Smart MeteringIntelligent messen
In Deutschland wurde mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im August 2011 festgeschrieben, dass intelligente Messgeräte bei Neuanschlüssen und größeren Renovierungen sowie bei Haushalten mit einem jährlichen Stromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden eingebaut werden müssen. Ziel ist es, dass in den nächsten Jahren deutschlandweit mindestens zehn Prozent aller Stromkunden einen elektronischen, fernablesbaren Zähler erhalten. Diese Smart Meter sollen unter anderem dazu führen, dass die Verbraucher ihre Energiekosten senken können. Allerdings sind die Geräte den Stromkunden größtenteils unbekannt und wenn ja, gelten sie als unsicher und teuer. Dies ist das Ergebnis der bislang größten Studie zur Akzeptanz der Smart-Meter-Technologie.
Studie: Potenzial und Probleme
Mitte vergangenen Jahres befragte das Vergleichsportal Check24 rund 8.000 Stromkunden. Die Ergebnisse zeigen das Potenzial und die Probleme der Technik: Fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten kannten den Begriff Smart Meter nicht. Trotzdem gaben über 70 Prozent an, dass sie sich mit einem fernablesbaren Zähler gerne jederzeit über ihren Stromverbrauch und die Stromkosten informieren würden. Dafür zahlen wollen sie allerdings nicht. Zudem fürchten 42 Prozent, dass unbeteiligte Dritte Einsicht in die Verbrauchsdaten bekommen oder der Versorger zu viele Informationen erhält, weil über die Zähler kontinuierlich Daten zwischen Verbraucher und Energielieferant ausgetauscht werden. Experten bestätigen, dass anhand des Verbrauchsprofils Rückschlüsse auf die Lebensweise der Bürger möglich sind. Ein weiteres Problem: Der Einbau eines Smart Meters ist derzeit noch teuer, spart aber nicht automatisch Stromkosten.
Dieses Problem sieht auch die Thüga. Die Unternehmen der Thüga-Gruppe, die immerhin rund 3,6 Millionen Stromzähler verantworten, haben deshalb Vorschläge gemacht, wie die neuen Zähler zu möglichst geringen Kosten eingeführt werden können. Bis zu 65 Prozent der Aufwendungen könnten vermieden werden, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen verwirklicht werden, heißt es bei Thüga. Eine Forderung lautet: Wer bestellt, zahlt auch. Die Kosten für die Einführung eines Smart Meters soll auch derjenige übernehmen, der ihn bestellt hat oder einen Nutzen daraus zieht, wie zum Beispiel die Anbieter von Energiedienstleistungen. Thüga-Vorstandsmitglied Michael Riechel betont die Bedeutung der intelligenten Zähler: „Smart Meter sind ein wichtiger Baustein der Energiewende und die Thüga-Gruppe unterstützt die Einführung dieser Technik. Für die Umsetzung brauchen wir aber klare, effiziente und praxisnahe Vorgaben.“
Mülheim zählt
Der Vorreiter bei der Einführung von Smart Metern ist im Ruhrgebiet zu finden. Mitte November vergangenen Jahres wurde der 100.000ste intelligente Stromzähler in Mülheim an der Ruhr installiert, damit ist die Stadt praktisch flächendeckend mit Smart Metern ausgestattet. Das Projekt „Mülheim zählt“ ist das bislang größte Smart-Meter-Projekt in Deutschland. Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) sagte: „Es ist wichtig, dass auch im Energiebereich die Infrastruktur auf einen modernen Stand gebracht wird. Die flächendeckende Ausstattung mit intelligenten Zählern leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.“
Mit dem Pilotprojekt will der Energieversorger RWE die Kommune zur Modellregion für ganz Deutschland machen. Gerhard Radtke von der Projektleitung bei RWE Deutschland meint: „Aus den Erfahrungen, die wir im Projekt ‚Mülheim zählt‘ gemacht haben und machen werden, gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse über Nutzen und zweckmäßigen Umgang mit einer neuen Generation der Energiedatenerfassung.“ Auf Basis der eingebauten Geräte sollen den Mülheimer Bürgern zudem Smart-Home-Dienste angeboten werden. Produkte des Unternehmens RWE Effizienz sollen dazu beitragen, dass Licht und Haushaltsgeräte aufgrund der digitalen Verbrauchsdaten automatisiert gesteuert werden können.
