Freitag, 27. Dezember 2024

NürnbrechtKaltes Nahwärmenetz ausgezeichnet

[03.03.2017] Das Neubaugebiet Sohnius-Weide in der Gemeinde Nürnbrecht wird seit fünf Jahren mit regenerativer Wärme versorgt. Das Erfolgsrezept: Zentrale Hocheffizienz-Wärmepumpen, ein nicht gedämmtes Wärmenetz, Regenwasser-Zisternen und eine Solarthermieanlage.
Unscheinbar wirkt das kleine Betriebshäuschen

Unscheinbar wirkt das kleine Betriebshäuschen, das mit den Netzpumpen und Wärmetauschern hocheffiziente Technik enthält.

(Bildquelle: Gemeindewerke Nümbrecht)

Die EnergieAgentur.NRW hat jetzt das kalte Nahwärmenetz im Neubaugebiet Sohnius-Weide in der Gemeinde Nürnbrecht zum Projekt des Monats März 2017 ernannt. Das Projekt hat seinen Ursprung in einer Bitte der Bürger an die Gremien der Gemeindeverwaltung und die Geschäftsführung der Gemeindewerke Nürnbrecht (GWN) aus dem Jahr 2008, Alternativen für die klassische Verbrennung von Öl und Gas zur Wärmeversorgung anzubieten. Dabei sollten individuelle Finanzierungsmöglichkeiten auch für die Bürger entwickelt werden, denen sich aufgrund ihres Alters oder ihrer wirtschaftlichen Situation kein Zugriff auf Fremdkapital bot. Wie die Energieagentur mitteilt, hatten die Gemeindewerke zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, ausschließlich regenerativ erzeugten Strom aus einer Solarstromanlage und aus zertifizierten Wasserkraftanlagen anzubieten.
Bereits zehn Monate nach dem Bürgeranliegen entstand ein erstes Pilotprojekt mit Hocheffizienz-Luft-/Wasser-Wärmepumpen. Neun Bestandsgebäude in Nürnbrecht-Büschhof konnten mit der regenerativen Wärme versorgt werden. Den Versorgungsansatz entwickelte GWN schließlich zum Kalte-Nahwärmenetz weiter. Ende 2010 begann schließlich die Planung für eine vollständig regenerative Wärmeversorgung des Neubaugebiets Nürnbrecht-Sohnius-Weide. Es sollte zeigen, dass mit einem um ein Drittel verringerten Energieeinsatz 20 Gebäude zuverlässig und wettbewerbsfähig versorgt werden können. Im Neubaugebiet bestand kein Anschluss- oder Benutzungszwang. Anfang 2012 freuten sich die Bewohner des ersten bezugsfertigen Neubaus an der regenerativen Wärme aus den zentralen Wärmepumpen. Insgesamt zwei Drittel der Bauherrn beteiligten sich an dem Projekt.
Die kalte Nahwärme funktioniert dabei ähnlich der klassischen heißen Nah- oder Fernwärme: Es wird Energie für Heizzwecke leitungsgebunden zu den zu beheizenden Objekten geleitet, im Vergleich zur klassischen Nahwärme, die mit Temperaturen von 50 bis über 100 Grad Celsius arbeitet, ist das Leitungsnetz der kalten Nahwärme mit einem Frostschutzmittel-/Wasser-Gemisch, der so genannten Sole, gefüllt. Die bewegt sich in einem Temperaturbereich von minus fünf bis plus 20 Grad Celsius. Diese Technik hat gleich zwei Vorteile: Erstens kann auf eine Dämmung der Nahwärmeleitungen verzichtet werden, zweitens kann die Sole noch zusätzliche Energie aus dem Erdreich aufnehmen.

