EnergiebeschaffungKlare Limits setzen
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An den Energiemärkten entwickeln sich Preise und Einflussfaktoren kurvenreich.
(Bildquelle: Uniper Market Solutions)
Auf dem deutschen Stromgroßhandelsmarkt waren bis 2016 über Jahre hinweg sinkende Preise zu beobachten. Allerdings gibt es an den Energiemärkten keine Einbahnstraßen. Vielmehr entwickeln sich Preise und Einflussfaktoren kurvenreich, mit Tempowechseln und plötzlichen Wendungen. Und so beobachten wir seit nunmehr zwei Jahren eine Phase mit kontinuierlich steigenden Preisen. Zugleich nehmen die Schwankungsbreiten bei den Großhandelspreisen für Strom – insbesondere für kurzfristig lieferbare Strommengen an den Spot-Märkten – wieder zu. Doch welche Einflussfaktoren haben sich in den vergangenen Monaten konkret geändert und was bedeutet das für das Risiko-Management von Stadtwerken und Industrieunternehmen bei der Beschaffung von Strom und Gas?
Überkapazitäten nehmen ab
Wie die Statistiken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie belegen, erfolgt in Deutschland seit über 15 Jahren ein Zubau bei erneuerbaren Energien. Vorangetrieben wird er unter anderem durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dadurch erhöht sich das Erzeugungsangebot deutlich, eine Entwicklung, die auch in anderen europäischen Ländern seit einigen Jahren spürbar ist. Im deutschen Strommarkt waren die preisdämpfenden Einflüsse dieser Entwicklung vor allem in den Jahren 2011 bis 2016 deutlich zu spüren. Und der Ausbau geht weiter, wenn auch mit einer rückläufigen Dynamik in einzelnen Bereichen.
Der Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten ist nur einer von mehreren Faktoren, die für die Rückgänge bei den Strompreisen in der Zeit von 2011 bis 2016 verantwortlich sind. Eine Baisse an den globalen Rohstoffmärkten lastete auch auf den Brennstoffpreisen – allen voran auf den Preisen für Kraftwerkskohle. Zudem war der deutsche Kraftwerkspark durch massive Überkapazitäten bei fossilen Kraftwerken gekennzeichnet.
Kaum Investitionen in neue Kraftwerke
Diese Kombination aus Preisdruck und Überkapazitäten hat über die Jahre dazu geführt, dass kaum in neue Kraftwerke investiert wurde. Die ökonomischen Voraussetzungen ließen derartige Projekte nicht mehr rentabel erscheinen. Zugleich sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Kraftwerke im Bereich der Stein- und Braunkohle altersbedingt oder aus wirtschaftlichen Gründen vom Netz gegangen. Dies ist jedoch eine sehr langsame Entwicklung, die sich mit entsprechender Verzögerung auf die Energiemärkte und die Preisentwicklungen auswirkt. Der deutsche Kraftwerksmarkt verfügt somit zwar weiterhin über große fossile Erzeugungskapazitäten, der Überschuss hat in den vergangenen Jahren jedoch abgenommen. Mit der geplanten Abschaltung der letzten noch produzierenden Kernkraftwerke bis zum Jahr 2022 wird sich dieser Überschuss voraussichtlich weiter reduzieren und damit das Preisniveau wahrscheinlich weiter steigen.
Emissionsziele wirken
Die Europäische Union hat bis 2025 und 2030 Klimaziele definiert und verfolgt diese konsequent. Das lässt sich zum Teil an den CO2-Preisen ablesen, die nun schon seit mehr als einem Jahr kontinuierlich steigen. Aktuell bereitet die EU die so genannte vierte Handelsphase für das europaweite Emissionshandelssystem vor. Diese legt die Rahmenparameter für den Handel mit Emissionszertifikaten für die Jahre 2021 bis 2030 fest.
