Montag, 14. April 2025

ForschungHöherer Energieertrag aus Windparks

[23.08.2019] Wissenschaftler wollen die Strömungsverhältnisse in Windparks verbessern, indem sie die negativen Einflüsse des Nachlaufs minimieren. Daran arbeiten vier Partner im Forschungsvorhaben „CompactWind II“.
Ein ForWind-Wissenschaftler installiert das laseroptische Lidar-Messgerät zur Erfassung der Nachlaufströmung auf der Gondel einer Windenergieanlage der Firma eno energy.

Ein ForWind-Wissenschaftler installiert das laseroptische Lidar-Messgerät zur Erfassung der Nachlaufströmung auf der Gondel einer Windenergieanlage der Firma eno energy.

(Bildquelle: Stephan Voß, ForWind)

Im Oktober 2018 fiel der Startschuss für das Forschungsprojekt „CompactWind II“ unter der Leitung des Unternehmens eno energy systems. Das Verbundvorhaben wird über eine Gesamtlaufzeit von drei Jahren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit insgesamt 1,4 Millionen Euro gefördert. Ziel ist es, durch neue Regelungskonzepte die so genannten Nachlaufeffekte in Windparks zu verringern. Neben eno energy systems sind das Zentrum für Windenergieforschung (ForWind), der Lehrstuhl für Windenergie der Technischen Universität München (TUM) und die Firma fos4X beteiligt.

Negative Einflüsse minimieren

Um beim Ausbau der Windenergie an Land die verfügbare Fläche optimal zu nutzen, werden üblicherweise mehrere Windenergieanlagen zu Windparks zusammengefasst. In einer Gruppe von Anlagen entstehen abhängig von der Windrichtung hinter den Turbinen unvorteilhafte Strömungsverhältnisse. Im Nachlauf hinter einer Windenergieanlage herrschen geringere Windgeschwindigkeiten und stärkere Turbulenzen. Das bedeutet, dass die Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, weniger Energie erzeugen und höheren strukturellen Belastungen ausgesetzt sind. Diese negativen Nachlaufeffekte werden dadurch verstärkt, dass neue Anlagen mit größeren Rotoren in geringeren Abständen zueinander installiert werden, da die Standortfläche begrenzt ist. Das Projekt „CompactWind II“ will die negativen Einflüsse des Nachlaufs minimieren, um den Energieertrag zu steigern und die Belastungen zu verringern. Damit ließe sich bei gleichbleibender Grundfläche des Windparks mehr Leistung erzielen.
Aufgrund nationaler und internationaler Forschungsvorhaben konnten in den vergangenen Jahren wertvolle Erkenntnisse über die aerodynamische Interaktion von Windenergieanlagen in Windparks gewonnen werden. Darauf aufbauend ist es nun entscheidend, neue Verfahren nicht nur in Simulationen und im Windkanal zu testen, sondern unter realistischen Bedingungen an existierenden Anlagen im Freifeld zu validieren.

Praxistauglichkeit prüfen

Eine Möglichkeit, die Effekte des Nachlaufs zu reduzieren, besteht darin, die Nachlaufströmung abzulenken. Bei diesem Ansatz werden einzelne Anlagen gezielt etwa 10 bis 20 Grad aus der Windrichtung gedreht, sodass die Nachlaufströmung nicht in vollem Ausmaß auf die nächsten Anlagen trifft. Das Potenzial einer gezielten Nachlaufbeeinflussung konnte im erfolgreich abgeschlossenen Vorgängerprojekt CompactWind durch umfangreiche Freifeldversuche in einem Versuchswindpark der eno-energy-Gruppe nachgewiesen werden. Im Nachfolgeprojekt sollen die Konzepte weiterentwickelt und in einem Windpark mit vier Anlagen überprüft werden. Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, die begrenzten Flächen für Windenergieanlagen zukünftig wirtschaftlicher, effizienter und naturverträglicher zu nutzen. Ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung und Erprobung zuverlässiger und wirtschaftlicher Sensorik zur Erfassung der Windparkströmung und des momentanen Nachlaufeinflusses als Voraussetzung für eine praxistaugliche Windparkregelung.