Oberflächennahe Geothermie liefert Wärme

Nach Angaben der Energieagentur können so Energiegewinne von bis zu 50 Watt je laufendem Meter Leitungslänge entstehen. Diese Energie, so genannte oberflächennahe Geothermie, wird von Wärmepumpen in den zu beheizenden Gebäuden entzogen und die im Anschluss abkühlende Sole wieder in das Netz abgegeben. Die Sole erwärmt sich wieder aufgrund der umgebenden Erdwärme und der Prozess beginnt von neuem. Für den Fall, dass nicht alle zu beheizenden Gebäude versorgt werden können, springt in Nürnbrecht eine solarthermische Anlage ein oder es wird die im Regen- und Abwasser enthaltene Energie in die Sole eingespeist. In Verbindung von mit Ökostrom betriebenen Wärmepumpen ist die so gewonnene Wärme vollständig regenerativ.
Die Jahresarbeitszahl der 13 installierten Hocheffizienz-Wärmepumpen liegt bei 4,23. Das bedeutet, dass die Wärmepumpen mindestens das Vierfache der eingesetzten Elektroenergie liefern. Dabei sind Wärmepumpen mit einer Leistung von sechs, acht, elf und 18 Kilowatt im Einsatz. Der Einsatz eines Elektroheizstabs als zweiter Wärmeerzeuger ist auf den Notbetrieb und den erhöhten Wärmebedarf der Estrichtrocknung während der Bauphase beschränkt. Die Wärmetrasse erstreckt sich derzeit über 450 Meter, ausgeführt über ein 1.200 Meter langes PE-Rohr. Die Wärmegewinnung erfolgt primär über die Erdwärme in 1,5 bis zwei Metern Tiefe, zusätzlich erfolgt ein Eintrag über die 1,5 bis vier Meter tiefen Regenwasser-Zisternen. Daneben trägt die solarthermische Anlage mit einer Kollektorfläche von 43 Quadratmetern wesentlich zum Wärmeeintrag in das Nahwärmenetz bei.
Laut der Energieagentur belaufen sich die Gesamtinvestitionen inklusive der Wärmepumpen auf 320.000 Euro. Dazu gab es eine BAFA-Förderung in Höhe von 49.000 Euro für die Wärmepumpen und zirka 17.500 Euro aus KfW-Mitteln für die Solarthermieanlage. Die berechnete Einsparung liegt bislang bei rund 40.000 Kilogramm CO2 im Jahr. Das Projekt ist bereits seit fünf Jahren ein Erfolg und soll jetzt um weitere potenzielle Versorgungsgebiete in Nürnbrecht erweitert werden. Dabei ist es geplant, weitere Wärmequellen wie zum Beispiel den Ablauf eines Klärwerks in die kalte Nahwärme einzubinden.





Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Wärmeversorgung
Das Bild zeigt die Skyline von Köln von der Rheinseite.

Köln: Flusswärme-Projekt nimmt Gestalt an

[17.12.2024] Europas größte Flusswasser-Wärmepumpe entsteht in Köln. Ein wichtiger Meilenstein ist erreicht: RheinEnergie hat die Aufträge für Bau und Technik vergeben. Das Projekt soll ab 2027 bis zu 50.000 Haushalte mit klimafreundlicher Wärme versorgen und die Wärmewende vorantreiben. mehr...

Stadtwerke Osnabrück: Wärmepumpen-Komplettpaket gestartet

[17.12.2024] Mit einem neuen Komplettangebot wollen die Stadtwerke Osnabrück Privathaushalten den Umstieg auf Wärmepumpen erleichtern. In Zusammenarbeit mit Viessmann und lokalen Handwerksbetrieben bietet das Paket Beratung, Installation und passende Stromtarife aus einer Hand. mehr...

Berlin: Erste Ergebnisse der Wärmeplanung veröffentlicht

[13.12.2024] Berlin zeigt erstmals konkrete Gebiete auf, die auch in Zukunft dezentral beheizt werden sollen. Eine digitale Karte bietet den Bürgerinnen und Bürgern Orientierung und Unterstützung bei der Wahl zukunftsfähiger Heizlösungen. mehr...

Mannheim: Eröffnung der Wärmewende Akademie

[05.12.2024] In Mannheim wurde jetzt mit der Wärmewende Akademie ein neues Schulungs- und Vernetzungszentrum zur Förderung klimafreundlicher Heizlösungen eröffnet. mehr...

Wiesbaden: Mit ESWE zur Wärmeplanung

[03.12.2024] Wiesbaden und ESWE haben jetzt einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, um die kommunale Wärmeplanung voranzutreiben. Bis 2026 soll ein umfassender Wärmeplan erarbeitet werden, der den Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung ebnet. mehr...

