InterviewGleicher unter Gleichen
Herr Rauscher, viele Stadtwerke bauen das Geschäftsfeld Telekommunikation aus oder entdecken es gerade neu. Was spricht dafür, dass Versorger zum TK-Anbieter werden?
Der Gedanke, sich als Stadtwerk auch in der Telekommunikation zu engagieren, liegt relativ nahe, denn die Telekommunikation ist ein Bereich der Versorgung. Es gibt – zumindest auf dem Papier – Synergien im Bereich der Leitungsverlegung; und die kommunalen Gesellschafter sehen es mit Wohlwollen, wenn vor Ort ein eigenes Glasfasernetz errichtet wird. Zudem basiert Smart Metering zu einem nicht zu unterschätzenden Teil auf Daten und deren Echtzeitübertragung. Nicht zuletzt sind neue Tätigkeitsfelder willkommen, denn das Kerngeschäft gerät immer mehr unter Preis- und Wettbewerbsdruck.
Welche Unterstützung bietet die G-FIT für die Stadtwerke an?
Die G-FIT ist für Stadtwerke der Partner, um den Ausflug in die Telekommunikation zum Erfolg werden zu lassen. Durch kommunale Zusammenarbeit profitieren die Stadtwerke von den Erfahrungen aus bereits umgesetzten Projekten und erzielen gemeinsam Skaleneffekte. In Erstgesprächen erläutern wir die verschiedenen Geschäftsmodelle der Telekommunikation und entwickeln dann gemeinsam mit dem Stadtwerk die richtige Strategie. Bei der Umsetzung dieser helfen wir mit einer breiten Angebotspalette: Vom White-Label-Einkauf der Leistung über die Netzführung bis hin zum reinen Dienstebezug. Das lokale Telekommunikationsangebot eines Stadtwerks ist immer an die regionalen Besonderheiten anzupassen. Nur so kann der individuelle Vorteil des Stadtwerks am hart umkämpften Telekommunikationsmarkt hervorgehoben werden.
Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit steht eine Next-Generation-Network-Plattform (NGN). Welche technischen Merkmale zeichnet diese aus?
Im Gegensatz zu der klassischen leitungsvermittelten Übertragungstechnik basiert eine Next-Generation-Network-Plattform auf dem System der Paketvermittlung. Die reine Paketvermittlung erlaubt es, die Konvergenz zwischen verschiedenen Übertragungssystemen und Diensten herzustellen und so dem Anwender neue Leistungsmerkmale anzubieten. Zusätzlich zu diesen Vorteilen bietet ein NGN noch umfangreiche Möglichkeiten, um die Quality-of-Service, sprich die Echtzeitfähigkeit der Netze, sicherzustellen.
„Wir entwickeln gemeinsam mit dem Stadtwerk die richtige Strategie.“
Welche Vorteile haben Stadtwerke durch eine Mitgliedschaft bei G-FIT?
Die G-FIT ist eine Kapitalgesellschaft des öffentlichen Rechts und kein Verein. Somit gibt es keine Mitgliedschaft im klassischen Sinne. Ein Stadtwerk kann bei G-FIT entweder Kapitalgesellschafter oder Kunde werden. Als Kunde profitiert das Unternehmen von einem etablierten, automatisierten und skalierbaren TK-Diensteangebot. Das ermöglicht es, schnell und risikoarm in der Telekommunikation zu starten. Zudem profitiert das Stadtwerk von dem breiten Erfahrungsaustausch mit anderen G-FIT-Nutzern. Funktionierende Geschäftsmodelle können leicht übernommen werden. Als Gesellschafter der G-FIT hat ein Stadtwerk die Möglichkeit, sich aktiv als Gleicher unter Gleichen in die Zusammenarbeit einzubringen. Man bezieht nicht nur G-FIT-Dienste, sondern arbeitet aktiv an deren Weiterentwicklung mit. Die Aufteilung der Fixkosten auf die Gesellschafter ergibt für die einzelnen Unternehmen äußerst wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Über 20 regionale Telekommunikationsunternehmen und Stadtwerke haben diese Vorteile erkannt und vertrauen auf eine Zusammenarbeit mit der G-FIT.
Welche TK-Dienste sollten die Stadtwerke anbieten?
Kommunale Unternehmen sollten das anbieten, was der Markt vor Ort benötigt und nicht mittelfristig von Dritten bereitgestellt wird. Aus diesem Selbstverständnis ergibt sich zwangsläufig, dass zunächst eine umfangreiche Analyse der lokalen Situation – Infrastruktur, Wettbewerb, Kunden, lokale Entwicklungsräume – erfolgen muss. Basierend hierauf gilt es für das Stadtwerk, eine langfristige Strategie für den Bereich Telekommunikation festzulegen und diese dann auch dauerhaft und konsequent zu verfolgen. Ein Blick in den Kreis der G-FIT-Nutzer zeigt, dass die Strategie sehr unterschiedlich sein kann. Als Infrastrukturangebote können beispielsweise Rechenzentren, Lichtwellenleiter, Lehrrohre oder Funkstandorte vermarktet werden. Das Angebot von TK-Diensten kann sich entweder an den individuellen Wirtschaftsanforderungen orientieren oder als Standardangebot an alle Haushalte richten.
Welche Investitionen sind nötig, um ein zukunftsfähiges TK-Angebot machen zu können?
Die erforderlichen Investitionen sind stark vom gewählten Geschäftsmodell, dem Diensteangebot und dem adressierten Markt abhängig. Nach meiner Ansicht sollte ein zukunftsfähiges TK-Angebot eines Stadtwerks, zumindest im Kern, auf einer eigenen Glasfaserinfrastruktur basieren. Diese wird im Idealfall über die Zeit – größtenteils gemeinsam mit dem Ausbau der übrigen Versorgungsnetze – errichtet. Hierdurch lassen sich die Investitionen in einem überschaubaren Rahmen halten. Alle Investitionen müssen sich immer an dem tatsächlichen Bedarf und dem Nutzen orientieren. Ich bin kein Freund davon, zunächst ein Netz zu bauen und dann zu sehen, wer dieses denn überhaupt benötigt.
Welchen Rat können Sie kommunalen Versorgern geben, die TK-Dienste anbieten wollen?
Telekommunikation ist kein Selbstzweck. Als kommunales Unternehmen sollte man immer den Nutzen des eigenen Handelns für die Bürger und die Wirtschaft vor Ort im Blick haben. Wenn man sich als kommunaler Versorger in der Telekommunikation engagiert, sollte einem bewusst sein, dass der lokale TK-Markt in vielen Fällen bereits gesättigt ist. Schon heute existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Übertragungsnetze und TK-Dienste. Ein erfolgreiches Engagement in der Telekommunikation basiert auf einer sehr hohen Dienstequalität und einer vollständigen Automatisierung. Nur so lassen sich die Erwartungen der Kunden erfüllen und ausreichend Deckungsbeiträge zur Amortisation der Investitionen erzielen.
Dieses Interview ist in der September/Oktober-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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