DigiNetzGGläserne Netze
Der Breitband-Ausbau soll vorangetrieben werden. Dazu haben Bund und Länder viele Förderprogramme auf den Weg gebracht. Ende September dieses Jahres hat der Gesetzgeber flankierend zu den Förderprogrammen das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) verabschiedet. Mit der Verabschiedung des Gesetzes wird eine Richtlinie des Europäischen Parlaments umgesetzt, welche auf eine Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen abzielt. Alle Betreiber öffentlicher Infrastrukturen und damit auch Energienetzbetreiber sind von diesem Gesetz betroffen und werden verpflichtet, ihre Infrastrukturen für den Breitband-Ausbau zur Verfügung zu stellen.
Drei Anpassungen
Das DigiNetzG enthält drei wesentliche Anpassungen, welche sich auf die Rechte und Pflichten von Betreibern und Eigentümern öffentlicher Infrastrukturen, insbesondere Versorgungsnetze, auswirken. Die erste Anpassung beinhaltet wichtige Aspekte zur Erhöhung der Transparenz. Durch die Einrichtung einer zentralen Informationsstelle durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) können Interessenten mit spezifischem Vorhaben Einsicht einfordern in bestehende Einrichtungen von Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Versorgungsnetze, die für Telekommunikationszwecke genutzt werden können. Die Einsichtnahme wiederum lässt sich in drei Unteraspekte mit jeweils unterschiedlichen Fristen einteilen. Der erste Unteraspekt betrifft Informationen über passive Infrastrukturen, welche im Antrag für ein spezifisches Gebiet anzugeben sind und innerhalb von zwei Monaten bereitgestellt werden müssen, sofern es keine Gründe für eine Ablehnung gibt. Der zweite Unteraspekt betrifft die Vor-Ort-Untersuchung der passiven Netzinfrastrukturen. Sollten keine Ablehnungsgründe zutreffen, muss diesem Antrag innerhalb einer Frist von einem Monat zugestimmt werden. Der dritte und letzte Unteraspekt betrifft die Bereitstellung von Informationen zu Bauarbeiten im Netzgebiet. Unter Vorbehalt von Ablehnungsgründen müssen die Informationen innerhalb von zwei Wochen bereitgestellt werden.
Die zweite Anpassung ist die Möglichkeit der Mitnutzung passiver Netzinfrastrukturen für den Einbau von Komponenten digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze. Sofern der Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze nicht einen vom Gesetzgeber eng definierten, zulässigen Ablehnungsgrund nachweist, muss er dem Antragsteller innerhalb einer Frist von zwei Monaten ein Angebot unterbreiten, welches unter anderem Bedingungen für eine Mitnutzung, die operative und organisatorische Umsetzung sowie die Verantwortlichkeiten enthält.
Die letzte wesentliche Anpassung betrifft die Koordinierung von Bauarbeiten und die Mitverlegung. Während die Kooperation zwischen Betreibern und Eigentümern öffentlicher Versorgungs- und Telekommunikationsnetze bei der Koordinierung und Mitverlegung eine Option ist, wird aus ihr eine Verpflichtung, wenn bei der Finanzierung von Bauarbeiten ganz oder teilweise öffentliche Mittel direkt oder indirekt genutzt wurden. Eine Ablehnung ist wiederum nur möglich, wenn einer der vom Gesetzgeber eng definierten Ablehnungsgründe nachgewiesen wird.
Auswirkungen auf Netzbetreiber
Das DigiNetzG gibt für die Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze Anlass, die Position zum Thema Breitband-Ausbau zu überprüfen: Will man eine passive Rolle einnehmen und nur die Pflichtaufgaben erfüllen oder eine aktive Rolle spielen und seine Möglichkeiten als Errichter und Eigentümer, Breitband-Netzbetreiber oder Dienstanbieter nutzen? Selbst wenn man sich auf die Pflichtaufgaben beschränken will, muss das DigiNetzG operativ umgesetzt werden, das heißt, Organisationsstruktur, Prozessabläufe oder Regulierungsmanagement müssen an die neuen Aufgaben angepasst werden.
Die operativen Auswirkungen beziehen sich primär auf die Handhabung der Anträge der Betreiber oder Eigentümer von Telekommunikationsnetzen. In Abhängigkeit des gestellten Antrags gilt es sowohl für Antragsteller als auch für Empfänger, nicht nur unterschiedliche Pflichtangaben und Fristen einzuhalten, sondern auch Ablehnungsgründe zu berücksichtigen. In Abhängigkeit des angefragten Anliegens muss der Netzbetreiber prüfen, ob die Formalia des Antrags eingehalten wurden. Dies betrifft meist die Benennung der Komponenten und des Netzgebiets. Ist dieser Aspekt des Antrags erfüllt, liegt es in der Verantwortung des Netzbetreibers, das Anliegen innerhalb der Frist zu bearbeiten und hinsichtlich verschiedener Ablehnungsgründe zu prüfen.
Die Umsetzung der Anforderungen des DigiNetzG steht in engem Zusammenhang zur strategischen Positionierung des Versorgungsnetzbetreibers zum Breitband-Ausbau. Den Netzbetreibern stehen dabei verschiedene Handlungsoptionen offen. Neben der Pflichtaufgabe, die vorhandenen Infrastrukturen zur Mitnutzung anzubieten, kann der Versorgungsnetzbetreiber selbst Glasfaserkabel verlegen und diese entweder passiv an interessierte Breitband-Netzbetreiber verpachten oder selber die Glasfaserkabel aktiv betreiben. Vor allem aus Vertriebssicht ist darüber hinaus zu überlegen, in Ergänzung zum Portfolio an Energieprodukten selbst Telekommunikationsdienste anzubieten. Für die Kommunen ist das Thema Breitband oft ein wichtiges Element der Standortattraktivität. Häufig besteht ein hohes Interesse daran, beim Breitband-Ausbau von den Energieversorgern unterstützt zu werden.
Positionierung überprüfen
Das DigiNetz-Gesetz beschleunigt den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Auf die Betreiber von Energieversorgungsnetzen kommen neue Aufgaben zu, die operativ abgewickelt werden müssen. Spätestens bei der ersten Anfrage sollten die eigenen Prozesse umgestellt sein, um den rechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen. Im Rahmen der Prozessentwicklung bei der Handhabung von Anfragen sollte zudem die eigene strategische Positionierung des Unternehmens zum Thema Breitband-Ausbau überprüft werden. Wie sich der Netzbetreiber auch entscheidet, Kooperationen sind ein Schlüssel zum Erfolg, um neue Geschäftsfelder und Produkte effizient zu gestalten und zu vermarkten. Die Geschwindigkeit der Digitalisierung der Energieversorgung wird weiter zunehmen, sodass das Thema Breitband einen wichtigen Mosaikstein im Rahmen der Digitalisierungsstrategie bilden kann.
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