InterviewKlimacheck-Tool prüft Gesetzesvorhaben
Herr Baldauf, wie unterstützt der Klimacheck die Verwaltung?
Der Klimacheck von Ramboll hilft den Verwaltungsmitarbeitenden bei der Überprüfung der klimarelevanten Auswirkungen von Beschlussvorlagen und zeigt klimafreundliche Alternativen auf. Der Leitfaden ermöglicht es den Anwenderinnen und Anwendern, die Vorlagen einfach und ohne klimapolitische Vorkenntnisse zu überprüfen. Die Auswirkungen der Beschlussvorlagen werden leicht verständlich innerhalb einer Exceldatei abgefragt. Die Antwortmöglichkeiten sind mit Beispielen unterlegt. Anwender schätzen anhand von Ja-/Nein-Fragen die möglichen Klimaauswirkungen ein. Die Auswertung der Antworten erfolgt automatisiert.
Welche Anforderungen waren bei der Entwicklung des Klimachecks zu erfüllen?
Das Tool wird für alle Beschlussvorlagen des Berliner Senats eingesetzt – Personalangelegenheiten ausgenommen. Es muss also für vielfältige Anwendungsbereiche nutzbar sein. Sieben Handlungsfelder zur Erfassung der klimarelevanten Auswirkungen wurden vorab definiert. Diese sind der Energieverbrauch von Gebäuden und Anlagen, Auswirkungen auf Verkehr, Energieerzeugung und Stadtgrün sowie die Wiederverwertung von Rohstoffen und die Bewusstseinsbildung für nachhaltiges Handeln in der Gesellschaft sowie bei öffentlichen Beschaffungen. Unser Ziel bei der Entwicklung war die leichte Anwendbarkeit für die Senatsmitarbeitenden, weshalb wir die Usability in mehreren Workshops getestet haben. Somit konnten wir das Tool entlang des tatsächlichen Bedarfs entwickeln.
Wie erfolgt die Anwendung und welche Daten liegen dem Klimacheck zugrunde?
Der Klimacheck wird für alle Handlungsfelder durchgeführt. Zeigen sich mögliche Klimaauswirkungen, erfolgt eine Detailprüfung. Im Handlungsfeld Verkehr wird beispielsweise abgefragt, ob die Beschlussvorlage zu mehr Fahrradverkehr führen wird. Dies kann etwa durch eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur gegeben sein. Grundlage hierfür sind aktuelle Forschungsdaten, welche die Treibhausgasemissionen von Schienen-, Auto- und Fahrradverkehr abbilden. Im Bereich Energie können die Anwenderinnen und Anwender je nach Inhalt der Beschlussvorlage sowohl eine geplante klimafreundliche Energieerzeugung als auch den bestehenden Energiemix in Berlin berücksichtigen. Dafür werden dann die berlinspezifischen Daten zur Energieversorgung und deren klimaschädlichen Emissionen herangezogen. Am Ende des Klimachecks wird eine Gesamteinordnung der Auswirkungen generiert, außerdem werden die Detailergebnisse für jedes Handlungsfeld dargestellt. Zeigt sich, dass durch die Beschlussvorlage klimaschädliche Emissionen erheblich steigen würden, werden Alternativen geprüft und Verbesserungsvorschläge gemacht. Abschließend erhalten die Anwenderinnen und Anwender Formulierungsvorschläge für die Prüfung der Beschlussvorlage. Diese können die Mitarbeitenden der Senatsverwaltung dann in den Prüfbericht übertragen.
„Seit der Einführung im April 2021 hat sich der Klimacheck als Instrument etabliert.“
Wie begleitet Ramboll die Senatsverwaltung bei der Implementierung?
Das Feedback der Anwenderinnen und Anwender wurde nicht nur während der Entwicklung in Workshops aufgenommen, sondern auch nach der Veröffentlichung in einer viermonatigen Testphase. Aus diesen Rückmeldungen und weiteren Feedback-Interviews wurde nach einem halben Jahr eine leicht überarbeitete Version veröffentlicht. Aktuell führen wir eine Anwenderbefragung zur Wirksamkeit des Tools durch. Seit der Einführung im April 2021 hat sich der Klimacheck als Instrument innerhalb der Senatsverwaltung etabliert. Wir wollen ihn in enger Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung kontinuierlich weiterentwickeln.
Was ist als nächstes geplant?
Länder und Kommunen müssen sich auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten und klimaresiliente Orte schaffen. Aus diesem Grund werden wir die Anwendung für die Berliner Senatsverwaltung um Klimaanpassungsmaßnahmen erweitern. Gemeinsam mit den Klimaschutzbeauftragten in den Berliner Bezirken haben wir den Klimacheck zudem inhaltlich für die Bezirke angepasst. Unsere Fachleute entwickeln eine angepasste Version des Leitfadens, der in den Bezirken Mitte und Spandau bereits eingeführt wurde. Das Tool ist aufgrund seiner Vielseitigkeit und leichten Bedienbarkeit auch für andere Bundesländer und Kommunen interessant. Auch die Ampelparteien haben sich im Koalitionsvertrag ein ähnliches Vorhaben auf Bundesebene vorgenommen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September/Oktober 2022 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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