Montag, 7. Oktober 2024

Kraft-Wärme-KopplungHeute Erdgas, morgen Wasserstoff

[27.09.2021] Wasserstoff macht regenerative Energien bedarfsgerecht nutzbar. Blockheizkraftwerke können somit zum Rückgrat eines klimaneutralen Energiesektors werden. Die Anlagen von 2G Energy sind darauf vorbereitet und lassen sich nun sogar komplett mit Wasserstoff betreiben.

Um fluktuierende erneuerbare Ener­gien besser nutzen zu können, braucht es ein Energiespeichersys­tem, das den zeitlichen Versatz zwischen Erzeugung und Verbrauch überbrückt. Wasserstoff kann das leisten. Denn per Elektrolyseverfahren können große Mengen überschüssig erzeugter Energie in Wasserstoff umgewandelt und für die spätere Nutzung in diversen Anwendungen gespeichert werden. Bereits heute wird an vielen Standorten in Europa dem Erdgasnetz Wasserstoff beigemischt. Und auch die Hersteller von Blockheizkraftwerken (BHKW), in denen Erdgas durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) hocheffizient genutzt wird, stellen sich auf ein steigendes Mischungsverhältnis ein. Dem Hersteller 2G Energy ist es gelungen, seine Produkte nicht nur für den Betrieb mit anteiligem Wasserstoff zu ertüchtigen, er bietet sogar eine ganze Produktreihe für den Betrieb mit hundertprozentigem Wasserstoff an. Vor mehr als zehn Jahren startete bei 2G die Entwicklung solcher BHKW. Nun haben sie die technische Marktreife erreicht.
Sämtliche Hauptkomponenten wie Generator, Wärmetauscher und Pumpen sind beim wasserstoffgetriebenen BHKW nahezu identisch mit denen einer erd- oder biogasbetriebenen Anlage. Selbst der Motor basiert auf Erdgasvarianten, die 2G weltweit tausendfach installiert hat. Somit sind auch die Fertigungsprozesse fast identisch und die Kosten für ein Wasserstoff-BHKW übersteigen nur in geringem Maße die einer Erd- oder Biogasvariante. Um das Verdichtungsverhältnis anzupassen, werden andere Kolben genutzt. Der wesentliche Unterschied besteht aber im Prozess der Gemischbildung vor der Verbrennung. Während im Erd- oder Biogasbetrieb die externe Gemischbildung im Gasmischer und vor der Verdichtung stattfindet, erfolgt sie im Wasserstoffbetrieb erst direkt vor dem Brennraum. Dazu wird der Wasserstoff über einen Gasinjektor in den Ansaugtrakt geleitet, bevor das zündfertige Gemisch dem Brennraum zugeführt wird – die so genannte Saugrohrdirekteinblasung. Im Wasserstoffbetrieb wird also nur die Luft verdichtet und gekühlt.

Wasserstoff assoziieren viele mit Gefahr

Wasserstoff weist eine höhere Zündfreudigkeit und eine schnellere laminare Flammengeschwindigkeit auf. Die verdichtete Luft wird erst kurz vor der Verbrennung mit dem Wasserstoff ver­mischt, um unkontrollierte Zündungen zu vermeiden. Im Unterschied zum Erdgasbetrieb wird der Motor bei Wasserstoff mit einem Luftverhältnis größer drei sehr mager gefahren. Die theoretische Zündenergie ist im direkten Vergleich nahezu gleich. „Bei Wasserstoff denken viele an den Chemieunterricht in der Schule und das Knallgasexperiment. Sie assoziieren damit Gefahr“, sagt Frank Grewe, Chief Technology Officer (CTO) bei 2G Energy. „Beim Umgang mit Gasen ist ein gewisser Respekt natürlich immer geboten – von einer latenten Gefahr durch Wasserstoff im BHKW kann aber keinesfalls die Rede sein.“ Die veränderte Gemischbildung verhindert das Eindringen eines zündfähigen Gemisches in andere Teile als den Ansaugtrakt. Außerdem ist die in den BHKW vorhandene Gaswarntechnik an den Betrieb mit Wasserstoff angepasst.
Die Vermeidung von CO2-Emissionen und die hohe Gesamteffizienz von KWK-Anlagen macht Wasserstoff für die Verbrennung in BHKW besonders attraktiv. Dank der weiten Zündgrenzen von Wasserstoff und der speziellen Konzeptionierung des Motors wird ein Gas-Luft-Gemisch mit hohem Luftüberschuss verbrannt. Dadurch sind niedrige Abgasemissionen bei maximaler Motorleistung möglich. Ohne aufwendige Abgasnachbehandlung werden innermotorisch die Stickoxidemissionen auf geringste Werte nahe der Nachweisgrenze reduziert. Das magere Gemisch senkt außerdem die Temperatur bei der Verbrennung des Wasserstoffs, die bei gleichem Luftverhältnis wie bei der Erdgasverbrennung wesentlich höher wären.