Stadtwerke Gotha: Kommunale Wärmeplanung gestartet

[29.11.2024] Die Stadt Gotha treibt die Wärmewende voran. Mit der kommunalen Wärmeplanung, die von den Stadtwerken Gotha umgesetzt wird, soll eine klimafreundliche und kosteneffiziente Wärmeversorgung für die Residenzstadt geschaffen werden. mehr...

RheinEnergie: Flughafen Köln/Bonn baut Holzheizwerk

[28.11.2024] Der Köln Bonn Airport errichtet jetzt gemeinsam mit RheinEnergie ein nachhaltiges Holzheizwerk, um den CO2-Ausstoß des Flughafens zu reduzieren. mehr...

Offenbach an der Queich: Kalte Nahwärme mit Zukunft

[27.11.2024] Offenbach an der Queich (Rheinland-Pfalz) betreibt künftig ein kaltes Nahwärmenetz. Damit hat sich die Ortsgemeinde nach Angaben des Ministeriums für Klimaschutz und Energie des Landes für eine zukunftsweisende Wärmeversorgung mit Vorbildcharakter entschieden. mehr...

Stadtwerke Bamberg: Zwei Flusswärmepumpen in Planung

[27.11.2024] In Bamberg sollen zwei Flusswärmepumpen entstehen, die Haushalte und das Bildungszentrum der Handwerkskammer für Oberfranken mit erneuerbarer Wärme versorgen. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Wärmeplanung auf Kurs

[25.11.2024] Eine Umfrage von NRW.Energy4Climate zeigt, dass viele Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ihre Wärmeplanung bereits vorantreiben. Zwei Drittel der Kommunen arbeiten dabei eng mit Stadtwerken oder lokalen Energieversorgern zusammen. mehr...

SWTE Netz: Baustart für Nahwärmenetz

[22.11.2024] In der Stadt Hörstel haben die Bauarbeiten für ein innovatives Nahwärmenetz begonnen. Die Wärme wird nachhaltig aus oberflächennaher Geothermie gewonnen und künftig mehr als 40 Haushalte und öffentliche Gebäude versorgen. mehr...

Baden-Württemberg: Förderung für nachhaltige Wärmeversorgung

[21.11.2024] Das Umweltministerium Baden-Württemberg unterstützt jetzt mit 700.000 Euro den Ausbau und die Erweiterung von energieeffizienten Wärmenetzen in Mengen, Uttenweiler und Dürmentingen. mehr...

Heidelberg: Flusswärmepumpe am Neckar geplant

[20.11.2024] Der Gemeinderat Heidelberg hat die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Flusswärmepumpe an der Ernst-Walz-Brücke genehmigt. Damit können die Planungen für das innovative Projekt zur klimafreundlichen Wärmeversorgung weiter vorangetrieben werden. mehr...

Projektleiterin Sarah Klähne (SachsenEnergie), Christopher Schmid (seecon Ingenieure GmbH), Energiemanager Matthias Herfter, Oberbürgermeister Frank Höhme und Gunnar Schneider (Leiter des Kommunalvertriebs bei SachsenEnergie, v.l.n.r.) gehen die Kommunale Wärmeplanung für Radeberg gemeinsam an.

SachsenEnergie: Wärmeplan für Radeberg

[18.11.2024] Die Erstellung eines Wärmeplans für Radeberg nimmt Fahrt auf. SachsenEnergie hat dafür den Zuschlag erhalten. Der Plan soll bis September 2025 fertiggestellt werden. mehr...

Im prämierten Abwärmeprojekt Dresden wandeln drei Wärmepumpen die Abwärme der Supercomputersysteme in Fernwärme um. Foto: Oliver Killig

SachsenEnergie: Preis für Abwärmenutzung

[14.11.2024] Drei Großwärmepumpen wandeln künftig die Abwärme der Hochleistungsrechner der TU Dresden in Fernwärme um. SachsenEnergie, die TU Dresden und der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement erhalten dafür den renommierten Energy Efficient Award. mehr...