Geothermiekongress ausgezeichnet. Coesfeld beispielsweise lag in der Kategorie Landkreise für das Jahr 2018 mit rund 280 installierten Erdwärmeheizungen auf Platz eins. In der Kategorie Gemeinden siegte Havixbeck mit 29 neuen Erdwärmeheizungen im Jahr 2018. Das LANUV hat außerdem eine landesweite Studie zur oberflächennahen Geothermie erstellt, die den Kommunen als Planungsinstrument dienen kann.

Umsetzungsstrategien erarbeiten

Beim Erschließen hydrothermaler Quellen steht Nordrhein-Westfalen noch am Anfang. Mit dem Projekt DGE Roll-out erhofft sich die Landesregierung weitere Erkenntnisse über die geothermalen Reservoire, Entscheidungshilfen für Investoren sowie für Stadtwerke und Kommunen. Auch soll es gelingen, Umsetzungsstrategien für Geothermieprojekte zu erarbeiten und die geothermische Energie in die bestehenden Fernwärmenetze der Kohleverbrennungsstandorte einzubinden.

Der Autor: Leonhard Thien

Thien, LeonhardLeonhard Thien ist Leiter des Themengebiets Geothermie und Wärmepumpen bei der EnergieAgentur.NRW. Seit 2011 ist er Präsidiumsmitglied im Bundesverband Geothermie, seit 2015 Vizepräsident und Sprecher des Fachausschusses Oberflächennahe Geothermie.



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Geothermie

Berlin: Bohrungen am Südkreuz

[26.03.2025] Am Südkreuz in Berlin entstehen bis 2026 neue Wohn- und Gewerbeflächen, deren Energieversorgung durch ein modernes Geothermiesystem gesichert wird. Dafür werden derzeit 285 Erdwärmesonden installiert, die Wärme aus bis zu 100 Metern Tiefe nutzbar machen sollen. mehr...

Krefeld: Forschungsbohrung zu Geothermie gestartet

[25.03.2025] In Krefeld ist vergangene Woche eine Forschungsbohrung des Geologischen Dienstes NRW gestartet, um das Potenzial der Tiefen Geothermie in der Region zu untersuchen. mehr...

Praxisforum Geothermie Bayern: Neue Entwicklungen der Geothermie

[25.03.2025] Das Praxisforum Geothermie Bayern findet vom 22. bis 24. Oktober 2025 in Pullach bei München statt. Die Veranstaltung bietet Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik eine Plattform, um die neuesten Entwicklungen der Geothermie zu diskutieren. mehr...

Germering/Puchheim: Gemeinsames Geothermieprojekt beschlossen

[25.02.2025] Die Städte Germering und Puchheim haben beschlossen, gemeinsam mit den Stadtwerken München (SWM) ein Geothermieprojekt zu realisieren. Ziel ist eine unabhängige, klimafreundliche Wärmeversorgung, die frühestens 2033 in Betrieb gehen soll. mehr...

Fraunhofer IEG: Bau eines Reallabors für Geothermie

[19.02.2025] Mit einer neuen Forschungsinitiative will das Fraunhofer IEG das Potenzial der Tiefengeothermie in Nordrhein-Westfalen erschließen. Mit einer Förderung von 52 Millionen Euro entsteht in der Städteregion Aachen eine europaweit einzigartige Forschungsinfrastruktur, die erneuerbare Wärmequellen für Kommunen und Industrie nutzbar machen soll. mehr...

Stadtwerke Münster: Positives Fazit zur 3D-Seismik

[14.02.2025] Die Stadtwerke Münster haben jetzt die umfangreiche geologische Untersuchung des Untergrunds abgeschlossen. Die Messungen sollen die Basis für eine klimaneutrale Fernwärmeversorgung durch Tiefengeothermie schaffen. mehr...

Waren: Wartung des Bohrlochs

[13.02.2025] Die Stadtwerke Waren investieren knapp eine Million Euro in die Wartung eines Bohrlochs der Geothermieanlage am Papenberg. Die Arbeiten sind entscheidend für den weiteren Ausbau der geothermischen Wärmeversorgung in der Region. mehr...

bericht

Geothermie: Multitalent für die Wärmeversorgung

[11.02.2025] Tiefengeothermie gilt als Rückgrat der Wärmewende und ist für die Bestückung neuer Netze mit Wärme und die Dekarbonisierung von Bestandsnetzen alternativlos. Um sie wirtschaftlich nutzen zu können, müssen sich allerdings zahlreiche politische Rahmenbedingungen ändern. mehr...

Stadtwerke Erfurt: Genehmigung für 3D-Seismik-Messungen beantragt

[30.01.2025] Die Stadtwerke Erfurt haben jetzt beim Thüringer Bergamt die Genehmigungsunterlagen für eine 3D-Seismik-Messung im Raum Erfurt eingereicht. Die Untersuchung soll die Grundlage für die Nutzung von Tiefengeothermie zur klimafreundlichen Fernwärmeversorgung der Stadt schaffen. mehr...

GeoTHERM: Einblick in Potenzial der Geothermie

[15.01.2025] Die GeoTHERM 2025 bietet vom 20. bis 21. Februar in Offenburg eine Plattform für Fachleute, Studierende und Bürger, um sich über die neuesten Entwicklungen in der Geothermie auszutauschen. mehr...

badenova: Zielgebiet für Geothermie eingegrenzt

[20.12.2024] Für die im Oberrheingraben geplante Geothermie-Nutzung hat badenovaWÄRMEPLUS jetzt Hartheim und angrenzende Gemeinden in den Fokus gerückt. Ab 2028 könnte das heiße Thermalwasser zur Versorgung von bis zu 20.000 Menschen mit grüner Fernwärme genutzt werden. mehr...

München: Allianz für den Klimaschutz

[18.11.2024] Die Landeshauptstadt München, acht Kommunen der NordAllianz und die Stadtwerke München wollen enger zusammenarbeiten, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Versorgungssicherheit zu verbessern. mehr...

zusehen sind drei Vibro-Trucks, die den Untergrund in der Stadt Münster untersuchen sollen.

Münster: Stadt wird durchgerüttelt

[24.10.2024] Die Stadtwerke Münster starten Anfang November eine groß angelegte geologische Erkundung, um das Potenzial der Tiefengeothermie auszuloten. Diese könnte in Zukunft einen großen Teil des Wärmebedarfs in Münster klimaneutral decken. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrplatz für tiefe Bohrungen.

Fraunhofer-Studie: Vorhandene Bohrlöcher nutzen

[23.10.2024] Eine neue Studie des Fraunhofer IEG zeigt, dass alte Erdgasbohrungen für die Gewinnung von Erdwärme genutzt werden können. Insbesondere für Kommunen im norddeutschen Becken könnten ungenutzte Bohrungen eine wertvolle Wärmequelle darstellen. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrkopf für Geothermiebohrungen.

Praxisforum Geothermie.Bayern: Goldenes Heizwerk steht in München

[21.10.2024] Die bayerischen Geothermieanlagen haben im Jahr 2023 etwa 2,8 Terawattstunden Wärme erzeugt und einen bedeutenden Beitrag zur Wärmewende geleistet. Im Rahmen des Praxisforums Geothermie.Bayern wurden herausragende Anlagen für ihre Effizienz prämiert. mehr...