Beimischung verursacht keine Probleme

Die Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz verursacht bei den Energieumwandlungseinheiten in der Regel keine Probleme. 2G hat seine Standardprodukte sogar bis zu einem Mischungsverhältnis von 40 Prozent Wasserstoff freigegeben, ohne dass wesentliche Änderungen an der Hardware vorgenommen werden müssen. CTO Grewe verweist hier auf die langjährige Entwicklungserfahrung: „Die Anpassung eines Verbrennungsmotors an veränderte Gasqualitäten oder die Nutzung komplett anderer Gasarten erfordert eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen. Auch abseits wesentlicher Änderungen wie der unterschiedlichen Brennstoffzufuhr kommt es auf Kleinigkeiten an. Dies reicht von der Anpassung der Zündzeitpunkte über optimierte Turboladerkennfelder bis hin zu individuellen Steuerungs- und Software-Lösungen, die wir nahezu vollständig inhouse entwickeln.“ Diese technische Flexibilität ermögliche es, den Wasserstoffanteil im laufenden Betrieb zu verändern.

Nachträglich umrüsten

Bei erwarteten Wasserstoffanteilen von mehr als 40 Prozent wird der Motor als komplette Wasserstoffvariante ausgeliefert, die unter geringfügigen Wirkungsgradverlusten auch mit Erdgas betrieben werden kann. „Viele unserer Kunden erarbeiten selbst innovative Konzepte für ihre Energieversorgung. Wir unterstützen hier gerne als Projektpartner und passen die Parametrierung des BHKW individuell zum Beispiel an die saisonale Verfügbarkeit von Wasserstoff an“, sagt Grewe. Außerdem können bestehende erd- oder biogasbetriebene Anlagen nachträglich umgerüstet werden. „Das gilt für nahezu jedes heute installierte BHKW“, sagt der CTO. „Wir raten daher: Heute ein Erdgas-BHKW installieren – morgen auf Wasserstoff umrüsten.“
BHKW unterliegen strukturierten Wartungs- und Serviceplänen. Wesentliche Komponenten sollten zu den immer gleichen Zeitpunkten getauscht werden. Werden die Wartungs- und Umrüstungspläne intelligent verknüpft, können beispielsweise Kolben, die nach 32.000 Stunden Betrieb ohnehin getauscht werden müssten, direkt als Wasserstoffvariante verbaut werden. „Je nach Zeitpunkt der Umrüstung und der technischen Situation vor Ort kalkulieren wir mit Kosten von circa 15 Prozent bezogen auf das ursprüngliche Investment in das BHKW“, erklärt Grewe. Das beinhalte den Wechsel der Brennstoffzufuhr, der Brennraumkomponenten sowie die Anpassung von Anlagensteuerung und Software.
2G konnte bislang fünf BHKW in Leistungsklassen zwischen 100 und 400 Kilowattstunden für den Betrieb mit reinem Wasserstoff ausliefern. „Nun gilt es, die Leistungsausbeute der Motoren zu verbessern“, sagt CTO Grewe. „Aktuell haben wir unsere Wasserstoffmotoren mit bis zu 14 bar Mitteldruck im Vergleich zu 18 bar Mitteldruck für die Erdgasreihe freigegeben, wodurch die Leistung etwas reduziert wird. Am Entwicklungsprüfstand fahren wir Wasserstoff jedoch bereits mit 18 bar, sodass mittelfristig auch die Leistung identisch sein wird.“

Stefan Liesner ist Head of Public Affairs/Public Relations bei der 2G Energy AG.




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