Erprobung im Freifeld

In den drei Jahren des Forschungsvorhabens wollen die Projektpartner die neuen Regelungsverfahren mit modernsten Methoden wie Computer-Simulationen, Modellversuchen im Windkanal sowie Freifeldexperimenten an realen Anlagen überprüfen. Für das Projekt stellt eno energy systems aktuelle Windenergieanlagen mit 3,5 Megawatt (MW) Leistung und 126 Meter Rotordurchmesser im Windpark Kirch Mulsow in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung. Hier werden die neuen Regelungsverfahren implementiert und auf ihre Praxistauglichkeit getestet.
Die TU München wird im Freifeld einen Windfeldbeobachter erproben, der aus den Betriebsdaten der Windenergieanlagen zum einen ableiten kann, welche Strömungsverhältnisse herrschen und zum anderen, ob und wo in der Rotorfläche ein Nachlauf auf eine Anlage trifft. Über eine Rückkopplung zur Anlage stromauf kann dann deren Nachlauf optimal abgelenkt werden. Faseroptische Blattsensoren von fos4X sollen dabei die Materialbelastungen an den Rotorblättern erfassen und so wichtige Daten für die Regelung und Betriebsoptimierung in einer Turbinenphysik-Bibliothek bereitstellen. Laseroptische Lidar-Messgeräte von ForWind sollen über große Abstände die Windverhältnisse und Nachlaufströmungen berührungslos erfassen. Wissenschaftler von ForWind und TUM entwickeln außerdem weitergehende Regelungsansätze durch Simulationen auf Hochleistungsrechenclustern und in Modellversuchen im turbulenten Windkanal in Oldenburg.

Die Projektpartner

Mit circa 800 MW installierten Windenergieprojekten ist eno energy seit 20 Jahren ein etablierter Player der Erneuerbare-Energien-Branche in Europa. Die Wertschöpfungskette erstreckt sich vor allem auf die herstellerunabhängige Entwicklung und den schlüsselfertigen Bau von Windparks, auf Full-Service-O&M-Dienstleistungen, die Herstellung von Windenergieanlagen sowie das langfristige Asset Management, einschließlich technisch-kaufmännischer Betriebsführung, von Erneuerbare-Energien-Projekte. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Anlagen- und Komponentenbau bietet das Unternehmen seinen Kunden nicht nur Produkte, sondern auch Lösungen für individuelle Energieversorgungsstrategien.
Zu den Aufgaben des Lehrstuhls für Windenergie der Technischen Universität München, der im Mai 2013 gegründet wurde, zählt neben der Lehre das Vorantreiben der technologischen Entwicklung im Bereich der Windenergie durch eine wissenschaftlich-theoretische sowie eine anwendungsorientierte Herangehensweise. Die vier Hauptforschungsgebiete des Lehrstuhls sind Simulationsverfahren (BEM und CFD), experimentelle Validierung (mittels Feldmessungen und Windkanalexperimenten), Regelungstechnik sowie kostengetriebenes Anlagendesign.
Das Zentrum für Windenergieforschung (ForWind) bündelt die Windenergieforschung im Nordwesten und verbindet 30 Institute und Arbeitsgruppen der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES bildet ForWind den Forschungsverbund Windenergie (FVWE). Über anwendungsnahe Projekte trägt ForWind die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft.
Die 2010 in München gegründete fos4X GmbH ist spezialisiert auf zuverlässige, faseroptische Mess- und Sensortechnik sowie auf innovative Datenanalyse. Sie entwickelt IIoT- (Industrial Internet of Things) und Edge-Computing-Lösungen und ermöglicht signifikante Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen für die Windindustrie.

Alexander Gerds ist Mitarbeiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der eno energy systems GmbH.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Windenergie

Nordrhein-Westfalen: Wegweiser für Kommunen

[31.03.2025] Das Bürgerenergiegesetz NRW verpflichtet Projektierer, Kommunen und Bürger an neuen Windenergieprojekten finanziell zu beteiligen. NRW.Energy4Climate hat jetzt einen Leitfaden veröffentlicht, mit dem sich Kommunen auf die Vertragsverhandlungen vorbereiten können. mehr...

JUWI: Windpark in Nordost-Baden-Württemberg übernommen

[26.03.2025] Der Projektentwickler JUWI hat einen Windpark in Nordost-Baden-Württemberg übernommen und plant ein umfassendes Repowering. mehr...

Windpark Gomadingen: Bau für Umspannwerk begonnen

[20.03.2025] Der Bau des Umspannwerks für den Windpark Gomadingen hat begonnen. Die Netzanbindung mit einer Leistung von 31 Megawatt soll bis Oktober 2025 fertiggestellt werden, sodass der Windpark im Sommer 2026 in Betrieb gehen kann. mehr...

