Freitag, 21. November 2025

Bad NauheimKalte Nahwärme und smarte Services

[04.04.2019] Ein Leuchtturmprojekt mit Kalter Nahwärme wollen die Stadtwerke Bad Nauheim schaffen. Gekoppelt mit Breitband, der Lade-Infrastruktur für E-Mobilität und weiteren Dienstleistungen, erschließen sie sich damit ein neues Geschäftsmodell.
Die Stadtwerke Bad Nauheim präsentieren ihr Leuchtturmprojekt mit Kalter Nahwärme.

Die Stadtwerke Bad Nauheim präsentieren ihr Leuchtturmprojekt mit Kalter Nahwärme.

(Bildquelle: Stadtwerke Bad Nauheim)

Innovativ soll das Neubaugebiet im südlichen Bad Nauheim mit Wärme versorgt werden. Die Stadtwerke Bad Nauheim haben deshalb ein zukunftsweisendes Konzept für das neue Stadtquartier in der hessischen Kommune entworfen: Kalte Nahwärme soll die Gebäude beheizen oder kühlen.
Oberflächennahe Geothermie liefert die dafür benötigte Energie. In einer Tiefe von anderthalb bis drei Metern wird dem Erdreich über spezielle Kollektoren – die Kollektorfläche in Bad Nauheim umfasst 22.000 Quadratmeter – Wärme entzogen. Ein Wärmenetz leitet sie verlustfrei in die angeschlossenen Gebäude. An jedem Gebäude installieren die Stadtwerke mit Ökostrom betriebene Wärmepumpen. Sie erhöhen die Vorlauftemperatur des Wassers von etwa 10 auf rund 55 Grad. Optional kann die Kalte Nahwärme auch umgekehrt genutzt werden. Denn statt zu heizen, kann sie Gebäude ohne zusätzliche Kosten auf natürliche Weise kühlen, sodass die Raumwärme bis zu sieben Grad unter der jeweiligen Außentemperatur liegt.
Die erforderlichen Wärmepumpen bieten die Stadtwerke den Bauherren in Bad Nauheim Süd im Rahmen eines Wärme-Contracting an. Als Contractor übernehmen sie die Betreuung der Pumpen von der Überwachung über die Steuerung bis hin zur Wartung. Individuell ergänzt werden die Pumpen durch Wärmespeicher. Zusätzliche Wartungs- oder Unterhaltskosten entfallen für die Bauherren während der gesamten Vertragslaufzeit. Sie profitieren außerdem von einer Preisgarantie bis Ende 2025 für die abgenommene Wärme. Gesteuert wird das Nahwärmenetz über eine Energiezentrale, die in Bad Nauheim Süd errichtet wird. Für die Datenübertragung nutzen die Stadtwerke Lichtwellenleiter.

Hausanschlüsse für Strom, Wasser und Wärme

Im Anschlusspaket des Bad Nauheimer Versorgungsunternehmens ist ein kostenloser Glasfaseranschluss per Fibre to the Home (FTTH) enthalten. Seit dem Jahr 2010 bauen die Stadtwerke ein flächendeckendes Glasfasernetz in der Kommune auf, das über die doppelte Anbindung an Backbones eine sehr hohe Verfügbarkeit aufweist. In Bad Nauheim Süd wird somit die Basis für die Smart City geschaffen. Anhand eines Musterhauses wollen die Stadtwerke zeigen, wie sich Smart-Home-Anwendungen, Wärmepumpe, Speicher oder Lüftung per App steuern lassen.
„Mit 400 geplanten Wohneinheiten ist das neue Quartier das bislang größte in Deutschland, das mit Kalter Nahwärme versorgt werden wird“, kündigt Stadtwerke-Chef Peter Drausnigg an. Einen Anschlusszwang gebe es nicht, weshalb sich die Lösung auf dem Markt gegen andere Beheizungslösungen behaupten muss. „Es ist uns gelungen, ein hochattraktives Paket zu schnüren, das in seinem Leistungsumfang besser und in seiner Wirtschaftlichkeit günstiger ist als vergleichbare Lösungen“, sagt Drausnigg. Außer dem kostenlosen Glasfaseranschluss und dem Contracting von Wärmepumpe mit Speicher besteht das Versorgungspaket aus Hausanschlüssen für Strom, Wasser und Wärme. Die örtlichen Banken bieten den Bauherren zudem passende Finanzierungskredite an, die extra für das Nahwärmekonzept geschnürt wurden.

Geschäftsmodell mit Zukunft

Das klimaneutrale Versorgungskonzept ermöglicht es den Bauherren darüber hinaus, in Bad Nauheim Süd die ab dem Jahr 2020 geltenden Vorgaben der Energieeinsparverordnung für Neubauten bereits heute zu erfüllen. Besonders gut kommt laut Drausnigg der modulare Aufbau des Stadtwerkeangebots an, um beispielsweise die Versorgung eines Gebäudes um die Eigenerzeugung aus erneuerbaren Energien zu ergänzen oder für die Elektromobilität zu erweitern. Photovoltaik oder Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge bieten die Stadtwerke ebenfalls zum Kauf oder Contracting an. Drausnigg: „Innovative Versorgungskonzepte wie Kalte Nahwärme gekoppelt mit Breitband, Lade-Infrastruktur für E-Mobilität und weiteren Dienstleistungen schaffen einen Mikrokosmos, der Kunden bindet und die Wertschöpfungstiefe erhöht. Für mich ist das ein Geschäftsmodell, das Zukunft hat.“





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