GeothermieKlimaschonende Wärme in NRW
Auf die Wärmeversorgung entfallen rund 50 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs. Dabei werden laut Berechnungen des Umweltbundesamts ungefähr 40 Prozent der energiebedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland verursacht. Einen Rahmen für die künftige Energieversorgung und -bereitstellung hat sich Nordrhein-Westfalen gegeben. Dabei ist die Wärmewende ein wesentliches Handlungsfeld der Energieversorgungsstrategie des Landes. Ziel ist es, den klimafreundlichen Transformationsprozess in diesem Sektor auszubauen und hierfür die notwendige Energie-Infrastruktur zu schaffen. Weiter ist beschrieben, dass eine erfolgreiche Wärmewende auf die lokalen Gegebenheiten abgestimmt sein und unter anderem auf einer weitgehend dekarbonisierten leitungsgebundenen Wärmeversorgung basieren muss. Dies erfordert eine stärkere Ausrichtung nicht nur auf erneuerbare Energien, sondern auch auf den Ausbau der tiefen Geothermie, mit der unter anderem Wohngebäude beheizt werden können. Außerdem ermöglicht es die Geothermie, Prozesswärme kostengünstig bereitzustellen. Und Wärmenetze können in Kombination mit Geothermie grüne Fernwärme liefern. Bundesweit liefern bereits 37 tiefe Geothermie-Anlagen jährlich circa 1,2 Terawattstunden (TWh) klimaneutrale Wärmeenergie.
Hohes geothermisches Potenzial
Um die Tiefengeothermie in Nordrhein-Westfalen systematisch auszubauen, ist zunächst eine Charakterisierung thermalwasserführender Gesteine hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit erforderlich. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird ein hohes geothermisches Potenzial in devon- und karbonzeitlichen Karbonat- und Sandsteinen sowie in Sandsteinen und Kalksteinen des Erdmittelalters erwartet. Auf der 15. NRW Geothermiekonferenz der EnergieAgentur.NRW im September 2019 wurde das von der EU geförderte INTERREG-Projekt „Roll-out of Deep Geothermal Energy in NWE“, kurz DGE Roll-out, vorgestellt. Es soll die Weichen für den Tiefe-Geothermie-Markt in Nordwesteuropa stellen, Projekte fördern und die dazu notwendigen geologischen Potenziale erkunden.
Fernwärmenetz regenerativ versorgen
Besonders im grenznahen westlichen Teil von Nordrhein-Westfalen können demnach vielversprechende Energiereserven erschlossen werden. Eine wesentliche Rolle könnte das Kraftwerk Weisweiler spielen, einer der derzeit größten Kohlemeiler Europas, der viele Tausend Menschen in und um Aachen mit Wärme versorgt. Energieversorger RWE sieht eine zukunftsweisende Möglichkeit darin, das an das Kraftwerk angebundene Fernwärmenetz mithilfe tiefer Geothermie ab etwa 2030 regenerativ zu versorgen.
Die Projektpartner des DGE Roll-out wollen nicht nur die uralten, verkarsteten Kalkgesteine mit hohen Thermalwassermengen erkunden. Es soll auch das hydrothermale Potenzial der Karbonate im Braunkohlenrevier am Standort Weisweiler und darüber hinaus charakterisiert werden. Ein erstes Vorbereitungsprojekt mit möglichen Aussagen zur Nutzbarmachung des tiefengeothermischen Potenzials am Kraftwerksstandort ist bereits auf den Weg gebracht.
NRW ist Vorreiter
Mit über 55.000 Anlagen zur Nutzung oberflächennaher Geothermie ist NRW Vorreiter in der Erschließung regenerativer Erdwärme. Nach Berechnungen des Landesumweltamts (LANUV) beträgt das Nutzungspotenzial knapp 154 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a). Damit könnten circa 57 Prozent des jährlich anfallenden Wärmebedarfs gedeckt werden. Jährlich fragt das LANUV bei den Genehmigungsbehörden die Zubauquote von Erdwärmeheizungen ab. Für das Jahr 2018 wurden rund 4.000 neue Anlagen gezählt. Das ist im Vergleich zu 2017 ein Zuwachs von mehr als 7,5 Prozent bei den Neuinstallationen. Kommunen, die den höchsten Zubau an geothermischen Erdwärmeheizungen verzeichnen, werden auf dem NRW Geothermiekongress ausgezeichnet. Coesfeld beispielsweise lag in der Kategorie Landkreise für das Jahr 2018 mit rund 280 installierten Erdwärmeheizungen auf Platz eins. In der Kategorie Gemeinden siegte Havixbeck mit 29 neuen Erdwärmeheizungen im Jahr 2018. Das LANUV hat außerdem eine landesweite Studie zur oberflächennahen Geothermie erstellt, die den Kommunen als Planungsinstrument dienen kann.
Umsetzungsstrategien erarbeiten
Beim Erschließen hydrothermaler Quellen steht Nordrhein-Westfalen noch am Anfang. Mit dem Projekt DGE Roll-out erhofft sich die Landesregierung weitere Erkenntnisse über die geothermalen Reservoire, Entscheidungshilfen für Investoren sowie für Stadtwerke und Kommunen. Auch soll es gelingen, Umsetzungsstrategien für Geothermieprojekte zu erarbeiten und die geothermische Energie in die bestehenden Fernwärmenetze der Kohleverbrennungsstandorte einzubinden.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar/Februar 2020 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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