Die EU wird das europäische CO2-Handelssystem mithilfe der so genannten Marktstabilitätsreserve flexibler gestalten. Dieser Mechanismus soll das derzeitige Überangebot im Markt senken. Die hierdurch verbesserte Funktionsweise des CO2-Handelssystems wird Anreize für emissionsärmere Kraftwerke mit höherer Effizienz schaffen, sodass vor allem moderne Gaskraftwerke für die Strom- und Wärmeerzeugung in Deutschland sowie in Europa an Bedeutung gewinnen könnten. Ein starker Unterstützer des EU-CO2-Handelssystems waren die Briten. Zwar bergen EU-Austrittsverhandlungen auch Risiken für den CO2-Preis. Trotzdem sprechen derzeit viele Faktoren dafür, dass sich die CO2-Preise auch zukünftig sehr stabil entwickeln werden und weiteres Aufwärtspotenzial besitzen.
Krisen einkalkulieren
In den vergangenen Jahren waren zunehmende geopolitische Unwägbarkeiten zu beobachten: Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran hat die Unsicherheit im Nahen Osten erhöht. Zusammen mit drohenden wirtschaftlichen Sanktionen hat dies die Ölpreise zuletzt wieder deutlich steigen lassen. Gleiches gilt für politische Krisen in Lateinamerika, die zu Einschränkungen im weltweiten Ölangebot führten. Zudem sorgt der steigende Energiehunger – vor allem in Asien – auch auf der Nachfrageseite für eine starke Unterstützung der Öl-, Gas- und Kohlepreise.
Durch die jüngst von der US-Regierung eingeführten Strafzölle zur Stärkung der heimischen Wirtschaft haben zudem die wirtschaftlichen Risiken zugenommen. Die Maßnahmen der US-Regierung betreffen vor allem Warenlieferungen aus der EU und China. Die weiteren Auswirkungen dieser Entwicklungen sind nur schwer absehbar. Zum einen bergen solche Konflikte Abwärtsrisiken, da deren Folgen in der Regel alle beteiligten Volkswirtschaften schwächen. Auf der anderen Seite können sich veränderte Waren- und Lieferströme in einigen Bereichen preistreibend auf Rohstoffe und Waren und somit auch auf die Energiepreise auswirken.
Die Vielzahl der Einflussfaktoren auf die aktuelle Marktentwicklung zeigt: Die Unsicherheiten in Bezug auf die künftige Preisentwicklung nehmen zu. Die aktuellen Treiber lassen weiter steigende Preise an den Energiemärkten erwarten. Solche Einschätzungen gilt es auch bei der Beschaffung zu berücksichtigen. Dabei muss einkalkuliert werden, dass stets Überraschungen und Veränderungen eintreten können. Krisen und politische Entscheidungen bahnen sich meist an, der konkrete Zeitpunkt ist jedoch selten genau vorherzusehen. Naturkatastrophen oder so genannte schwarze Schwäne – also hoch unwahrscheinliche Ereignisse – und deren Auswirkungen sind sogar kaum bis gar nicht vorhersehbar.
Risiken minimieren
Nun stellt sich die Frage, wie mit diesen Risiken umzugehen ist. Entscheidend ist es, vorbereitet zu sein und mit einem Mix von Absicherungsaktivitäten schrittweise das Risiko zu reduzieren. Drei Tipps können dabei unterstützen:
Individuelle Zielsetzungen definieren: Die Zieldefinition hilft, bereits im Vorfeld einen Rahmen für den richtigen Mix aus kurzfristigen Spotbeschaffungen und langfristigen Terminabsicherungen zu erstellen.
Klare Limits setzen: Limits in Bezug auf Menge oder Preis dienen als Weckruf, um die selbst gesteckten Ziele nicht zu verfehlen.
Selbstbestimmt rational handeln: Eine kontinuierliche Erfolgsmessung hilft, Entscheidungen rational treffen zu können.
Um den neuen Rahmenbedingungen gerecht zu werden, braucht es Expertise und Erfahrung in der Analyse der Energiemärkte sowie im Risiko-Management. Wie dies im eigenen Unternehmen sichergestellt werden kann, ist eine klassische Make-or-Buy-Entscheidung: Ein Unternehmen kann entweder eigene Experten beschäftigen oder das Wissen und die Erfahrung einkaufen. Dabei können Beratungsexperten wie die Uniper Market Solutions unterstützen – sei es mit der reinen Bereitstellung von Markteinschätzungen oder kompletten Portfolio-Management-Dienstleistungen.
Dieser Beitrag ist in der September/Oktober-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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