Bielefelder Projekt BISmart
Auch in anderen Städten sind Smart-Meter-Vorhaben angelaufen. In Bielefeld beispielsweise werden 250 Privat- und Gewerbekunden der Stadtwerke im Rahmen des Pilotprojekts BISmart mit intelligenten Zählern ausgerüstet. Die Daten werden mithilfe des Funkstandards GPRS laufend auf Großrechner der Stadtwerke Bielefeld übertragen. Nach Angaben des Versorgers können die BISmart-Kunden per PC oder Smartphone über ein Web-Portal ihre Messwerte abrufen. Auch Energieerzeugungsanlagen können dank der neuen Technik überwacht, die Daten visualisiert und ausgewertet werden. Friedhelm Rieke, Geschäftsführer der Stadtwerke Bielefeld, erläutert: „Mit der Einführung von BISmart erfüllen wir den Wunsch der Kunden, den eigenen Verbrauch – oder auch die eigene Erzeugung – detaillierter zu kennen. Damit legen wir gleichzeitig den Grundstein für eine verbesserte Energieeffizienz.“
Smart Watts in Aachen
In Aachen läuft schon seit vier Jahren das Forschungsprojekt „Smart Watts – die intelligente Kilowattstunde“, in dessen Rahmen Kommunikationslösungen für die zukünftige Energiewirtschaft entwickelt werden. Ende 2012 ist ein Feldversuch gestartet: Bis zu 250 Kunden der Stadtwerke Aachen AG (STAWAG) testen intelligente Zählersysteme im Alltag. Nach Angaben der STAWAG soll dabei erforscht werden, wie der Strom in den Leitungen intelligent mit Informationen aus den Energiesystemen verknüpft werden kann. Dafür erhalten die Teilnehmer des Feldversuchs einen elektronischen Stromzähler, der mit einer Speicher- und Kommunikationseinheit versehen ist. Das System erfasst die Messdaten und übermittelt die Zählerstände über das Stromnetz sowie das Internet an die STAWAG. Eine Kommunikationsbox stellt die Funkverbindung zwischen dem Smart Meter und intelligenten Steckdosen her, die zur Steuerung von Haushaltsgeräten dienen, etwa von Wasch- oder Spülmaschinen. #bild2 Mit einer eigens entwickelten Smartphone-App sehen die Projektbeteiligten, was die Geräte aktuell verbrauchen. Zudem können sie sich den gesamten Stromverbrauch im Haushalt pro Tag, Woche, Monat oder Jahr grafisch darstellen lassen oder den aktuellen Strompreis sowie die Prognose für die kommenden 24 Stunden abrufen.
Derartige Smart-Home-Produkte haben auch rund 60 Stadtwerke unter Federführung von Trianel entwickelt. Wie die Stadtwerke-Kooperation Ende vergangenen Jahres mitteilte, konnten die beteiligten Versorger ihren Kunden bereits zum Weihnachtsgeschäft einen Heizungs- und Sicherheitsassistenten anbieten. Nach Angaben von Trianel können Kunden mit den Produkten der Marke net.home ihr Haus oder ihre Wohnung per Computer überwachen und steuern. Die Produktpalette soll nun um zusätzliche Smart-Home-Komponenten erweitert werden.
Die beteiligten Stadtwerke aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben nun beschlossen, ihre bisherige projektbezogene Zusammenarbeit in ein Smart-Meter-Netzwerk zu überführen. Die Einführung intelligenter Stromzähler erhält damit einen weiteren Schub: Schon heute versorgen die im Trianel-Umsetzungskonzept Smart Metering engagierten kommunalen Energieversorger über fünf Millionen Kunden.
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