Dardesheim: Vertrag für Bürgerwindpark unterzeichnet

[18.03.2025] Enercon und BürgerEnergiepark Druiberg haben jetzt einen Vertrag über die Lieferung und Installation von 13 Windenergieanlagen des Typs E-160 EP5 mit einer Gesamtleistung von rund 72 MW unterzeichnet. mehr...

Das Bild zeigt den Bau eines Windrads aus der Vogelperspektive

Bayern: Ziele bei Windkraft in weiter Ferne

[12.03.2025] Die bayerische Staatsregierung hatte angekündigt, 1.000 neue Windkraftanlagen bis 2030 zu errichten. Doch in den vergangenen drei Jahren wurden gerade einmal 30 Anlagen in Betrieb genommen. Eine Anfrage der Grünen im Landtag zeigt einen massiven Genehmigungsstau. mehr...

Ørsted: Gode Wind 3 ist in Betrieb

[07.03.2025] Der Offshore-Windpark Gode Wind 3 von Ørsted und Nuveen Infrastructure hat nach erfolgreicher Inbetriebnahme den kommerziellen Betrieb aufgenommen. Mit einer Leistung von 253 Megawatt kann er rechnerisch 250.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen. mehr...

KEA-BW: Informaterial zum Flächenpooling veröffentlicht

[27.02.2025] Kommunales Flächenpooling kann den Windenergieausbau beschleunigen und für eine gerechtere Verteilung der Pachteinnahmen sorgen. Drei neue Publikationen der KEA-BW zeigen Kommunen, wie sie dieses Steuerungsinstrument effektiv nutzen können. mehr...

Stadtwerke Münster: Genehmigung für Windanlagen erhalten

[25.02.2025] Die Stadtwerke Münster und Dülmen haben jetzt die Genehmigung für den Bau von fünf Windenergieanlagen in Dülmen erhalten. Damit sollen nicht nur Tausende Haushalte mit Strom versorgt, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger finanziell beteiligt werden. mehr...

enercity: Neuer Windpark

[25.02.2025] enercity errichtet jetzt einen neuen Windpark im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge und investiert rund 40 Millionen Euro in das Projekt. Die vier Anlagen sollen ab Ende des Jahres Strom für rund 12.000 Haushalte liefern. mehr...

WSW: Erweiterung der Windkraftkapazitäten

[18.02.2025] Die WSW beteiligen sich am Ausbau der Windkraft im Windpark Birkenkopf in Rheinland-Pfalz. Dort wurden im Rahmen eines Repowerings zwei neue Windkraftanlagen errichtet, die leistungsstärkere Modelle ersetzen. mehr...

Windenergie: Studie sieht Deutschland auf einem guten Weg

[07.02.2025] Deutschland könnte sein Ausbauziel für Windenergie an Land bis 2030 übertreffen. Eine neue Analyse des Thinktanks Goal100 zeigt, dass beschleunigte Genehmigungsverfahren und eine steigende Zahl an Anträgen den Windkraftausbau spürbar vorantreiben. mehr...

RWE: Neues Kontrollzentrum für Offshore-Windparks

[31.01.2025] In Jemgum entsteht ein neues Kontrollzentrum für die Offshore-Windparks von RWE. Der Bau des nachhaltigen Gebäudes hat mit einem symbolischen Spatenstich begonnen und soll bis Frühjahr 2026 fertiggestellt werden. mehr...

VDMA: 2024 Rekordjahr für Windenergie

[16.01.2025] 2024 war ein Windenergie-Rekordjahr. 2.405 Anlagen mit 14.056 MW wurden neu genehmigt, 1.890 Anlagen mit 10.996 MW neu bezuschlagt, so der VDMA mehr...

SWB Energie und Wasser: Beteiligung am Windpark in Sundern

[13.01.2025] SWB Energie und Wasser beteiligt sich am Trianel Windpark Sundern im Hochsauerlandkreis. Der Windpark, der bis 2026 rund 55.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen soll, wird über eine Leistung von knapp 67 Megawatt verfügen. mehr...

Stadtwerke München: Zuschlag für Windpark in Eichstätt erhalten

[20.12.2024] Die Stadtwerke München haben jetzt den Zuschlag für den Bau eines neuen Windparks im Landkreis Eichstätt erhalten. Das Projekt umfasst sechs Windkraftanlagen bei Schernfeld und soll einen wichtigen Beitrag zur regionalen Energiewende leisten. mehr...