BioenergieHolzpyrolyse bindet CO2
Die Klimaschutzziele in Deutschland sind ehrgeizig. Um sie zu erreichen, gibt es noch viel zu tun. Zwar liegt der allgemeine Fokus vor allem auf der Stromwende mit der Förderung von erneuerbaren Energiequellen wie Windenergie- oder Photovoltaikanlagen und der gleichzeitigen Abschaltung CO2-intensiver Kohlekraftwerke, darüber darf aber der Wärmesektor nicht vernachlässigt werden. Immerhin hat der Wärmeverbrauch in Deutschland mit fast 50 Prozent den größten Anteil am Endenergieverbrauch. Der noch geringe Anteil an erneuerbaren Energien und der gleichzeitig große Energiebedarf verdeutlichen das Einsparpotenzial an CO2-Emissionen und den erhöhten Handlungsbedarf im Wärmesektor. Dabei wird noch in fast der Hälfte aller privaten Haushalte in Deutschland Erdgas zu Heizzwecken eingesetzt, etwa ein Viertel der Haushalte nutzt Heizöl. Somit sind rund 75 Prozent der Privathaushalte abhängig von fossilen, klimaschädlichen Energieträgern. Auch in der Industrie wird heute noch hauptsächlich auf Erdgas und Heizöl zur (Prozess-)Wärmeversorgung gesetzt.
Eine andere Möglichkeit sind etablierte Versorgungssysteme auf Basis von Biomasse, wie Holzhackschnitzel- oder Pelletanlagen. In diesen werden die Holzhackschnitzel oder Pellets verbrannt und somit energetisch verwertet. Da bei diesem Vorgang nur die CO2-Emissionen freigesetzt werden, welche die Biomasse im Laufe ihrer Wachstumszeit aufgenommen und gebunden hat, kann diese Art der Wärmeversorgung als CO2-neutral bezeichnet werden.
Pyrolyse als interessante Alternative
Eine interessante Alternative zu klassischen Biomassekraftwerken stellt die Pyrolyse dar. Durch dieses Verfahren kann in einem modernen Biomassekraftwerk eine bessere energetische Verwertung des Wertstoffs Holz erzielt werden, was langfristig fossile Energieträger ersetzt. Im Pyrolyseprozess wird der Energieträger Holz oder die Biomasse nicht verbrannt, sondern thermochemisch unter Sauerstoffentzug und hohen Temperaturen in Kohlenstoff und Pyrolysegas gewandelt. Je nach Anlagen- und Kundenanforderungen können dabei Holzhackschnitzel aus Waldresten, Grünschnitt wie Landschaftspflegematerial oder aber weitere urbane Reststoffe zum Einsatz kommen. Nach dem Pyrolyseprozess kann der gasförmige Brennstoff entweder durch einen Gasmotor direkt in Wärme umgewandelt oder für die Dampfversorgung des Standorts weiterverwendet werden.
Als Nebenprodukt des Prozesses erhält man die so genannte Pflanzenkohle. In dieser sind die Kohlenstoffe der Biomasse gebunden. Sie werden somit nicht – wie bei der Verbrennung von Biomasse – in Form von CO2 an die Umgebung abgegeben. Durch diese Sequestrierung (CO2-Speicherung) werden die CO2-Emissionen nicht nur vermindert, sondern Kohlenstoffe zusätzlich gebunden – ein Vorteil auch gegenüber etablierten Holzverbrennungssystemen. Daher wird diese Art der Wärmeversorgung auch als CO2-negativ bezeichnet.
Neben dem Effekt der dauerhaften CO2-Bindung kann die Pflanzenkohle bei Einbringung in den Boden den Humusaufbau unterstützen. Gleichzeitig erhöht sich aufgrund der porösen Struktur der Pflanzenkohle die Nährstoff- und Wasserspeicherfähigkeit der Böden. Das kann städtischen Grünflächen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen helfen, eine Resilienz gegen Trockenperioden aufzubauen, die aufgrund des Klimawandels in Zukunft häufiger auftreten werden. Darüber hinaus kann die Pflanzenkohle in Biogasanlagen die Effizienz steigern und sorgt somit für einen höheren Ertrag.
Einsparen von klimaschädlichen Emissionen
Die KWA Contracting AG mit Sitz in Stuttgart realisiert aktuell Pilotprojekte mit Projektpartnern aus mittelständischen Unternehmen und Nahwärmenetzbetreibern auf kommunaler Ebene. Somit kann auf erste kommerzielle Projektlösungen mit entsprechender mehrjähriger Betriebserfahrung zurückgegriffen werden. Ideale Voraussetzungen für die Holzpyrolyse bieten auch Kommunen mit Fernwärmenetzen, öffentliche Gebäudekomplexe mit entsprechenden Wärmelasten und industrielle Unternehmen mit einem hohen Prozessenergiebedarf. Die Anlagen werden vorzugsweise in der Grundlastbereitstellung eingesetzt, je nach Hersteller können sie jedoch auch in einem kleinen Bereich geregelt werden.
Durch die CO2-Negativität der Pyrolyseversorgungsanlagen lassen sich deutlich mehr klimaschädliche Emissionen einsparen als bei herkömmlichen Biomassekraftwerken. Dadurch können Städte und Gemeinden im Bereich der Wärmeversorgung einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität machen. Um das Gesamtkonzept so nachhaltig wie möglich zu gestalten, wird vorzugsweise lokale Biomasse zur energetischen Verwertung eingesetzt. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern sichert und generiert darüber hinaus regionale, zukunftssichere Arbeitsplätze bei der Biomasseversorgung, dem Kraftwerksbetrieb und der Weiterverwertung der Pflanzenkohle.
Das von KWA präferierte Pyrolysesystem kann umweltfreundliche Wärme, Kälte, Dampf und Strom mit CO2-Negativemissionen in den Leistungsklassen von 100 Kilowatt bis zwei Megawatt elektrisch und zwischen 200 Kilowatt- bis 3,8 Megawattstunden liefern. Der resultierende Wärmepreis liegt dabei zwischen dem mittleren Holzwärmepreis von rund vier bis fünf Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und dem üblichen Fernwärmepreis von Bestandsnetzen (rund 9,5 ct/kWh). Der genaue Wert ist dabei unter anderem von der jeweiligen installierten Leistung der Energieerzeugungsanlage sowie der lokalen Situation abhängig.
Biomassekraftwerke mit einer Pflanzenkohleproduktion sind somit für alle Unternehmen und Stadtwerke attraktiv, die eine Alternative zur fossil befeuerten Grundlastwärmeversorgung suchen und entsprechend Platz für die Infrastruktur haben.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe November/Dezember 2021 von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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